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Deutschland feiert das Grundgesetz

"Die Würde des Menschen ist unantastbar", so steht es im Artikel Eins des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Am 23. Mai wird der Gesetzestext 70 Jahre alt. Ein Meilenstein auf dem Weg zur Annahme des Grundgesetzes war die "Rittersturz-Konferenz" 1948 in Koblenz.
Anstelle des 1974 abgerissenen Hotels wurde auf Anregung von Peter Altmeier 1979 ein Denkmal zur Rittersturz-Konferenz errichtet und zum 31. Jahrestag am 8. Juli 1979 eingeweiht. Foto: Kreller

Anstelle des 1974 abgerissenen Hotels wurde auf Anregung von Peter Altmeier 1979 ein Denkmal zur Rittersturz-Konferenz errichtet und zum 31. Jahrestag am 8. Juli 1979 eingeweiht. Foto: Kreller

Es war ein denkwürdiger Moment, als Konrad Adenauer am 23. Mai 1949 das Grundgesetz unterzeichnete und damit auf dem Gebiet der westalliierten Besatzungszonen einen neuen, nunmehr demokratischen deutschen Staat aus der Taufe hob. "Heute beginnt ein neuer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte unseres Volkes: Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten", leitete der spätere Kanzler den Akt der Unterzeichnung ein.

Grundgesetz statt Verfassung

Mit der Gründung Westdeutschlands war jedoch das Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone – die spätere DDR – außen vor. Die Bezeichnung Grundgesetz wählten seine Mütter und Väter daher mit Bedacht und in der Absicht, so den lediglich provisorischen Charakter des Textes zu unterstreichen. Mit der Wiederherstellung der deutschen Einheit sollte das Grundgesetz später ohnehin durch eine vom gesamten Volk in Freiheit gewählten Verfassung abgelöst werden.

"Rittersturz-Konferenz"

Dem Umstand der Teilung trug der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Johann Peter Altmeier auch rhetorisch Rechnung, indem er in der Eröffnugsrede zur sogenannten "Rittersturz-Konferenz" am 8. Juli 1948 auf die fehlenden Vertreter der damals noch mitteldeutschen Länder (heutige ostdeutsche Länder) hinwies. Die Konferenz im namensgebenden Hotel oberhalb des Koblenzer Stadtteils Oberwerth sollte eine Antwort auf die von den Westalliierten eine Woche zuvor übergebenen "Frankfurter Dokumente" formulieren. Darin ermächtigten die USA, Großbritannien und Frankreich die deutschen Ministerpräsidenten zur Bildung einer verfassungsgebenden Versammlung, empfahlen die Neugliederung der deutschen Länder und lockerten das Besatzungsstatut, ohne es jedoch in Frage zu stellen. Die zeitgenössische Öffentlichkeit nahm davon kaum Notiz, denn Themen wie die Währungsreform sowie die Berliner Luftbrücke bestimmten die Schlagzeilen jener Tage.

Koblenzer Beschlüsse

Das Ergebnis der Konferenz fiel sodann zwigespalten aus. In den "Koblenzer Beschlüssen" betonten die westdeutschen Politiker zum einen das Primat der Westalliierten, um dem Vorwurf zu entgehen, sie hätten mit ihrer Zustimmung die deutsche Teilung akzeptiert. Deshalb sollte nach Willen der Konferenz zunächst das Besatzungsstatut erlassen werden. Zum anderen lehnten die Ministerpräsidenten die Bildung einer Nationalversammlung zur Beratung und Verabschiedung einer Verfassung ab. Stattdessen sollten die Landtage ein Gremium wählen, das ein provisorisches Grundgesetz ausarbeiten würde – den Parlamentarischen Rat. Die sowjetisch besetzten Gebiete wollte man keinesfalls abschreiben. Deshalb ist in der Antwort an die alliierten Militäradministrationen nicht die Rede von der Gründung eines neuen Staates, sondern vielmehr von der eines "organisierten Provisoriums". Insbesondere der amerikanische Militärgouverneur Lucius D. Clay reagierte auf diese von den Deutschen veränderten Punkte verärgert. Den Franzosen spielte es indes in die Hände, hatten sie es mit einer deutschen Staatsgründung doch nicht allzu eilig.

Grundgesetz wird beschlossen

Die endgültige deutsche Antwort sollte den Westalliierten am 26. Juli 1948 unterbreitet werden. Hierzu mussten auf deutscher Seite noch zahlreiche Kompromisse gefunden werden, was gelang. Der Herrenchiemseer Verfassungskonvent erarbeitete im August 1948 einen Verfassungsentwurf, der – 149 Artikel stark – Ende des Monats an den Parlamentarischen Rat übergeben wurde. Nachdem das Gesetzeswerk am 12. Mai 1949 von den Militärgouverneuren der drei Westmächte genehmigt und von zehn der elf Landtage (außer Bayern) gebilligt worden war, wurde es am 23. Mai 1949 vom Parlamentarischen Rat verkündet und trat am folgenden Tag in Kraft.

Der Weg zum Grundgesetz

  • Februar 1948: Sechsmächte-Konferenz in London 
  • Juni 1948: Londoner Empfehlungen 
  • Juli 1948: Frankfurter Dokumente 
  • 8. bis 10. Juli 1948: Rittersturz-Konferenz in Koblenz 
  • August 1948: Herrenchiemseer Verfassungskonvent 
  • September 1948: Bildung des Parlamentarischen Rates (bis Mai/Juni 1949) 
  • 23. Mai 1949: Unterzeichnung des Grundgesetzes 
  • Mehr zum Grundgesetz gibt es hier.
Das Thema wird nächste Woche fortgesetzt. JK


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