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Katholische Familienbildungsstätte Trier feiert Jubiläum

Eine schwarzweiß Fotografie: Junge Frauen mit Kittelschürze und adretter 50er Jahre Frisur stehen um einen Tisch und bereiten einen Rührteig zu. Daneben ein Farbfoto: Männer in weißen Kochkitteln beim Abschlussessen ihres Männerkochkurses. Anschaulicher könnten die beiden Bilder an der Wand der Katholischen Familienbildungsstätte Trier (FBS) nicht illustrieren, wie sich die Institution in den vergangenen 60 Jahren gewandelt hat. Von der Mütterschule für junge Frauen entwickelte sich die FBS zu einer Einrichtung, die heute Menschen aller Generationen und Kulturen anspricht. Nun hat die FBS ihren 60. Geburtstag mit einem großen Festakt unter anderen mit Weihbischof Franz Josef Gebert, Familienministerin Dr. Katarina Barley und Oberbürgermeister Wolfram Leibe gefeiert.
Auch Eltern-Kind-Gruppen werden angeboten. Foto: FF

Auch Eltern-Kind-Gruppen werden angeboten. Foto: FF

Waren es in den 1950er Jahren noch Themen wie "Kinder, Küche, Kirche", die den jungen Frauen nähergebracht wurden, ist das Angebot der FBS heute so bunt und vielfältig, wie das Leben der Menschen selbst: Ob Angebote für Kleinkinder mit ihren Eltern, ob Kochkurs oder Yoga, ob Trauerarbeit nach einem schweren Verlust in der Familie, ob Seniorenfrühstück oder Deutschkurs für Immigranten. "Die Idee in den 1950er Jahren war, junge Frauen zu befähigen, das Wohl der Familie zu ge-währleisten", erklärt die langjährige ehemalige Leiterin der FBS, Birgit Pallien. Die Initiative ging damals von Frauen aus, die sich ehrenamtlich für andere Frauen engagierten – ein niedrigschwelliges Angebot also, das auf die Bedürfnisse der Frauen einging. Das sei als Grundidee bis heute geblieben, erläutert Pallien: Die FBS habe sich im Lauf der Jahre an die gesellschaftlichen Bedürfnisse und Anforderungen angepasst und hole die Menschen dort ab, wo sie im Leben stehen.

"Frühen-Hilfen" als wichtiger Bestandteil der Arbeit

Einen wichtigen Stellenwert hätten heute die so genannten "Frühen Hilfen", sagt Birgit Kuhlmeier, die seit fast 30 Jahren als Kursleiterin und heute als pädagogische Referentin bei der FBS arbeitet. Das seien präventive Angebote wie Elternsprechstunden, das offene "Babycafé" oder verschiedene Eltern-Kind-Gruppen, die Familien besonders in belastenden Situationen helfen und sie begleiten. "Dadurch, dass heute oft die Mütter früher wieder in das Berufsleben zurückkehren und die Kinder fremd betreut werden, ist die Nachfrage nach Angeboten für immer jüngere Kinder gestiegen", erklärt Kuhlmeyer. Zu beobachten sei, dass Eltern heute viel mehr Fragen bezüglich der Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder hätten. "Das mag auch bedingt sein dadurch, dass es die frühere Großfamilie mit mehreren Generationen unter einem Dach so meist nicht mehr gibt, bei der Ratschläge weitergegeben wurden", so die neue Leiterin der FBS Nicole Gerhard. Das könnten die Eltern-Kind-Gruppen zum Teil auffangen. "Die Aufmerksamkeit der Gesellschaft liegt ja heute stark auf der Bildung und Förderung schon der Kleinsten. Wir möchten den Eltern vor allem Sicherheit geben und sie bestärken, auf ihr Bauchgefühl zu hören. Denn oft handeln Eltern intuitiv genau richtig, fühlen sich aber durch die vielfältigen In-formationen, die auf sie einströmen, verunsichert." Verändert habe sich in den vergangenen Jahren auch, dass die FBS "dezentral" auftrete. "Wir möchten die Familien dort erreichen, wo sich ihr Leben abspielt: also beispielsweise in den Kindertagesstätten und den Stadtteiltreffs. Wir machen also unsere Angebote dort bekannt und arbeiten inzwischen sehr eng mit dem Jugendamt zusammen", erläutert Gerhard.

Einsatz für Alleinerziehende

Verstärkt setzt sich die FBS heute auch für Alleinerziehende ein – mit einem offenen Treff alle vier Wochen, bei dem die Frauen und Männer selbst Themen für Bildungsvorträge machen können und bei dem auch Kontakt zur Lebensberatung hergestellt wird, falls es Bedarf an weiterführender Beratung gibt. Während des Treffs werden die Kinder – ob sechs Monate oder neun Jahre alt – betreut.

Trauer- und Flüchtlingsarbeit

Während der Bereich frühe Hilfen kontinuierlich gewachsen ist, begleitet die FBS ein Thema schon sehr lange: Trauerarbeit. "Wir möchten da sein für Familien in allen Lebenssituationen, dazu gehört auch Trauerarbeit nach dem Verlust eines Menschen, aber auch beispielsweise nach einer Scheidung", erklärt Pallien. "Außerdem arbeiten wir auch eng mit der Caritas und dem Sozialdienst katholischer Frauen zusammen, um Menschen in Lebenskrisen zu unterstützen." Menschen in allen Lebenssituationen: Dazu gehören auch Immigranten und Flüchtlinge. "Schon vor der starken Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015 haben wir versucht, Integration voranzubringen und Eltern-Kind-Gruppen auf Englisch und Spanisch angeboten – da sitzen zum Teil sieben Nationen beieinander", erklärt Kuhlmeier. Seit 2015 biete die FBS gezielt Gruppen für Flüchtlinge arabischer Sprache an, genau wie Sprachkurse oder einen Schwimmkurs für muslimische Frauen und Mädchen in einem geschützten Bereich.

FBS legt Wert drauf, ein katholischer Verein zu sein

Offenheit und Toleranz prägen die Leitlinien der Einrichtung, die trotzdem Wert darauf legt, ein katholischer Verein zu sein. "Wir vertreten christliche Werte und nehmen eine wichtige Rolle als Bindeglied zwischen Kirche und Menschen wahr, denn hier wird Glaube lebendig gelebt", betont Gerhard. Oftmals sei die FBS für Familien der erste Kontakt zu einer katholischen Einrichtung. "Die Hemmschwelle ist hier nicht so hoch, auch einmal Fragen zu Religion und Glauben zu stellen, etwa wenn Eltern mit dem Gedanken spielen, ihr Kind taufen zu lassen."

Bistum trägt 80 Prozent der Kosten

Mit 25.000 Unterrichtseinheiten und rund 10.000 Teilnehmern allein 2016 spricht die FBS Menschen aller Generationen an. Zu 80 Prozent wird sie dabei vom Bistum Trier unterstützt, der Rest errechnet sich aus Zuschüssen von Bund und Land sowie Spenden. Gerhard hofft, "dass Politik und Kirche auch weiterhin an einem Strang ziehen und wir die Qualität unserer Arbeit halten können."


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