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Manni kallt Platt: Jitsch unn Jusch

„Wer et Krüzz hätt, der sähnt sich demött“, ist eine Lebenserfahrung, die man nicht nur mit selbstgefälligem Klerus sammeln kann. Das Sprichwort steht für Egoismus und das weidliche Ausnutzen erreichter gesellschaftlicher Positionen schlechthin.

„Dä mälekt net en enne Korff“, steht für ökonomisch verantwortliches Handeln: Wir sollen mit unseren wirtschaftlichen Gütern und unserer Arbeitskraft haushalten, in dem wir sammeln und nicht verschleudern und vergeuden, wie ein Bauer, der seine Kuhmilch statt sie in einen Eimer zu melken, in einen durchlässigen Weidenkorb „jitscht“ (spritzen lassen), aus dem dann alles versickert. Apropos „jitschen“ – wer seine Milch früher beim Bauern holte, der bekam oft eine Schöpfkelle (oder ein Viertel im „Litte“-Gefäß) extra oben drauf, ohne zu bezahlen. Das war der berühmte „Jusch“, von dem auch der Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll in seinen Erzählungen aus dem Wahlheimatdorf Langerwehe am Rande des Hürtgenwaldes berichtet. In meinem Wohnort Lückerath ist eine Redensart der alten Bauern- und Bergbaudynastie Pünder gewidmet: „E jrueß Pöndesch Krüzz maache“. Das heißt, man darf in Zeiten, in der die Zeit zählt, etwa zur Ernte oder Heuernte, das Mittagstischgebet schon mal vernachlässigen und – dem Beispiel der gutkatholischen Ökonomen aus dem Hause Pünder folgend – sich lediglich vor Beginn der Mahlzeit bekreuzigen („säne“), und dann reinhauen „wie ne Schüerendreischer“. Das Mittagsgebet bei uns zu Hause in Bleibuir auf dem Hof meiner Eltern und Großeltern im „Ongendörp“ bestand übrigens aus einem Vorspann und Abspann und zwei „Vater unsern“ dazwischen, einem davon für die „abgestorbenen Christgläubigen“. Deshalb wohl kochten Oma und Mutter „de Rönkfleeschzupp“ su heeß, dass man sich ohne diesen Gebetsmarathon daran „de Schnöss vebrannt hääv“.


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