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Geselle, Meister und Bachelor gleichzeitig

Nach der Schulzeit steht für viele Abgänger die Frage: Studium oder Ausbildung? Auch Manuel Klinkhammer aus Lorbach musste sich entscheiden, wie es nach der Schule für ihn weitergeht. Nach einigem Suchen entschied er sich für den noch unbekannten Weg eines Trialen Studiums. »Unseres Wissens ist Manuel Klinkhammer der erste Absolvent eines Trialen Studiums im Bezirk der Handwerkskammer Aachen«, so Uwe Günther, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rureifel. Ursprünglich wollte der heute 25-Jährige zur Bundespolizei, doch aufgrund einer Sehschwäche wurde er nicht zur Ausbildung angenommen. Ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ließ in ihm den Wunsche reifen, Soziale Arbeit zu studieren. Doch davor stand die Hürde des Numerus Clausus. In einer Fachzeitschrift las er schließlich vom Trialen Studium im Handwerk – eine Ausbildungsmöglichkeit, die nicht nur ihm bis dahin unbekannt war. Auch Vater Guido Klinkhammer, der in Lorbach seit 24 Jahren seinen eigenen Malerbetrieb führt, und Mutter Irene Klinkhammer, die neben ihrer Arbeit im Botanischen Institut der Uni Köln den Familienbetrieb unterstützt, hatten von dieser Ausbildung noch nie etwas gehört.
Viereinhalb Jahre
Im Rahmen des Trialen Studiums absolvieren die Kandidaten zunächst eine Ausbildung zum Gesellen, anschließend die Weiterbildung zum Handwerksmeister und zusätzlich das betriebswirtschaftliche Bachelor-Studium »Handwerksmanagement« – in diesem Fall am Kölner Campus der Fachhochschule des Mittelstands. Das Ganze dauert rund viereinhalb Jahre. »Hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, dass ich ins Handwerk gehe, hätte ich das nicht geglaubt«, erzählt Manuel Klinkhammer: »Allerdings bin ich dem Malerhandwerk verbunden, seit ich 14 Jahre alt bin.« In den Ferien und am Wochenende habe er immer mal wieder im Betrieb des Vaters mitgewirkt. Etwas mit den Händen zu schaffen und direkt Ergebnisse zu sehen, gefalle ihm. Das Triale Studium bietet ein breites Spektrum an handwerklichen und kaufmännischen Inhalten.
Akzeptanz
»Mit macht einerseits das Handwerk selbst Spaß – insbesondere neue Dekortechniken. Mir macht auch Spaß, mich damit zu beschäftigen, wie ich diese neuen Techniken verkaufen und dem Kunden schmackhaft machen kann.« Dass er die Ausbildung im väterlichen Betrieb absolviert, stand für ihn sofort fest. »Aber die Akzeptanz auf der Baustelle musste ich mir in den jungen Jahren erarbeiten«, erzählt Manuel Klinkhammer. »Es hat drei bis sechs Monate gedauert, bis ich von den Altgesellen akzeptiert war. Die dachten am Anfang, wenn der Sohn vom Chef kommt, will er uns nur kontrollieren«, erzählt er. Und auch Bauleiter, mit denen er zu tun hatte, hätten bisweilen gefragt, wer denn der »richtige« Ansprechpartner für sie sei. Allerdings konnte er im Betrieb auch neu erworbenes Wissen einbringen. »Er hat zum Beispiel die Computerarbeit oder Kreativsachen mitgebracht«, berichtet Vater Guido Klinkhammer.
Überzeugungsarbeit
Manchmal dauerte es aber etwas länger, bis sein Sohn ihn überzeugen konnte. »Es hat lange gebraucht, bis wir einheitliche T-Shirts für die Mitarbeiter eingeführt haben«, schmunzelt Klinkhammer junior. Gerade hat er seine Bachelorarbeit abgeschlossen, in der er sich unter anderem mit der Gewinnung und der Motivation von Mitarbeitern beschäftigt hat. Nun will er einige Jahre in anderen Unternehmen der Region arbeiten, um zu vergleichen, was im väterlichen Malerbetrieb gut und was dort weniger gut läuft, um schließlich zurückzukehren und den Betrieb später einmal zu übernehmen.
Das Triale Studium
Das Triale Studium Handwerksmanagement (B.A.) wird am Kölner Campus der Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) angeboten. Manuel Klinkhammer gehört zu den Absolventen des dritten Jahrgangs. Das Studium dauert rund viereinhalb Jahre und umfasst eine Gesellenausbildung, eine Weiterbildung zum Meister und einen Bachelorabschluss. Der wissenschaftlicher Studiengangleiter Prof. Sascha Lord erklärt: »Hintergrund des Studiengangs ist der Fachkärftemangel. Oft verstehen die Leute, Dinge zu vermarkten, aber sie verstehen nicht, was sie da vermarkten.« Das werde im Studium gelehrt. »Oft spielt auch eine Firmenübernahme eine Rolle«, so Prof. Lord. Denn mit dem Studiengang werden Führungskräfte befähigt. Mit den Studenten wird zu Beginn des Studiums geklärt, ob sie lieber Präsenzveranstaltungen oder Lehrstunden via Internetchat wollen. »Das Studium ist sehr komprimiert. Das bedeutet Stress«, verdeutlicht er. Manuel Klinkhammer lobt: »Im Studium war immer ein Praxisbezug gegeben und man wusste: man lernst für das Handwerk.« Die Handwerkskammern helfen bei der Vermittlung eines Trialen Studiums.
@ Mehr dazu im Netz:
www.fh-mittelstand.de


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