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Manni kallt Platt: De Baum brennt ...

„Kott erenn Köngde, de Boom brennt“, rief meine Mutter Heiligabend 1967, unserem letzten Weihnachtsfest auf dem alten Bauernhof im „Ongendörp“, bevor wir 1968 aussiedelten. Erwartungsfroh betraten wir das Weihnachtszimmer, das zur Hälfte vom Tannenbaum und einer riesigen Krippenlandschaft („de Krepp“) ausgefüllt wurde, die sich über drei Tische und mehrere Bänke hinweg erstreckte.

Meine Mutter hatte nicht zu viel versprochen: Nicht nur der Baum brannte, sondern auch die halbe Krippenlandschaft, die mein Bruder Klaus-Ludwig für das Eröffnungsszenario mit elektrischen 12-Volt-Birnchen und zusätzlich noch mit Sprühkerzen illuminiert hatte. Von Letzteren musste das ölhaltige „Felspapier“ ein paar Funken abbekommen und Feuer gefangen haben. Meine Oma Gertrud („Drautche“) drehte sich auf dem Absatz um und eilte zur Küche („Köch“), von wo sie mit einem „Litte“ (Plastik-Litergefäß) zurückeilte, aus dem ihre zittrigen Finger (sie hatte „de Zedde“) das halbe Wasser bereits verschüttet hatten. Sie brauchte eh nicht mehr mit Löschwasser einzugreifen, da mein Vater die bereits Feuer fangenden Gardinen von der Stange gerissen und damit das Feuer erstickt hatte. Das war 1968 unser nachhaltigstes „Chresskengche“, was nicht nur wörtlich für „Christkindlein“ steht, sondern auch für „Weihnachtsüberraschung“. „Watt sollen die Möxx dess Johr op et Chresskengche kreije?“, fragt der Vater die Mutter und meint: Womit sollen wir unseren Nachwuchs Weihnachten überraschen? „Du häss se net mie all em Chressboom“, hingegen ist kein Kompliment, sondern deutet auf schlechte geistige Verfassung hin. Wer hingegen „de Chressboom am Lüerte hätt“, der hat möglicherweise angesichts der winterlichen Temperaturen zu viel Glühwein oder Grog zu sich genommen . . .


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