Nix an de Fööss
Armut war in der Eifel keine Schande. Der sträflich von Berlin vernachlässigte Westen hieß nicht von ungefähr „Preußisch Sibirien“. Es gab dort wenig „huhfäerdisch Wieve“ (eitle Frauenspersonen), die sich nach dem Stil der neuesten Pariser Mode kleiden konnten „unn sich der janze Fommel ömm de Hengesch henge“. Viele Eifeler Mädchen, darunter zwei Schwestern meiner Oma, mussten das Haus frühzeitig verlassen, um sich in der Stadt eine „Stellung“ als Dienstmädchen zu suchen. „En de Eefel flochen de Mösche om Röcke drövve, domött se et Elend net sooche“ – selbst die Spatzen überquerten den Landstrich im Rückenflug, damit ihnen der Anblick der Armut erspart blieb. Jeder Heller und jeder Batzen wurde dreimal umgedreht. Nach drei Missernten im 19. Jahrhundert verließen Mittelständler die Eifel Richtung Amerika. Ja, es war der Mittelstand, der auswanderte: Die Reichen hatten keinen Grund zu gehen und die Armen kein Geld. Und was taten die Bauern und Eisenbergarbeiter beispielsweise von der Oberahr, nachdem sie in Amerika angekommen waren? Sie siedelten im Mittelgebirge bei den Großen Seen, wo es Eisenerzvorkommen gab. Dort betrieben sie Bergbau und Ackerbau, wie daheim. In der Auswandererausstellung des Freilichtmuseums in den 90er Jahren wurde auf einen Brauch hingewiesen: Die Emigranten nahmen ein Einmachglas voll Heimaterde mit. Die schütteten sie dem ersten, der im gelobten Land Amerika starb, mit ins Grab . . .