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Alles Kappes!

„Kappes unn Schavour“, Kohl und Wirsing, spielten in der Ernährung unserer Altvorderen eine überragende Rolle. „Kappes“ im Sinne von „misslungen“ hat auch im übertragenen Sinn Bedeutung. „Alles Kappes“ heißt „Alles im Eimer“. Aus einem ob seiner vortrefflichen Agrarökonomie angesehenen Bauern wird allein durch die Voranstellung der Silbe „Kohl“ ein landwirtschaftlicher Stümper: „Kappesbuur“.

Die mit nicht mehr zu gebrauchenden Klamotten ausstaffierte Vogelscheuche wird hierzulande auch „Kappesmann“ genannt. Sankt Martin reitet im Spottvers „dörch Kappes unn Schavour“, um sich stante pede die Prügelstrafe des Landbesitzers zuzuziehen: „Do kohm der Buur unn schlooch en an e Uhr.“ Ob „Ruede Kappes“ oder „Wisse Kappes“, letztlich werden Kohlköpfe zerschnibbelt und zerstampft, was auch Auswirkungen auf den Sprachgebrauch hat: „Ich hauen Dich ze Kappes unn ze Mos“ oder „Matthes, kauch Kappes, kauch suur, kauch sööß, kauch allerlei Jemööß“. Jemand, der „Kappeskopp“ gerufen wird, sprüht nicht eben vor Intelligenz. Kleingemacht wird Kappes bei der Sauerkrautherstellung („Suure Kappes“), indem die Weißkohlköpfe je nach Größe gehälftet und geviertelt und schließlich „op de Schaav“ (wörtlich „Schabe“(-Gerät), hochdeutsch „Krauthobel“) zerfasert und im „Kappesfass“ aus Steingut mit „Kappesstampel“ und Kraft eingestampft, gesalzen, mit Wein und Wacholderbeeren gewürzt und schließlich mit Steingutplatte und „Wagges“ (großer Feldstein) beschwert über Wochen reifen gelassen werden. Das Ergebnis ist ein vergorenes Wintergemüse besonderer Güte, das bei uns samstags auf den Tisch kam. Und zwar mit Billigfleisch (Speck oder Soiüßfööss, Schweinepfoten). Nach dem Freitag, an dem es gar kein Fleisch gab, war das wie ein zweiter kleiner Fastentag, um die Sinne auf den Sonntag - und die Geschmacksnerven auf den Sonntagsbraten zu richten . . .


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