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Michael Nielen

Stephan Brings: "Mit dem Herzen in Mechernich"

Geboren ist er 1965 in Ehrenfeld, aufgewachsen in Nippes. Köln ist seine Heimatstadt, aber zu Hause ist er in Mechernich. Genauer gesagt, in einem Häuschen in Kalenberg mit großem Garten und selbst gezimmerter Terrasse. Das Refugium hat Stephan Brings 2010 gemeinsam mit seiner Frau Birgit erworben. Die beiden kennen sich, seit sie fünf sind. Die Eifel ist "ihr Ding".

"Hier sind wir mit dem Herzen, in Köln zur Arbeit", konstatiert Stephan. Deswegen legt er sich so für seine Wahlheimat ins Zeug. Gerne engagiert er sich zum 40jährigen Stadtjubiläum Anfang Oktober als Gallionsfigur und solidarisiert sich dem Gemeinwesen Stadt Mechernich und den anderen knapp 28.000 Mechernichern. Denn Stephan Brings ist ja nicht nur Kalenberger, sondern auch prominent. Er ist der populäre Brings-Bassist und Sänger im Schottenrock, der mit der irren Bühnenperformance. Den Festakt am Freitag, 2. Oktober, in der Kommerner Bürgerhalle, eröffnen Stephan Brings und Björn Heuser mit ihrem Mitsingprogramm. Anschließend steht der Rockmusiker und Mechernicher Bürger im Bühneninterview Rede und Antwort ? ebenso wie andere bemerkenswerte Menschen aus der 1975 zur Stadt erhobenen Kommune. Am 3. Oktober können Brings nicht aufspielen, weil die Band ein Konzert in Gerolstein hat. Die Eifel lieben Birgit und Stephan Brings seit Kindesbeinen. Die Eltern der beiden kannten sich aus politischer Arbeit und Gewerkschaft und die "Pänz" wurden zu manchen Aktionen mitgenommen. "So lernten wir uns früh kennen", sagt Stephan: "»Sandkastenfreunde«, wie ein bekanntes Boulevardblatt einmal schrieb, sind wir also nur im übertragenen Sinne." Mit Lehrer Karl Twelker waren Stephan und Peter Brings schon als Grundschüler regelmäßig mindestens einmal im Jahr eine Woche im früheren Schullandheim der Stadt Köln in Schmidt: "Hinzu kam eine weitere Woche Schulchor pro Jahr, wo in Schmidt immer kräftig geübt wurde. Rocker und Ökofreak: Mit dem Rad ins Studio Mit Vater Rolly Brings machten die zunächst drei und später fünf Brings-Kinder schon früh Radtouren in die linksrheinischen Berge. "Wir fuhren dann mit der Bahn bis Kall und haben von da aus unsere Touren gemacht." Das hat er selbst auch bis 2010 so gehalten, bis er zunächst fürs Wochenende und dann dauerhafter in die Eifel zog. Heute unternimmt er seine weitschweifigen Radtouren natürlich von Kalenberg aus. Er fährt auch schon mal zur Arbeit ins Tonstudio die 56 Kilometer bis Köln und kommt dann mit der Bahn zurück. Steigungen scheut er nicht: "Im Gegenteil, das liebe ich. Wenn Du von Kölle kommst, dann iss dat Radfahren bis hinter Erftstadt doch stinklangweilig." Monschau und retour, wo er oft hinfahre, seien es 80 Kilometer. Mit seinem elektrounterstützten Mountainbike legt er aber auch schon mal 120 Kilometer am Stück auf die Eifelpisten: "Wenn ich von Kalenberg in Richtung Bruder-Klaus-Kapelle und noch weiter fahre, dann staune ich immer Bauklötze: Watt, datt iss ja immer noch Mechernich?!" "Eifel oder Bergisches Land?", sinniert Stephan auf die Frage des Reporters: "Datt iss Weltanschauung, Philosophie, datt iss wie Bläck Fööss oder Höhner." "Nee", fährt er nach einer kleinen Pause mit abwehrender Geste und Kopfschütteln fort: "Bergisches Land, datt iss nix für mich, dann kann ich och in Kölle blieve!" In der Eifel sei er unter Eifelern, ausnahmslos nette bodenständige Leute, wie er findet: "Im Bergischen triffst nur Kölner, Kölner mit Jeld . . ." "Mir sinn zwar nitt arm, äver ich spille och nitt beij de Rollingstones", sagt der ökologisch wie ökonomisch vernünftig agierende Stephan Brings. Der aus "rotem", vor allem von Vater Rolly Brings christlich geprägtem und gewerkschaftlich engagiertem Elternhaus stammende Rockmusiker lebt als führerscheinloser Rad- und Eisenbahnfahrer umwelt-, aber eben auch preisbewusst: "In der Eifel geht es noch fair zu." In der Stadt Mechernich sei man aber auch noch aus einem ganz anderen Grund gelandet: "Die Eifel hat ein ganz anderes Flair wie zum Beispiel das Bergische. Landschaftlich tun sich die rheinischen Mittelgebirge nicht viel, op dr schäel Sick iss et auch schön . . . aber in der Eifel herrscht eine andere Atmosphäre. Hier ist alles offener, da ist die nahe Grenze zu Belgien, Dreiländereck, Luxemburg. Die Eifel ist irgendwie international . . ." "Mer sin ohne Zweifel, midden in d'r Eifel" "Su lang mer noch am lääve sinn" verleben sie in Mechernich und Umgebung ihre persönliche "Superjeilezick", der Stephan zum 20jährigen Jubiläum von Brings 2010 den Song "Eifel" gewidmet hat. Darin heißt es etwas klischeehaft, aber voller Kompliment: "Die Luff es sauber un d'r Himmel blau, die Köh sin jlöcklich un die Boore schlau, die Bäum sin huh un et Jras es jrön, die Döchter vun dä Boore sin wunderschön . . ." Bauern gibt es in Kalenberg zwar keine, aber in dem zwischen Bergschadensgebiet und Bleibachtal liegenden 400-Seelen-Dorf leben Birgit und Stephan völlig unspektakulär und unauffällig wie ihre Nachbarn auch. Mit denen sie sich übrigens gut zu verstehen scheinen. Beim Besuch zum Interview trifft der Reporter Stephan Brings in Schlappen und mit T-Shirt und kurzer Hose beim Plausch mit dem Paar von gegenüber auf der Straße. Auf eine gemeinsame Bekannte, gleich um die Ecke angesprochen, strahlen Birgit und Stephan um die Wette: "Gertrud? Datt iss en janz Liebe!" Sie kennen das halbe Dorf, gehen zu den Dorfveranstaltungen in die frühere Schule, nehmen am Osterfeuer und am Martinszug teil. Seine Nachbarschaftserfahrungen hat Stephan Brings ins Eifellied seiner Band einfließen lassen: "Im Sommer jit et Sonnesching, im Winter jit et Schnie, de Familich steiht an ezter Stell, allein bis du hier nie." Im Refrain heißt es: "Loor nit in d'r Atlas, un drieß op dinge Kompass, denn mer sin ohne Zweifel, midden in d'r Eifel." In der Realität idealisieren die Wahl-Mechernicher die Menschen dieses Landstrichs keineswegs. Auch über das soziale "Ranking" von Kalenberg und Strempt als frühere Bergarbeiterdörfer geben sich die gebürtigen Ehrenfelder keinen Illusionen hin. Stephan: "Als ich einer Freundin in Einruhr erzählt habe, dass wir ein Haus in Kalenberg gekauft haben, fragt die mich wie aus der Pistole geschossen »Warum?«" "Bin kein Unionsfan, äver der Schick mäht datt richtig juut" "Klotzköppe jibt es überall", konstatiert der Brings-Bassist gleichmütig: "In der Eifel aber prozentual deutlich weniger als in Kölle." Probleme gebe es ebenfalls überall, da müsse man zusammenhalten. In dem Zusammenhang lobt Stephan Brings die Mechernicher Politik und in Sonderheit Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick: "Ich bin zwar keijne besondere CDU-Fan, äver der määht datt richtig joot!" In Mechernich werde über Parteigrenzen hinweg pragmatische Politik für die Bürger gemacht. "In Kölle sinn die Grünen die Partei der Besserverdienden. Datt iss och der Grund, warum die hee op keine jröne Zweig kumme: Hier brauchen die Familien zwei Autos, damit sie pendeln, einkaufen und die Pänz zum Kindergarten bringen können. Da kann man keine städtischen Nahverkehrs- und Ökokonzepte drüber stülpen." Andere Probleme seien ähnlich wie in der Stadt: "Wir waren unlängst in Kommern zum Grillen eingeladen, da sind wir entlang des Bleibachs zu Fuß hingegangen und sind auch an den Flüchtlingsunterkünften in Strempt und Elisabethhütte vorbei gekommen. Da habe ich gedacht, man darf die Leute nicht allein lassen. Da müssen wir was tun. Die gehen nicht nach Syrien zurück . . ." Auch mit der Hilfsgruppe Eifel für tumor- und leukämiekranke Kinder um den Lückerather Willi Greuel und den Kaller Helmut Lanio steht Stephan Brings in Verbindung, um sein Scherflein in der Region beizutragen. Zu viel dürfe man aber nicht von ihm verlangen: "Ich kann nitt jedes Mohl die janze »Firma« Brings in Bewäjung setze. Datt sinn 15 Mann . . ." Aber wo es gehe und wo es um ihn gehe, wie beim Jubiläumsfest der Stadt Mechernich am 2. und 3. Oktober, da hänge er sich gerne rein. Was ihre Nachbarschaft angeht, hätten sie es in Kalenberg wunderbar angetroffen: "Da war vielleicht Fügung mit im Spiel, denn Birgit kaufte das Fachwerkhäuschen stante pede, kurz nachdem sie es mit der Maklerin betreten hatte." Und zwar noch bevor Stephan auch nur einen Fuß über den "Dürpel" gesetzt hatte: "Das hat uns so gut gefallen, da haben wir nicht lange überlegen müssen". Kalenberger Häuschen blieb ungeplant in Wahlverwandten-Hand Stephan: "Erst im Nachhinein, nämlich beim Notar-Termin, stellte sich dann raus, dass wir die Vorbesitzer verdammt gut kannten. Birgits Mutter hat mal für den alten Walbrecht, der war Maurer und später Architekt, gearbeitet ? und er war öfter bei ihrer Tante zu Hause. Sie konnten sich sogar aus der Erinnerung über deren Inneneinrichtung austauschen. Und der Sohn und ich kannten uns auch, wir wohnten in Nippes genau gegenüber." Das Mysterium, dass sich in dem kleinen Fachwerkhäuschen in der Nähe der Kalenberger Kapelle zwei miteinander bekannte Kölner Familien sozusagen unabgesprochen die Klinke in die Hand gaben, sei auch für die Vorbesitzer ein Glücksfall gewesen. Stephan: "Denn die über 80 Jahre alten Eheleute mussten mehr oder weniger unfreiwillig aus gesundheitlichen Gründen vom Land in die Großstadt zurückkehren." Birgit: "Als wir als Nachbesitzer feststanden, waren sie sehr erleichtert. Wir waren als würdige Nachfolger akzeptiert." Manche Einrichtungsgegenstände und Bilder an den Wänden haben sie genau so gelassen, wie sie waren. Es ist, als sei ein Stück Eifel in der Familie geblieben. pp/Agentur ProfiPress


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