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Eklat an der Uni: Darf Satire das?

Im Dezember vergangenen Jahres konnten die Studenten an der Universität Trier ein neues Studierendenparlament wählen. Im Vorfeld war es jedoch zum Eklat zwischen Wahlausschuss und Hochschulleitung gekommen. Der Grund: Provokante Wahlplakate der Satireliste "Die Liste".

Ein Panzer, ein Foto der Nürnberger Prozesse, ein Bild eines Nazi-Aufmarsches in Kandel: Unter anderem diese Motive hatten die Wahlplakate der "Liste" geziert. Die Hochschulleitung sah hierin die Grundordnung der Universität verletzt, in der für ein "gedeihliches Zusammenwirken der Organe" gesorgt werden soll. Das soll durch die Plakate gestört worden sein. Sie wurden abgehangen. Der studentischen Wahlausschuss widerum sah darin einen Eingriff in die demokratische Selbstverwaltung der Studierendenschaft. "Eine sachliche Begründung der vermeintlichen Störung blieb der Präsident schuldig. Durch die Entfernung der Plakate schuf die Universitätsleitung vorschnell Fakten, ohne die Anwendung der genannten Norm überhaupt begründen zu können", heißt es in einem Schreiben des Wahlausschusses an den WochenSpiegel. "Zur Kritik von Missständen provokante Darstellungen zu verwenden, ist legitim. Wenn Satire irritiert, so hat sie ihren Zweck erreicht: Den Finger in die Wunde zu legen, Debatten anzuregen, Widersprüche in der gesellschaftlichen Wirklichkeit aufzuzeigen", schreibt der Wahlausschuss und weiter: "Zu einer freien und gleichen Wahl gehören die Meinungs- und die Informationsfreiheit. Indem sie die Plakate der 'Liste' im Wege repressiver Zensur hat abhängen lassen, hat die Universitätsleitung in die Freiheit dieser Hochschulgruppe, ihre politische Meinung kundzutun, ebenso eingegriffen wie in die Freiheit der Studierenden, sich ungehindert aus jenen Quellen zu unterrichten."

"Aufsehen ist noch kein Ansehen"

Bereits ein Jahr zuvor hatte es Kontroversen wegen eines Plakates der "Liste" gegeben. Damals gab es ein Gespräch zwischen Vertretern der »Liste« und der Hochschulleitung. Viel gebracht hat dieses anscheinend nicht. Uni-Präsident Prof. Dr. Michael Jäckel hat eine klare Meinung zum Vorfall. Auf WochenSpiegel-Anfrage erklärt er: "Zum wiederholten Mal hat es im Zuge des Wahlkampfes eine Auseinandersetzung über die Zulässigkeit bestimmter Plakatmotive gegeben. Im Jahr 2017 hatte ich die Repräsentanten der kritisierten Kampagne zu einem Gespräch gebeten und – auch schriftlich – darauf hingewiesen, dass ich es nicht nur nicht mit der Grundordnung der Universität Trier für vereinbar halte, sondern darin auch ein Beispiel sehe, das der Deutsche Werberat mit einer im Jahr 2003 getroffenen Feststellung anlässlich der Zunahme provokanter Werbung kritisiert hat", so Jäckel. In dieser Feststellung hatte es geheißen: "Aufsehen ist noch kein Ansehen, um das sich Unternehmen für Angebote im Markt bewerben müssen." "Wir sind als Universität natürlich nicht in einem solchen Marktkontext anzusiedeln, aber die Übertragbarkeit des Grundgedankens ist entscheidend", so der Uni-Präsident weiter. Dem verantwortlichen Wahlausschuss habe er im Vorfeld des Wahltermins erklärt, dass er für das "gedeihliche Zusammenwirken" an der Universität Trier verantwortlich sei und dieser Zweckentfremdung von Hochschulwahlen nicht zustimmen könne.

Ihre Meinung

Was sagen Sie - darf Satire das? Schreiben Sie uns: red-trier@tw-verlag.de Statements Das ausführliche Statement von Uni-Präsident Prof. Dr. Michael Jäckel finden Sie hier. Das ausführliche Statement des Wahlausschusses gibt es hier. SP


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