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Andrea Fischer

"Das wirft unser Land 100 Jahre zurück"

Bedrückende Bilder aus Afghanistan gehen seit Wochen um die Welt. Für Familie Ataie aus Hermeskeil ist das besonders schlimm: Sie bangt um Familie und Freunde in dem Land, aus dem sie vor nunmehr sechs Jahren geflohen ist.

Hayatullah Ataie ist 2015 mit seiner Familie vor Krieg und Terror aus Afghanistan geflohen. Noch heute erinnern eine große Macheten-Narbe vom Bauch bis zur Brust, zwei Magendurchschüsse sowie weitere Verletzungen durch Folter an den Grund seiner Flucht.

In einem viel zu kleinen Boot übers Mittelmeer


Damals floh er gemeinsam mit seiner siebenköpfigen Familie  über die Türkei nach Griechenland. Insgesamt 29 Menschen fanden Platz auf einem viel zu kleinen Schlauchboot, das eigentlich nur für vier bis fünf Leute zugelassen war.
Dennoch sind die Atais froh, dass sie die Reise gewagt haben. Nun sind sie sicher und haben im  Hochwald ein neues Zuhause gefunden.
Dass die ausländischen Soldaten nun das Land verlassen haben, macht Hayatulla und seine Frau Sakine fassungslos. Nach 20 Jahren haben die Taliban in Afghanistan wieder die Macht übernommen. Dieser Satz trifft die Ataies bis in Mark, denn für viele Afghanen, die sich in den letzten Jahren für Freiheit, Demokratie sowie Frauen- und Menschenrechte eingesetzt haben, bedeutet die Machtübernahme eine akute Gefahr für ihre Sicherheit und ihr Leben.
 Nach Jahren voller Hoffnung ist die Familie nun voller Sorge um Afghanistan. Die Sorge gilt vielen Freunden und ganz besonders auch Hayatullas Bruder Hamid, der als Polizist bei einer internationale Friedenstruppe gearbeitet hat. »Er versteckt sich in den Bergen von Kabul, denn auch er ist Zielscheibe des Terrors - zumal er zu der Volksgruppe der Hazara gehört, die bei den Taliban besonders im Fokus stehen. Hayatullah hat schon seit Tagen nichts mehr von ihm gehört und ist in großer Sorge.

Bruder wurde vor der ganzen Familie geköpft


Und er kennt die Schreckensherrschaft der Taliban nur zu gut. Bereits 1998 musste er mit ansehen, wie sie seinen 30-jährigen Bruder vor der ganzen Familie köpften.  Der schnelle Vormarsch der Taliban macht ihn fassungslos. »Das wird unser Land 100 Jahre zurückwerfen«, ist sich Familienvater Hayatulla Ataie sicher. Mit Schrecken erinnert sich Hayatullas Frau Sakine noch an die Zeit der Taliban-Herrschaft.  Frauen gelten nichts in Afghanistan, übersetzt Sakines Tochter, die zehnjährige Narges, die fließend Deutsch spricht und nächstes Jahr aufs Gymnasium will.

Steinigung von Frauen waren an der Tagesordnung

Und was den Frauen in Afghanistan droht, weiß Sakine nur zu gut. Gewalt gegen Frauen und deren Steinigungen, wenn sie sich dem Taliban-Regime widersetzten, seien an der Tagesordnung gewesen, sagt Sakine Ataie traurig. Und auch wenn die Taliban nun die Sanftmütigen spielten, glauben weder sie noch ihre tatkräftige Lebensbegleiterin Ursula Stimmler, dass sich irgend etwas bei der Einstellung der Taliban geändert haben könnte. Afghanen sind keine »Flüchtlinge«

Frauen unter dem Taliban-Regime haben keine Rechte. Das Tragen einer Burka ist Pflicht und selbst beim Gehen dürfen Frauen keine Geräusche machen. Afghanische Frauen sollen unsichtbar bleiben, auch wenn die Taliban nun so täten als hätten sie sich verändert,  daran hat Sakine keinen Zweifel. Auch wenn ihre Familie seit sechs Jahren in Deutschland lebt – die Angst vor Abschiebung bleibt, denn noch immer hat die sie keinen Flüchtlingsstatus in Deutschland, da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei Familie Atai »keine begründete Furcht vor Verfolgung sieht«, sagt Ursula Stimmler, die die Familie fast vom ersten Tag an betreut. »Ich habe schon alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das zu ändern, aber wir schaffen es ja nicht einmal, dass Hayatulla als Familienoberhaupt und Berufstätiger zumindest mal die ihm zustehende Steuerklasse 3 bekommt«, klagt Ursula Stimmler die deutsche Gesetzeslage an. Und aufgrund der Pandemie gäbe es auch zurzeit keine Möglichkeit, gegen die Entscheidungen der »Bamf« (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) anzugehen. »Es ist nicht richtig, dass Menschen, die kaum noch Sozialleistungen bekommen und einer geregelten Arbeit nachgehen und sich vorbildlich integriert haben, nach sechs Jahren immer noch nicht wissen, dass sie bleiben dürfen«, findet die engagierte Powerfrau aus Züsch.Sie habe bei ihrer Arbeit für und mit  afghanischen Asylbewerbern notgedrungen mit vielen Behörden und auch mit Soldaten im Einsatz gesprochen. Und immer habe man ihr gesagt, die Einschätzung über die Lage in Afghanistan ist falsch, sie sei von Anfang an beschönigt worden. Die Deutschen waren im Friedenseinsatz während die USA im Krieg war "Die Unsicherheit wurde dadurch genährt, dass deutsche Soldaten in Friedenseinsatz waren und die USA im Krieg. Die Einschätzung der Lage in Afghanistan wurde seit 2017 nicht mehr verändert. Noch kurz vor der Beendigung des Einsatzes gab es laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, schöne Landstriche in Afghanistan, wohin man eine allein eingereiste Frau mit drei minderjährigen Kinder ausweisen könnte, und nur der derzeitige Abschiebestopp hat dieses, wer weis wie lange noch, verhindert hat. Ein in Deutschland geborenes Kind muss einen Asylantrag stellen ,warum es Afghanistan verlassen hat ? !. Die gute Absicht, einem bedrängten Volkes zu helfen, wurde auch dadurch zunehmend schwieriger, weil man schlecht vorbereitet war. Man kann unsere abendländische Kultur,  unsere Glaubensvielfalt und unsere demokratisch Rechtsauffassung nicht eins zu eins einem islamischen Volk überstülpen, ohne vorher mit ihm, dem Volk, zu kommunizieren. Die Soldaten haben Leib und Leben in die Ausbildung der Afghanischen Armee investiert, sind aber für ihre Besoldung der Selben nicht zuständig, denn auch das wäre Aufgabe der Bundesregierung gewesen, dafür zu sorgen, das die Gelder dahin kommen, wo sie hingehören, als sie einfach einer korrupten Regierung anzuvertrauen. Schon Wallenstein sagte um 1625 nur ein gut ausgerüsteter, ein ordentlich gekleideter und vor allem ein gut genährter und bezahlter Soldat ist ein guter Soldat. Somit ist diese Mission gescheitert und es ist folgerichtig das man das dann auch beendet , aber gut geplant und nicht überhastet. Aber wie immer hört man nicht auf die dies wissen konnten. Es gilt aber auch da der Respekt für die Soldaten und Versehrten und ihren Angehörigen, die vielen Toten,
die nicht nur eine halbherzige Entschuldigung verdient haben". FIS


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