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Andrea Fischer

"Bei Morddrohungen hört der Spaß auf"

Seit über vier Jahren leben Tobias und Stefan in einem kleinen Ort im Hochwald. Und fast ebenso lange erhalten sie immer wieder Hass-Botschaften wegen ihrer Homosexualität - zuletzt sogar Morddrohungen. Beide haben die Nase voll, die Polizei ermittelt. Uns haben sie ihre Geschichte erzählt.

Ein schmuckes Häuschen im Grünen, gemütlich eingerichtet mit Bildern an der Wand - als glückliches Paar im Urlaub oder zusammen mit  ihren Hunden.  Zum Pressetermin gibt‘s Kaffee und Häppchen, liebevoll angerichtet. Familienidyll im Hochwald, denkt man, zumindest auf den ersten Blick. Doch Tobias und Stefan sind kein Paar im klassischen Sinne - sie sind schwul und genau das scheint nicht jedem zu gefallen.

Beleidigungen und Morddrohung

»Schon gleich nach unserem Einzug hier fing es an. Immer wieder landeten irgendwelche schrecklichen Dinge in unserem Garten oder in der Einfahrt«, berichtet Tobias von den Anfängen der Anfeindungen. Mit »schrecklichen Dingen« sind Tuben mit Gleitgel, Zäpfchen, Kannen und Gummihandschuhe gemeint oder auch eine Sektflasche  mit Aufschriften wie »Wir wissen, wo die Schwulen hingehören -  AfD«, »Stefan, du fette schwule Sau«, um nur einmal die »harmlosen« Sprüche aufzuzählen.
»Wir wollen ja gar nicht everybody‘s darling sein, darum geht es uns auch nicht. Aber diese totale Feigheit stört uns einfach, weil auch niemand etwas mitbekommen haben will«, ärgert sich Tobias. Sein Lebensgefährte Stefan ergänzt: »Seit über vier Jahren haben wir diese Dinge einfach so hingenommen. Botschaften mit Morddrohungen gab es auch schon«, erinnert sich Tobias.  Und jetzt kam wieder eine Nachricht. Diesmal per Post. Unter anderem heißt es in dem Brief: »Ihr seid Missgeburten. Warum hat Gott euch nicht sterben lassen? Gott verabscheut, wenn ein missratener Mann mit einem anderen missratenen Mann geschlechtlich verkehrt. Gott warnt uns vor homosexuellen Handlungen - im Alten und im Neuen Testament. Demnach ist auch Gottes Sicht auf Homosexualität verwerflich. Auf solch einer Verwirrung liegt Gottes Fluch«. Jetzt ist Schluss, finden beide.

»Man verliert das Vertrauen » Höchste Zeit, die Sache öffentlich zu machen, um so vielleicht den Urheber all dieser Hassbotschaften zu finden. Dabei gehe es ihnen gar nicht so sehr um sie selbst. Weitaus mehr fürchten sie, dass ihren Hunden etwas angetan werden könne. »Wie schnell liegt mal ein Giftköder im Garten und auf unserem Spazierweg«, befürchtet Tobias.  Das Schlimme an der Sache sei, dass man ja gar nicht einschätzen könne, wem man trauen kann und wem nicht. »Da redet jemand nett mit dir und du fragst dich unweigerlich: Meint er das auch so oder lacht er dir nur freundlich ins Gesicht, um dir von hinten ein Messer in den Rücken zu stechen?«, erklärt Tobias auch mit Blick auf seine Arbeit.
Seit einigen Jahren arbeitet er schon als Erzieher in einer Kindertagesstätte im Hochwald und auch in Bezug auf seinen Job gab es schon üble Nachrichten über den Zaun. Was sie noch total nervt, ist der Frevel an der Natur: »Auf den Wegen, die wir immer gehen, liegen regelmäßig beschriftete Windeln und dergleichen, die eindeutig auf uns gemünzt sind«, berichtet Stefan. »Viele Bekannte nehmen den Müll mit und entsorgen ihn, damit wir uns nicht noch mehr ärgern. »Was soll das alles?«, fragen sich nicht nur der Lokführer und er Erzieher.  

Hochzeit in Las Vegas Kennen und lieben gelernt haben sich die beiden vor nunmehr sieben Jahren. Das gemeinsame Heim sollte ihr Glück perfekt machen. Sie sind glücklich miteinander, egal, was andere sagen, egal, was andere tun. Eigentlich war die Hochzeit schon im letzten Jahr geplant. Dann kam Corona dazwischen. Doch verschoben ist nicht aufgehoben. Die Hochzeit in Las Vegas folgt, sobald Reisen in die USA wieder erlaubt sind. Gerne würden sie dem »psychopathischen« Verfasser all dieser Hassbotschaften selbst ins Gesicht sagen, dass er mit all seinem Handeln nichts bewirken kann: »Wir sind schwul. Wir bleiben schwul und wir lieben uns, da kannst du  gerade machen, was du willst«. FIS EXTRA: Tobias und Stefan haben bei der Polizeiinspektion Hermeskeil Anzeige erstattet. Die Ermittlungen zur Sache laufen. Wer etwas gesehen oder gehört hat, was bei der Ermittlung des feigen Täters weiterhelfen kann, der kann das auch völlig kontaktlos über das Online-Portal der Polizei machen.  
Hier der Link zur Online-Wache: https://www.polizei.rlp.de/de/onlinewache/


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