Claudia Neumann

Frankie goes to San Francisco

Trier/San Francisco (edi) Der Auswanderer, der Brücken schlägt: Frank Marx‘ Herz schlägt für zwei Welten: Deutschland und Amerika.
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Frank Marx ist heute das Gesicht in unserem WochenSpiegel-Portrait »Menschen der Region«.

Es ist ein ganz besonderes Verhältnis zwischen Frank Marx und seiner Mutter. Sie ist der Mensch, der er sein Leben zu verdanken hat - und das mehr als nur im biologischen Sinn. Als Frank mit 14 Jahren merkt, dass er schwul ist, stößt er bei seinem Vater auf wenig Verständnis. Seine Mutter ist da ganz anders: »Dein Leben fängt jetzt erst richtig an«, sagt sie. »Es geht nur in eine andere Richtung.« Unter ihrer Fürsorge kann er zu dem Menschen werden, der er heute ist. Und dafür ist er ihr dankbar. Zweimal im Jahr ist sie bei ihm in San Francisco zu Gast, der Stadt, der seine Liebe gehört, der Stadt, in der er seine große Liebe gefunden hat, der Stadt, in der sich Frank neu erfunden hat. Doch der Reihe nach.

Geliebte Heimat

Frank ist bekennender Trierer, auch wenn er einen großen Teil seiner Kindheit in Wittlich verbracht hat. Es ist die Stadt, in die er immer wieder gerne zurückkehrt, weil dort seine Mutter bis zum Umzug nach Berlin gelebt hat, weil er dort seine ersten vorsichtigen Schritte auf der Theaterbühne gemacht hat, weil er sich dort mit seiner Vergangenheit ausgesöhnt und gute Freunde gefunden hat. »Ich bin kein typischer Auswanderer«, bekennt er dann auch ganz offen, auch wenn er von den deutschen Medien als solcher gerne gefeiert werde.

Geliebte Ferne

 San Francisco ist die Stadt, für die er sich 2016 entschieden hat, vier Jahre, nachdem er dort seinen Erfolgsfilm »Männer zum Knutschen« als Weltpremiere vorgestellt hat. Nach seinem Schauspielstudium in Stuttgart, das ihm durch die vielen Rollenspiele hilft, sich selbst zu finden, und mehreren Engagements auf deutschen Bühnen lässt er sich nebenbei noch zum Regisseur ausbilden. Sein Erstlingswerk wird zum Erfolg und auf internationalen Festivals gefeiert. Es folgen Touren nach Sydney, Tokio, Hawai, New York, Los Angeles - und San Francisco.

Auf nach San Francisco!

An eben diese Stadt erinnert er sich, als er nach einem Blinddarmdurchbruch buchstäblich wieder zu neuem Leben erwacht. Dass er dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen ist, dessen ist er sich bewusst. »Eine Nahtod­erfahrung macht was mit Dir«, sagt er nachdenklich. »Da habe ich mich gefragt, was ich verpasst hätte, wenn ich gestorben wäre.« Die Antwort kommt prompt: In Amerika leben, und zwar dort, wo er sich so wohl gefühlt hatte: in San Francisco.

Plötzlich Stadt-Guide

Doch die amerikanische Firmenkultur, die Mitarbeiter nur über ihre Leistung beurteilt, ist so gar nicht sein Ding. Also kündigt er seinen Job in San Francisco und nimmt eine viermonatige Auszeit bei einer Freundin in Berlin. Als er zurückkommt, spricht ihn ein holländisches Paar an und will wissen, wo sich denn die »Painted Ladies« befinden. Er sei doch sicher ein Tour-Guide... Frank kann helfen und merkt, dass ihm ein solcher Job gefallen könnte - allerdings in Selbstständigkeit. Gemeinsam mit seinen Community-Freunden bei Facebook startet er das Experiment einer deutschsprachigen Stadtführung.

Die Freunde schicken zunächst ihre Eltern als Testimonial. Und Frank kommt mit seiner lockeren Art an, wird weiterempfohlen und sorgt dafür, dass seine Auftragsbücher immer voller werden. Als dann noch das ZDF einen Protagonisten für ihre deutsche Auswandererserie sucht, hat die Community mit Frank und seiner neu gegründeten Firma »Frank-in-Cisco« die richtige Antwort. Und der entwickelt sich zum gefragtesten deutschen Guide in San Francisco.

Dann kommt Corona

Die Erfolgswelle wird erst durch Corona gebrochen. Doch das Jahr 2020 hält noch mehr Überraschungen für ihn bereit. »Man kann in allen Dingen auch etwa Gutes sehen«, sagt Frank, der sich in eben diesem Jahr mit seinem Vater auf dem Sterbebett aussöhnen kann. Und auch sein gespaltenes Verhältnis zu den Mitschülern der Realschule kann er kitten. »Ich wurde damals schwer gemobbt«, sagt er. »Das hat Narben hinterlassen. Aber jetzt haben wir Frieden geschlossen, ich bin nun auch Teil der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe.«

Wissenwertes

- Seine ersten Bühnenerfahrungen macht Frank Marx im Trierer Jugendclub. Bald schon folgt das Engagement im Erwachsenentheater. Die Ausbildung an der Stuttgarter Schauspielschule wird für ihn eine wichtige Station auf dem Weg zur Selbstfindung.

- Zum 40. Geburtstag legt Frank mit »Love can built a bridge« einen Soloauftritt mit dem ältesten und größten Schwulen-Chor Amerikas auf der großen Bühne von San Francisco hin.

- 2013 feiert er mit seinem Kurzfilm »Das Phallometer« einen weiteren weltweiten Erfolg.

- Zwei weitere Drehbücher sind bereits fertig und warten auf ihre Verfilmung. Das dritte ist in der Mache.

- Im nächsten Jahr will Frank einer Sache auf den Grund gehen: Mittels Ahnenforschung will er erkunden, ob er tatsächlich ein Nachkomme Karl Marx’ ist.

www.frankincisco.com


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