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Weihnachten, wie es früher war

In dieser Corona Pandemie möchte Pfarrer Michael Stoffels etwas aus dem Nähkästchen erzählen über Weihnachten, wie er es als Kind erleben durfte. Weil es für ihn so schön war, hoffe er, Ihnen und Euch allen damit eine kleine Weihnachtsfreude zu machen.
Vor einem besonderen Weihnachtsfest erinnert er sich an seine Kindheit zurück. Foto: T. Förster

Vor einem besonderen Weihnachtsfest erinnert er sich an seine Kindheit zurück. Foto: T. Förster

In dieser schwierigen Zeit brauchen wir Hoffnungszeichen und Freude, dazu möchte ich einen kleinen Beitrag leisten. Denn auch in diesem Jahr 2020 schenkt Gott uns in der Geburt des Kindes von Betlehem allen Frieden und Segen und er weiß, wo wir seine Gegenwart brauchen. An der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes kann auch kein Virus etwas ändern, diese Liebe Gottes bleibt klar und rein und ehrlich. Das Weihnachtsfest war in unserer Familie, wie wo wohl überall, ein herausragendes Ereignis. Mit meinen vielen Geschwistern und den Nachbarskindern, die praktisch auch zu unserer Familie gehörten, wartet in der Adventszeit immer eine große ungeduldige Schar auf Weihnachten. In den ersten Adventstagen geschah es, dass sich manchmal ein Fenster oder die Balkontüre von allein öffneten und viele Nüsse in das Zimmer hineingeworfen wurden, die ein untrügliches Zeichen waren, dass der Nikolaus schon unterwegs und bei der Arbeit war. Am Nikolaustag erhielt jedes Kind seinen eigenen Teller mit Süßigkeiten, das sollte nun bis Weihnachten reichen. In der Grundschule hatte ich einen Lehrer, der hieß Josef Jost und stammte aus Eicherscheid. Im ersten Schuljahr sagte er uns, der Nikolaus komme in die Schule. Wir waren alle ganz aufgeregt. Der Lehrer verließ den Klassenraum und kurze Zeit später stand der Nikolaus vor uns. Erhielt eine kurze Ansprache, anschließend begann er seine Nikolaussachen auszuziehen, bis schließlich der Lehrer wieder vor uns stand und uns erklärte, wie das mit dem Christkind und dem Nikolaus sei. Wir waren alle sehr betroffen, niemand wagte etwas zu sagen. In der Pause stellten wir uns alle im Kreis auf, bis einer sagte: »Der hat uns belogen! Das stimmt nicht! Es gibt den Nikolaus und das Christkind!« Da war die Welt wieder in Ordnung. Wie das Leben so spielt: Jahre später durfte ich dann Pfarrer werden im Heimatort meines Lehrers Joste Jüppche.

Gedichte und zusammen Singen

Zwischen dem Wohnzimmer, das wir sowieso nie benutzten, und dem Esszimmer, war eine Tür mit viel Glas. Im Advent war dann eines Morgens die Tür mit einem weißen Tuch verhangen. Das bedeutete, dass das Christkind im Wohnzimmer begann die Krippe und den Weihnachtsbaum aufzubauen und vielleicht lag auch schon das eine oder andere Geschenk in der guten Stube. Es war alles sehr geheimnisvoll, manchmal brannte eine Kerze in dem Zimmer oder man hörte ein Glöckchen läuten, dann war bestimmt ein Engel im Wohnzimmer. Im Advent musste jeder von uns ein Gedicht auswendig lernen, um es am Heiligen Abend dem Christkind vorzutragen. Es wurde zusammen musiziert und gesungen. Und die Spannung stieg in der nicht enden wollenden Adventszeit immer weiter an und das lange Warten wurde fast unerträglich
.Am Tag vor dem Heiligen Abend sang uns die Mutter ein Lied vor:
1. Die Nacht vor dem Heiligen Abend, da liegen die Kinder im Traum; sie träumen von schönen Sachen und von dem Weihnachtsbaum.
2. Und während sie schlafen und träumen, wird es am Himmel ganz klar,  und durch den Himmel fliegen drei Engel wunderbar.
3. Sie tragen ein holdes Kindlein, das ist der Heil‘ge Christ; es ist so fromm und freundlich, wie keins auf Erden ist. Und schließlich kam der Heilige Abend, der schon frühmorgens wie ein ganz normaler Werktag begann. Das ganze Haus wurde gewienert und als Kind schien mir die ganze Arbeit doch ziemlich ungemütlich und störend für das bevorstehende Fest. Die Zeit bis zum Abend war unendlich lang. Wann können wir endlich in die Kirche zur Christmette? Vorher mussten noch alle gebadet werden oder badeten sich schon selber, die Sonntagssachen lagen bereit und endlich ging es zur Kirche. Die Christmette begann am späten Abend. Nun war es endlich Weihnachten geworden. Wieder Zuhause angekommen wurde zunächst ein festliches Essen serviert. So spät am Abend zu Essen wies auf den besonderen Festcharakter hin. Nachdem der Pudding auch verzehrt war, stand der Vater auf und sagte: »Ich gehe mal ins Wohnzimmer und schaue, ob das Christkind da war.« Die Spannung stieg ins unermessliche. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis wir den Vater singen hörten: »Ihr Kinderlein kommet!«
Wir stellten uns auf und gingen geordnet ins Wohnzimmer. Dort fiel der Blick zunächst auf den Weihnachtsbaum, dessen Kerzen hell und festlich brannten und die Wunderkerzen, die ihre Strahlen verspürten und im Lametta behangenen Baum besonders glänzten.

Essen und Geschenke

Dann zog die Prozession vor die Krippe und es war wunderschön, die vertrauten Gesichter von Maria und Josef zu sehen und das göttliche Kind in der Krippe zu entdecken. Alle Krippen mögen noch so schön sein, aber die Krippenfiguren von Zuhause müssen wohl die schönsten sein, die bekannten Gesichter gehören einfach zur Familie. Nun musste jedes Kind ein Gedicht vortragen, dazwischen wurde musiziert und gesungen und es dauerte noch eine ganze Weile ehe die Prozedur überstanden war und man sich seinem Weihnachtsteller und seinen Geschenken zuwenden konnte. Nun war Weihnachten. Der Friede und die Freude der Heiligen Nacht waren so wunderschön, dass die Worte fehlen, es zu beschreiben. Aber diese Freude aus Kindertagen ergreift auch heute das Herz eines älter werdenden Menschen und die Dankbarkeit für das Erlebte schenkt im Heute den Trost und die Freude der Weihnacht.


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