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Manni kallt Platt: Kulturkritik

Hat der Eifeler an einem Konzert- oder Theaterabend des örtlichen Musik- oder Theatervereins teilgenommen, dessen Programm und Qualität ihm nicht zugesagt haben, urteilt er nachher keineswegs nach em Motto: „Datt wohr äver ens ene Dress-Musikovend ode e Piss-Theaterstöck“. Nein, das, was Kulturkritiker einen „Verriss“ nennen, also eine für die darbietenden Künstler niederschmetternde Rezension, das weiß der Eifeler Rheinländer mit äußerster Zurückhaltung zu umschreiben: „Et wohr ens jet angesch“. Es war mal „was anderes“. Was anderes als gut . . .

Schließlich kennt man die Akteure auf der Bühne, an Tenorhorn und „Treck“-Posaune. Es sind Leute wie Du und ich, aus der eigenen Familie oder aus dem Dorf. Man kann sie viel zu gut leiden, um ihre kulturellen Leistungen in Bausch und Bogen zu verwerfen. „Et wor ens jet angesch“ bedeutet zwar, im Prinzip war es „Dress“, aber darüber decken wir den Mantel des Wohlwollens und der Sympathie. Die professionelle Kulturkritik nennt das übrigens „charmanten Verriss“. Allerdings kann der Eifeler seinen Unwillen so charmant verstecken, dass der unbedarfte Zuhörer dahinter schon frenetische Zustimmung vermutet: „Ejentlich mööht me sich sujet döckesch anhüere (ahnluere)“. Wörtlich: „Eigentlich müsste man sich so etwas öfter anhören oder ansehen“. Das wirkt auf den „Immi“ wie „Standing Ovations“, aber gemeint ist Folgendes: „Diese Aufführung war ganz und gar nicht mein Fall, aber sie steht in dem Ruf, kulturell bedeutsam und/oder der Bildung förderlich zu sein. Deshalb hätten der Herr Lehrer und der Herr Pastor mir früher sicher dringend dazu geraten, dass ich mir so etwas öfter ansehen oder anhören sollte. Das werde ich aber ganz bestimmt nicht tun. Ohne mich! Nein, danke! Für so etwas werde ich in Zukunft keine Zeit mehr verlieren.“


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