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Großpfarrei: „Lasst die Kirch´ im Dorf“

Bürger der Pfarrei Kell sind aufgerufen, Position zu beziehen zur vom Bistum geplanten Großpfarrei. Der Pfarrgemeinderat hat sich bereits positioniert: gegen einen Zusammenschluss mit Saarburg und für die Pfarrei St. Franziskus Hermeskeil. Der einstimmige Beschluss ging schriftlich und digital ans Bistum Trier. Nun hofft der Rat, dass Betroffene ihn darin bestärken und selbst Stellung beziehen.

Möglich ist das per Papier - Formulare liegen in der Kirche aus - und bis Ende September über die Internetseite www.herausgerufen.bistum-trier.de. Dort können sich Katholiken basisdemokratisch einbringen. "Bitte nutzen Sie die Chance", appelliert der Rat im Amtsblatt in einer Mitteilung an die Pfarrmitglieder. Denn so könnten sie "die Zukunft unserer Kirche" mitbestimmen - für sich selbst wie für Kinder und Enkel. Dirk Steuer, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates St. Bartholomäus Kell am See, hat dabei vor allem rechtliche und finanzielle Folgen im Blick. Seine Sorge ist, dass die heutige Pfarrei Kell ab 2020 in einer "XXL"-Großpfarrei mit Pfarrzentrum und -verwaltung in Saarburg keinen Einfluss mehr darauf hat, wofür Geld ausgegeben wird. Sie müsste akzeptieren, mit als dringend erachteten Investitionen hinten an zu stehen. Das erklärt auch die parallele aktuelle Initiative "Lasst die Kirch´ im Dorf", die auf eine kurzfristige Sanierung der Keller Kirche drängt. In einer "Pfarrei der Zukunft Saarburg" hätte Kell schon aufgrund von deren Größe weniger Einflussmöglichkeiten. Laut Steuer sieht die Bistumsplanung ein 499 Quadratkilometer (qkm) großes Gebiet mit 47 674 Katholiken vor - in Hermeskeil stehen dem 25 527 Katholiken auf 442 qkm gegenüber. Helene Stiglmeier hält den aktuellen Entwurf für realitätsfern. Zum einen wegen gewachsener Strukturen und Verbindungen wie der Kirchenchöre, zum anderen aus geografischer Sicht. Mit Hermeskeil würden Busse verbinden - nicht jedoch mit Saarburg. "Wer fährt schon von Kell aus nach Saarburg zur Messe", bekräftigt Lilli Lauer. Die Stadt sei zwar schön für einen Tagesausflug, aber als Pfarrort "aus der Welt". Älteren ohne Auto wäre es unmöglich, einen Gottesdienst dort zu besuchen, ist auch Gertrud Becker überzeugt. Die Zahl der Kirchgänger werde also auch dadurch sinken. Das zunehmend geringere Angebot für Gläubige kommt da für Volker Hauschild noch erschwerend hinzu. Dabei ändere die Zusammenlegung von Pfarreien nichts am eigentlichen Problem. Denn die Zahl der Pfarrer, denen immer weniger Zeit für die Seelsorge bleibe, werde dadurch nicht steigen. Demgegenüber steht laut Steuer die Sorge, dass in einem riesigen Verbund eher Kirchen geschlossen werden könnten. Außerdem werde das Engagement Ehrenamtlicher "ad absurdum geführt". Nicht nur, dass die über Jahrzehnte gewachsene Verbundenheit mit der Pfarrei Reinsfeld auseinandergerissen werde, was das Bistum nach eigenen Kriterien doch vermeiden wolle. Auch der Schillinger Verbund, werde, kaum dass die Menschen einander näher kamen, erneut aufgespalten: "Das ist wie ein Schlag ins Gesicht." Bestärkt sieht er darin, dass auch Nachbarorte seines Wissens nach Hermeskeil tendieren. Zur Pfarreiengemeinschaft Schillingen gehören auch Greimerath, Hentern, Lampaden, Mandern, Waldweiler, Reinsfeld, Heddert und Zerf. Pfarrer Kai Georg Quirin begrüßt das aktuelle Engagement: "Ich finde es großartig, dass sich Menschen vor Ort Gedanken machen und sich einsetzen für ihre Kirche und ihre Gemeinde. Das ist für mich zukunftstragend."Mit einer persönlichen Meinung zum konkreten Thema hält er sich aber zurück. Das sei Sache der Menschen vor Ort. Ähnlich geht es Markus Lehnen, der sich zwar nicht als Ortsbürgermeister dazu äußern möchte, sehr wohl aber als Mitglied der Pfarrei Kell. Denn grundsätzlich freue es ihn, dass sich Pfarrangehörige derart stark machten. Schließlich gingen größere Verbände erfahrungsgemäß immer mit rückläufigem Engagement einher. Daher halte er auch rein gar nichts von den geplanten Großpfarreien - ebenso wenig wie von deren finanzieller Begründung: "Das Bistum hat genug Geld." Ihm persönlich sei es aber wichtig, Initiativen wie die jetzige "mit den Nachbarn der jetzigen Pfarreiengemeinschaft Schillingen" abzustimmen. Als Leiter der Teilprozeßgruppe Raumgliederung begrüßt Dechant Clemens Grünebach die intensive Auseinandersetzung mit dem Vorschlag zur künftigen territorialen Gliederung des Bistums.Das sei so gewollt und intendiert, so Grünebach.  "Verständlich sind auch Befürchtungen und kritsche Anfragen. Viele dieser Befürchtungen, wie z.B. die Ängste, die eigene Kirche werde geschlossen, haben zunächst gar nichts mit dem Raumgliederungsentwurf zu tun. Im Gegenteil gilt: Wenn es lokale Initiativen zum Erhalt von Kirchen , wie z.B. in Kell am See gibt, ist dies ausdrücklich zu befürworten. Und was vorher schon galt, gelte in Zukunft noch mehr: Die Kirche lebt von den Getauften und deren Engagement vor Ort; wenn dies lebendig ist oder wird, wird kirchliches Leben auch im Organisationsrahmen der neuen Pfarrei gut, mancherorts sogar besser möglich sein." URS


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