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Eintracht Trier fordert DFB-Erklärung

In einem offenen Brief an die DFB-Spitzenfunktionäre Fritz Keller (DFB-Präsident) und Dr. Rainer Koch (1. Vizepräsident Amateure/Regional- und Landesverbände) wirft der Fußball-Oberligist SV Eintracht Trier o5 dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) mangelnde Solidarität mit den Interessen der Amateurvereine und Unglaubwürdigkeit bezüglich der Umsetzung der im DFB-Masterplan 2024 für den Amateurfußball verabschiedeten Ziele vor.
Robin Koch spielte von 2009 bis 2015 insgesamt sechs Jahre für den SVE. Foto: Archiv

Robin Koch spielte von 2009 bis 2015 insgesamt sechs Jahre für den SVE. Foto: Archiv

Auslöser für den Brief waren monatelang ausstehende Zahlungen des Premier-League Vereins Leeds United für den Wechsel des Ex-Eintracht Spielers Robin Koch in die englische Elite-Liga. Besonders kritisiert der SVE in seinem Brief  deshalb auch ein »bestehendes, grobes Missverhältnis in den nationalen und internationalen Regelungen zur Ausbildungsentschädigung von Amateurvereinen«. Dass der DFB in seiner Funktion als Interessenvertreter der Amateure nicht im erforderlichen Maße in deren Sinne agiere, mache die im DFB Masterplan 2024 für den Amateurfußball (s. auch Hintergrund-Kasten) Anfang Dezember beschlossene breite Unterstützung für die Amateurvereine unglaubwürdig, so der SVE.

Nationalspieler Koch spielte sechs Jahre für den SVE

Der ehemalige SVE-(Jugend)-Spieler und jetzige DFB-Nationalspieler Robin Koch war Ende August 2020 vom SC Freiburg zu Leeds United in die englische Premier-League gewechselt. Bis Mitte Januar hatte der heimische Oberligist allerdings keine Ausbildungentschädigung erhalten, obwohl die erste Rate der Ablösebeteiligung in Höhe von rund 100.000 Euro bereits zum 1. Oktober fällig gewesen wäre. Nach dem Solidaritätsmechanismus der FIFA stehen dem SVE insgesamt 2,25 Prozent der Ablösesumme in Höhe von rund 13 Millionen Euro, also rund 300.000 Euro zu. Inzwischen hat Leeds United nach öffentlichen Druck in englischen Medien und Androhung einer Klage seitens des SVE nach Auskunft der SVE-Geschäftsstelle die erste Rate gezahlt.   

Nur bei Wechsel ins Ausland winkt hohe Entschädigung

So weit so gut, könnte man meinen, doch die SVE-Verantwortlichen ärgern sich vor allem darüber, dass für den Spieler Robin Koch, der sechs Jahre lang – von 2009 bis 2015 – bei der Trierer Eintracht ausgebildet wurde, auch auf nationaler Ebene keine die Amateurvereine befriedigende Lösung bei der Ablöseentschädigung gefunden wurde. Koch war  2015 von Eintracht Trier zum 1. FC Kaiserslautern gewechselt und wurde 2017 beim SC Freiburg zum Bundesligaprofi. Von der damaligen Ablöse in Höhe von circa vier Millionen Euro erhielt Eintracht Trier lediglich eine den Regularien entsprechende Ausbildungsentschädigung in Höhe von 16.000 Euro, (0,4 Prozent),  die überdies auch noch durch den damaligen SVE-Vorstand »aufgrund der von DFB und DFL festgelegten Regularien mehrfach eingefordert werden musste, bis sie schlussendlich gezahlt wurde,« so der SVE in seinem Brief.
Dass Robin Koch später nach Leeds ins Ausland wechselte und nicht etwa zu einem weiteren Verein in der Bundesliga – zum Beispiel nach Leipzig, Dortmund oder Mönchengladbach – ist für die Trierer Eintracht trotz der erwähnten Verspätungen bei den Zahlungen der Ablöseentschädigung ein finanzieller Glücksfall. Denn »bei einem späteren Wechsel innerhalb der Bundesliga, also im nationalen Bereich, wären weder Eintracht Trier noch der Heimatverein Kochs, der SV Dörbach, an einer Transfersumme beteiligt worden, obwohl der Spieler acht Jahre lang von diesen Vereinen ausgebildet wurde«, so der SVE in seinem Brief.

SVE fühlt sich vom DFB im Stich gelassen

Die Unterzeichner Alfons Jochem, 1. Vorsitzender von Eintracht Trier, und Geschäftsstellenleiter Björn Berens fragen deshalb die  DFB-Verantwortlichen: »Was rechtfertigt eine Ausbildungsentschädigung auf internationaler Ebene gegenüber der nicht vorhandenen auf nationaler Ebene?« und weiter: »Was tut der DFB, was gedenken Sie hinsichtlich der bestehenden Regelungen auf nationaler Ebene zu tun, diese bestehenden, ungerechten Vorteilsmechanismen zu beenden?« Es bestehe dringender Handlungsbedarf diese Regelungen zu überarbeiten, »denn die Interessen der von Ihnen vertretenen Vereine werden nicht genügend gewürdigt«, so der SVE abschließend in seinem offenen Brief.

Kommentar

Das passt ins Bild Wer erinnert sich nicht noch an den arrogant-selbstherrlichen Slogan am Deutschen WM Bus von 2018? »Best neVer rest« stand dort in großen Lettern, »die Besten rasten nie«. Das »V« in goldner Schrift herausgehoben, lateinisch für »Fünf«, spiegelte die Erwartung wider, gemeinsan mit dem damaligen Hauptsponsor aus Stuttgart den erneuten WM-Traum, den fünften Stern, zu realisieren. Das desaströse Ende der 2018er Mission des bis heute unselig-dümmlich als »die Mannschaft« bezeichneten Aushängeschilds des Deutschen Fußballbundes ist bekannt – Hochmut kommt vor dem Fall. Die zahlreichen Affären danach von Özil über Grindel bis zur grundlosen Ausbootung von Müller, Hummels und Boateng gipfelten im jüngsten 0:6-Debakel gegen Spanien, der höchsten Schlappe »der Mannschaft« seit 1931. Mangelnde Selbstkritik, die daraus resultierende anhaltende Selbstüberschätzung und die immer weitere Entferung von der Basis und deren Problemen sind die seit Jahren offenkundigen großen Baustellen im größten Sportverband der Welt. Ausbaden müssen das aber nicht etwa die DFB-Funktionäre an der Spitze, sondern – wie so oft – die kleinen Amateurvereine, die im Regen stehen gelassen werden. Das passt ins Bild! Ob daran der DFB-Masterplan 2024 was ändern wird, bleibt abzuwarten. Arnt Finkenberg
Arntfinkenberg@tw-verlag.de (Fin/Red)


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