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Beim Wein dreht sich's im Kreis

Die Stadt Cochem wollte aus Weinreben, die auf einem Verkehrskreisel stehen, Wein herstellen lassen. Doch die Weinkontrolle machte den Stadtvätern einen Strich durch die Rechnung.
Bei Winzer Werner Gansen aus Cochem Sehl lagern hunderte Liter Rebensaft, der nicht, wie geplant, zu

Bei Winzer Werner Gansen aus Cochem Sehl lagern hunderte Liter Rebensaft, der nicht, wie geplant, zu "Kreisel-Wein" verarbeitet werden darf.

Als der Kreisel an der B 49 im Cochemer Stadtteil Sehl angelegt wurde, hatten sich die Verantwortlichen Gedanken gemacht, dass dort nicht ein schnöder Betonkreisel ins Einfallstor der Stadt gesetzt wird, sondern eine ansprechend gestaltete Fläche entsteht. Und so dachten sie sich: Was passt in der Moselstadt Cochem besser, als ein kleiner Weinberg? Insgesamt 55 Weinstöcke der Rebsorte "Phoenix" wachsen dort nun seit einigen Jahren und gedeihen auf dem Kreisel prächtig, den täglich tausende Autos passieren. Für die Pflege der Reben konnte die Stadt Cochem den Sehler Winzer Werner Gansen gewinnen. Der hat in den vergangenen zwei Jahren jährlich zwischen 100 und 200 Liter "Rebensaft" gewinnen können. Eigentlich sollte dieser als Wein für die Stadt "ausgebaut" und als "Stadtschoppen" bei besonderen Anlässen ausgeschenkt werden. Zwei Jahresernten lagern bereits im Keller von Winzer Gansen, die diesjährige ist gerade am Gären. Doch die Cochemer Stadtväter hatten nicht mit der deutschen Bürokratie gerechnet. Denn so einfach ist es in Deutschland nicht, Wein herzustellen. Viele Vorschriften, Auflagen und Gesetzte sind zu beachten, jeder Moselwinzer kann ein Lied davon singen. Als Winzer Gansen eines Tages Besuch von der Weinkontrolle aus Koblenz erhielt, teilte die Kontrolleurin mit, dass aus den Trauben des Sehler "Kreisel" kein Wein hergestellt werden darf beziehungsweise dieser, so heißt es im Beamtendeutsch, auch nicht in Umlauf gebracht werden darf. Grund sei, dass die Stadt diesen Weinberg nicht bewirtschaften darf, es sich somit um eine ungenehmigte Rebfläche handle. Bewirtschaften dürfen solche Weinberge nur Privatpersonen und Vereinigungen - klar geregelt in Artikel 62 -1308/2013 Absatz 4 der Deutschen Weinverordnung. Völlig verdutzt ist Stadtchef Walter Schmitz: "Wir wussten nicht, dass es solche Verbote gibt. Uns waren die tollen Trauben zu schade, um sie wegzuwerfen oder hängen zu lassen." Das pragmatische Vorgehen des Cochemer Stadtchefs ist verständlich, die Regeln des Deutschen Weingesetzte allerdings eindeutig. Was nun? Mittlerweile hat sich sogar der Mosel-Weinbaupräsident Rolf Haxel in den kuriosen Fall eingeschaltet. "Wir lassen derzeit rechtlich prüfen, was mit dem gewonnenen Erzeugnis gemacht werden kann. Wenn der Wein nicht verkauft werden darf, vielleicht kann er ja von der Stadt als Geschenk genutzt werden", so Haxel. "Oder", so schiebt der Weinbaupräsident nach, "eventuell könnten sich die Mitglieder des Stadtrat nach jeder Sitzung selbst ein paar Flaschen des Sehler Kreisel-Weins genehmigen." Im kommenden Jahr möchte die Stadt auf Nummer sicher gehen. Stadtchef Walter Schmitz: "Wir überlegen, ob wir den Weinberg ab dem kommenden Jahr an einen Winzer verpachten." Dann dürfte ab dem Jahrgang 2019 alles rund laufen in Sachen "Stadtwein aus dem Kreisel". Vorausgesetzt, es gibt nicht noch irgendein Gesetz, dass die Planungen aus der Kurve wirft... Foto: Zender


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