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Martina Greve

"Bommeleeër-Prozess": Spektakulärer Prozess in Luxemburg

Die Bommeleeër-Affäre - sie gehört ohne Zweifel zu denwohl spektakulärsten und dubiosesten Justizgeschichten des Landes. Fast genau 30 Jahre nach dem ersten Attentat (30. Mai 1984: fehlgeschlagener Anschlag auf einen Hochspannungsmast in Beidweiler) beginnt am 25. Februar der auf 45 Verhandlungstage angesetzte "Bommeleeër-Prozess" gegen die zwei Ex-Mitgleider der "Brigade mobile de la Gendarmerie", Marc Scheer und Jos Wilmes.

Was geschah eigentlich? 1984 und 1985 verübten unbekannte Täter mehrere Diebstähle von Zündern und Sprengstoff aus luxemburgischen Steinbrüchen. Mit diesen wurden Strommasten des Energieversorgungsunternehmen Cegedel gesprengt - und das Unternehmen erpresst. Die Polizei wurde eingeschaltet, Geldübergaben platzten, 18 Anschläge waren die Folge. Besonderes Aufsehen erregte eine kleine Sprengladung, die die Täter während der Ratssitzung der Europäischen Staats- und Regierungschefs auf dem Kirchberg aus dem Fenster eines fahrenden Autos warfen. Nach zwei weiteren Anschlägen auf die Wohnung eines Notars (Autobombe) und die Wohnung des kurz zuvor pensionierten Kommandanten der Gendarmerie hörten die Anschläge abrupt auf. Zwar kamen bei den Anschlägen keine Personen zu Schaden, doch im Umfeld der Ermittlungen und der Aktionen starb ein junger Soldat bei einem Verkehrsunfall, der zur Bewachung des Flughafens abgestellt war. Aber in bei einigen Anschlägen war es purer Zufall, dass niemand verletzt wurde. Da diese ganze Sache scheinbar ohne Ermittlungsergebnisse irgendwie im Sand zu verlaufen drohte, griff RTL Lëtzebuerg 2004 die Akten wieder auf und brachte stets neue Aspekte ans Licht. Auch die Luxemburger Printmedien wie Wort, Tageblatt und Journal ließ das Thema nicht los, alle versuchten, dass verworrene Aktenbündel zu entziffern. Geschredderte Akten, verlorengegangene Beweismittel, Untersuchungen des amerikanischen FBI und des deutschen BKA, entlassene Polizeidirektoren und viele, viele ungeklärte Fragen sorgen für unzählige Verschwörungstheorien. So der Aspekt, dass die Täter über Informationen von Eingeweihten zu den Zielobjekten verfügten und dem Vorgehen der untersuchenden Polizei, der Gendarmerie und des Geheimdienstes immer voraus waren. So wussten die Täter, wann welche Objekte bewacht wurden, führten die Fahnder regelmäßig an der Nase herum. Eine der populärsten Verschwörungstheorien war eine mögliche Verwicklung von Prinz Jean, Bruder von Großherzog Henri, in die Affäre. Ein Zeuge will ihn in der Nähe eines Tatorts gesehen haben, aber ein Alibi (er war bei einer Jagd im Ausland) entlastete den Adligen. Den beiden Ex-Beamten wirft die Anklage unter anderem versuchten Mord und Brandstiftung vor, insgesamt 20 Taten führt die Staatsanwaltschaft, vertreten durch Georges Oswald (Procureur d'Etat adjoint) und Robert Welter (Substitut principal), ins Feld, wo die Ermittler davon überzeugt sind, genügend Beweise vorliegen zu haben, diese Anschläge den beiden nachweisen zu können. Vor der 9. Kriminalkammer (Tribunal d'arrondissement de Luxembourg) unter der Vorsitzenden Richterin Sylvie Conter und den Beistizern Claudine de la Hamette, Paul Vouel und Jean-Luc Pütz (ein Ersatzrichter ist von Prozessbeginn dabei, damit im Verhidnerungsfall eines Richerts der Prozess nahtlos fortgeführt werden kann) werden so insgesamt 90 Zeugen gehört werden. Diese sind aber offiziell nicht von Seiten der Justiz bekanntgegeben worden, allerdings ist bekannt, dass 30 Zeugen von Seiten der Verteidiger Me Gaston Vogel und Me Lydie Lorang vorgeladen worden sind, darunter Mitglieder der großherzogliche Familien und auch Augenzeugen. Ebenfalls geladen wurden Premier Jean-Claude Juncker und sein Vorgänger Jacques Santer. Natürlich werden auch die Ermittler der Polizei, ehemalige Mitglieder der Gendarmerie, der Geheimdienstes udn der Brigade mobile de la Gendarmerie vernommen. Vier Experten werden in dem Zusammenhang der Sprengstoffanschläge vernommen. Dr. Christa Dern, Roland Frönd und Dr. Klaus Bender sind Beamte des Bundeskriminalamtes aus Wiesbaden und werden unter anderm zu Fall- und Spurenanalyse (DNA) ihre fachmännischen Gutachten abgeben. Ferner ist Michel Montoisy (Poudrerie de Luxembourg) ebenfalls als Experte vor die Kammer geladen. Insgesamt sind (vorläufig) 45 Verhandlungstage (bis zum 30. Mai, jeweils Montags bis Donnerstags, 15.00 bis 18.00) angesetzt, "doch sollte die Zeit nicht ausreichen, so kann ohne Probleme verlängert werden", betont Justizpressesprecher Henri Eippers. Und Jeannot Nies, Premier Avocat général, präzisiert: "Und der Justizalltag läuft normal weiter, es sit nicht so, dass nun der ganze restliche Justizapparat aufgrund dieses Prozesses zum Erliegen kommt. "


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