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Narben sind Zeichen einer Heldentat

»Wir haben bange Stunden durchlebt. Aber wenn wir nachher sehen, wie gut es unserem Sohn geht - dann haben wir alles richtig gemacht.« Worte einer engagierten Mutter, die ihre Erfahrung an andere Betroffene weitergeben möchte.
Sie haben das Schlimmste überstanden und wollen nun anderen Familien beistehen und Aufklärungsarbeit leisten: »Kraniohelden«-Vereinsgründerin Jenny Masloh mit ihrem Sohn Samuel, der im Alter von sechs Monaten wegen einer Verknöcherung der Stirnnaht operiert wurde. Foto: Jana Wolschke

Sie haben das Schlimmste überstanden und wollen nun anderen Familien beistehen und Aufklärungsarbeit leisten: »Kraniohelden«-Vereinsgründerin Jenny Masloh mit ihrem Sohn Samuel, der im Alter von sechs Monaten wegen einer Verknöcherung der Stirnnaht operiert wurde. Foto: Jana Wolschke

Die Rede ist von Jenny Masloh aus Steckenborn. Die junge Mutter hat im Februar 2017 ihren kleinen Sohn Samuel zur Welt gebracht. »Er sah für meinen Mann und mich perfekt aus«, strahlt die 28-Jährige noch heute. Doch eine erfahrene Kinderkrankenschwester stellte rasch fest, dass der neue Erdenbürger an einer Kraniosynostose leidet. Und das ist keine Seltenheit: Jeden Tag kommt in Deutschland durchschnittlich ein Baby mit einer vorzeitig verknöcherten Schädelnaht auf die Welt. Oft wird das Kind noch im ersten Lebensjahr operiert. »Eine sehr schwierige Entscheidung, denn dem Kleinen ging es ja augenscheinlich sehr gut«, erinnert sich Masloh. Doch die Gefahr, dass sich durch die Erkrankung der Hirndruck erhöht und dadurch Schäden an Gehirn oder Auge entstehen, habe ihnen keine Wahl gelassen. »Eigentlich ist es nur eine Knochen-Operation.  Es gibt viel schlimmere Erkrankungen«, weiß die junge Mutter. Aber sein Neugeborenes für solch einen großen Eingriff in die Hände der Ärzte zu geben, sei mental eine große Herausforderung. In der Asklepios-Klinik in St. Augustin habe man jedoch schnell Vertrauen zu den medizinischen Fachleuten gefasst. Um Eltern nach der Diagnose einer sogenannten Kraniosynostose mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, hat Jenny Masloh den gemeinnützigen Verein »Kraniohelden« gegründet. »Mein Mann und ich haben erlebt, dass Kinderärzte, Kinderkrankenpfleger oder Hebammen oft wenig über diese Erkrankung wissen. Eltern haben in dieser Situation wenig Unterstützung.« So wurde die Krankenpflegerin kurzerhand selbst aktiv und gründete gemeinsam mit den Geschwistern Fabienne Tittelbach und Stephanie Seuffert aus Köln »Kraniohelden«. Das Ziel des Vereins: Betroffene, Eltern und medizinisches Fachpersonal über die seltene Erkrankung und ihre Therapiemöglichkeiten zu informieren. Darüber hinaus liegt Masloh die emotionale Begleitung der Familien besonders am Herzen. »Die Operationen der Kraniosynostosen gehören zu den größten Eingriffen im frühen Kindesalter. Manchmal müssen ganze Teile des Schädelknochens entnommen, neu modelliert und wieder eingesetzt werden«, erklärt Jenny Masloh. »Viele Eltern sind da natürlich verunsichert und machen sich große Sorgen. Deswegen sind wir bei Fragen und Ängsten für die Eltern da und versuchen zu helfen, wo wir können.« Dazu gehören neben dem persönlichen Kontakt auch Care-Pakete: Familien, die kurz vor einer Operation stehen, erhalten liebevoll zusammengestellte Pakete mit praktischen Dingen für Eltern und Kind. 28 solcher Pakete hat Masloh bereits verschickt.

Spender und Helfer gesucht

Dafür ist der Verein, dessen Mitglieder ehrenamtlich arbeiten, auf Spenden und Mithilfe angewiesen. »Wir haben schon jetzt ein kleines Netzwerk von Frauen, die Kleidung und spezielle Mützen für die Zeit nach der OP nähen«, sagt Masloh. »Ich hoffe, dass wir viele weitere Mitstreiter gewinnen, um möglichst viele kleine Helden und ihre Familien unterstützen zu können.« So sind Flyer geplant, die in Fachkliniken und bei Ärzten ausgelegt werden sollen. Auch kleine Events zum Austausch Betroffener will Masloh organisieren.

Kleine Helden und ihre Eltern begleiten

ine Kraniosynostose beschreibt den frühzeitigen Verschluss von einer oder mehreren Schädelnähten. Die Schädelnähte sind die Wachstumszonen des Knochens, an denen der Kopf im Säuglingsalter rasch an Größe zunehmen kann. Das wachsende Gehirn bekommt somit genügend Platz, damit es nicht durch Platzmangel unter Druck gerät und dadurch Schaden nimmt.
Kraniosynostosen sind meist angeboren. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Operation spielen besonders neurologische Symptome wie Entwicklungsverzögerungen oder Sehstörungen eine Rolle.
»Wir konnten nach einer Woche schon nach Hause«, erinnert sich Masloh. Geblieben sind ein paar Narben und zweimal jährlich ein Kontrollbesuch beim Augenarzt.


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