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Kerneuropa als »Gemeinschaft der Gleichgesinnten« fördern

»Wir leben auf einer Insel der Glückseligen, weil wir Europa haben!« Mit diesem klaren Bekenntnis zu den Errungenschaften der Europäischen Union (EU) und den Fortbestand der europäischen Idee, appellierte Rolf-Dieter Krause (64) (Foto, Mitte) an die 800 Gäste des Sparkassenforums trotz aller momentanen europäischen Krisen am Grundgedanken der Wertegemeinschaft festzuhalten.

Der Leiter des ARD Studios in Brüssel erläuterte in seinem Vortrag »Geschüttelt von Krisen - wie kann Europa überleben?«die Idee eines Kerneuropas als »Gemeinschaft der Gleichgesinnten«, das die Führungsrolle übernehmen müsse. Angesichts der großen Herausforderungen mit anhaltender Eurokrise, drohendem Grexit, Ukraine- und Flüchtlingskrise, stoße die Gemeinschaft aus 28 Staaten an ihre Grenzen und stehe vor der Frage, wie sie sich weiterentwickeln solle, so Krause. Eine zentrale Aufgabe komme dabei auf Deutschland und Frankreich zu. Großbritanniens Einfluss hingegen sei eher gering, da die Engländer zunächst ihre eigene Position klären und die interne Abstimmung über einen Verbleib in der EU durchführen müssten.   Führungsrolle für Achse Paris-Berlin Die Achse Paris-Berlin müsse deshalb gemeinsam mit den Benelux-Ländern und eventuell Slowenien als aufstrebenden Balkanstaat diese Führungsrolle übernehmen und der europäischen Stimme vor allem durch eine einheitliche Außen- und Verteidigungspolitik mehr Gewicht auf der internationalen Bühne verleihen. Gerade die Abgabe nationaler Souveränität in diesen Fragen an Brüssel werde die Gemeinschaft stärken - und damit auch wieder die Einzelstaaten. Krause kritisierte in diesem Zusammenhang die nationalen Egoismen in zahlreichen Staaten der EU scharf, die gegen besseres Wissen und oft aus parteipolitischen Erwägungen an ihrer Politik der Scheinsouveränität festhalten würden.    Negativbeispiele Ungarn und Polen Hart ins Gericht ging Krause mit den politischen Entwicklungen in Ungarn und Polen. Zwei Staaten, die sich mit ihrer momentanen nationalistischen Politik außerhalb der Solidargemeinschaft stellten und im Falle Ungarns - mangels Gewaltenteilung - nicht einmal mehr die Aufnahmebedingungen in die EU erfüllen würden. Krause bedauerte, dass die Gründerväter der EU in den Verträgen hierfür keine Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen hätten. Auch im EU-Russlandkonflikt bezog Krause klar Stellung: Die Krim-Annexion sei ein Bruch des Völkerrechts gewesen, der nicht zu akzeptieren sei. Ganz frei von Mitschuld an dieser Entwicklung sei der Westen aber nicht, da er den russischen Einfluss auf weltpolitische Entwicklungen begrenzt oder wie der US-Präsident Obama Russland gar öffentlich gedemütigt habe.  In der abschließenden Diskussion mit den Gästen stellte Krause weiterhin klar, dass ein Beitritt der Türkei in die EU allein schon deshalb nicht denkbar wäre, weil Volksabstimmungen in Frankreich und Österreich dies verhindern würden. Auch einem Ende der Währungsunion erteilte er eine klare Absage. Ein  in den EU-Verträgen sowieso nicht vorgesehener Austritt aus der Eurozone würde für Deutschland sehr teuer werden, da es unausweichlich zu einer immensen Aufwertung der DM führen würde. Damit aber wäre die deutsche Wirtschaft mittelfristig nicht mehr wettbewerbsfähig und würde sich zurückentwickeln.     Europa als alternativlose Schicksalsgemeinschaft

Die Europäer müssten akzeptieren, dass sie in der Europäischen Union in einer alternativlosen Schicksalsgemeinschaft lebten. Allerdings sei es höchste Zeit über die Architektur Europas im Hinblick auf eine Weiterentwicklung zu einer »Gemeinschaft der Gleichgesinnten« in einem Kerneuropa nachzudenken, so Krause abschließend.       Fin/Foto: Finkenberg


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