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"Lunte riechen" und "Löffel spitzen": Jägersprache im Alltag

Seit über tausend Jahren nutzen Jäger ihr eigenes Vokabular. Einige Redewendungen sind so bildhaft, dass sie Eingang in den täglichen Sprachgebrauch gefunden haben. Der Deutschen Jagdverbandes (DJV) gibt anlässlich des Tages der deutschen Sprache Einblicke in die Jägersprache.
Viele Redewendungen aus der Jagd finden sich in unserer Alltagssprache wieder. Foto: Martinsohn/DJV

Viele Redewendungen aus der Jagd finden sich in unserer Alltagssprache wieder. Foto: Martinsohn/DJV

Die Jäger-, oder Waidmannssprache hat ihren Ursprung bereits im 7. Jahrhundert. Sie setzt sich aus Fachbegriffen zusammen und gilt spätestens seit dem Mittelalter als eigene Zunftsprache. Wobei das nichts ungewöhnliches ist, zahlreiche traditionelle Handwerke haben über die Jahrhunderte eine eigene Sprachen etabliert. Bemerkenswert ist aber, wie viele der insgesamt 6.000 Redewendungen und Fachwörter ihren Weg in die Alltagssprache gefunden haben. Auslöser war vermutlich die präzise, weil sehr bildhafte, Sprache. Anlässlich des Tages der deutschen Sprache stellt der Deutsche Jagdverband (DJV) die Eigenarten der Jägersprache vor.

Beobachtungen präzise beschreiben

Mit dem Vokabular können Jäger Beobachtung in der Natur und das Verhalten der Tiere kurz und präzise beschreiben. Ein Beispiel: "Der noch rote Hirsch zog orgelnd auf dem Wechsel in den Einstand", heißt für einen Jäger das der Hirsch im Sommerfell mit lautem Röhren sein Revier markiert und dabei auf dem Weg in seinen bevorzugten Waldteil den selben Pfad benutzt, den er schon immer gegangen ist. "Hab ich doch gesagt!", könnte jetzt ein Jäger rufen.

Redewendungen, die jeder kennt

In unserer Alltagssprache finden sich heutzutage Redewendungen aus der Jagd, die jeder kennt. Etwa "Zu wissen wie der Hase läuft": Jemand kennt sich aus. Der Jäger wiederum weiß, dass der Hase, wenn er aus seiner Sasse (Ruheplatz) aufgescheucht wird, in einem großen Bogen zu dieser zurückkehrt. Oder "Jetzt bin ich am Drücker!": Der Jäger hat also den Finger am Abzug seiner Waffe und ist schussbereit. In der Alltagssprache ist eine Person gut vorbereitet und hat die volle Entscheidungsgewalt. "Du bist mir aber schön auf den Leim gegangen!", könnte jemandem zu seinem Freund sagen, den er zuvor veräppelt hat. Ihren Ursprung hat diese Redewendung in einer altertümlichen Jagdart, für die Jäger Rastplätze von Vögeln mit Leim beschmiert haben. Die Jägersprache darf allerdings nicht mit dem Jägerlatein verwechselt werden. Dabei handelt es sich um übertriebene Jagderzählungen, ähnlich dem Anglerlatein oder dem Seemannsgarn.

Beliebte Redewendungen im Überblick:

"…Lunte riechen …"   
Bei der Jagd mit Gewehren wurde früher das Schießpulver mit einer Lunte, also einer langen Zündschnur, gezündet. Dies war meist eine in Salpeter getränkte Baumwollschnur. Wollte der Schütze einen Schuss abgeben, so drückte er die glühende Schnur mit dem Abzugsmechanismus in das Schießpulver. Dieses Verfahren war nicht nur umständlich, es hatte auch den Nachteil, dass das Wild die Lunte roch: Salpetergeruch bedeutete Gefahr, das Wild flüchtete. Wenn jemand heutzutage eine Gefahrensituation rechtzeitig erkennt, dann hat er Lunte gerochen.

"…jemandem etwas ans Bein binden…"    

Da es früher ausschließlich dem Adel vorbehalten war, auf die Jagd zu gehen, wurden den Hunden der einfachen Bevölkerung ein Knüppel ans Vorderbein gebunden. Dadurch wurde der Hund daran gehindert, Wild nachzustellen oder es zu erlegen. Aus diesem Kontext leitet sich die heute bekannte Redewendung ab: Bindet man jemandem etwas ans Bein, erschwert man dieser Person das Leben oder drückt ihr eine schwere Aufgabe auf.
 
"…Zielwasser trinken"

Der Elfmeter beim Fußball geht neben das Tor, typische Reaktion: "Der hätte mal mehr Zielwasser trinken sollen." Seinen Ursprung hat die Redewendung in der Jagd: Schnaps sollte im 19. Jahrhundert die Treffsicherheit erhöhen, da der Alkohol den Schützen beruhigt und so das Zielen erleichtert. Heute ist Alkohol vor und während der Jagd tabu.

"…am Drücker sein…"   

Hat der Jäger den Finger am Abzug seiner Waffe, dann ist er am Drücker. Der Jäger war somit unmittelbar davor, einen Schuss abzufeuern. Ist jemand am Drücker, versteht man heute darunter, dass eine Person etwas vorbereitet hat und über volle Entscheidungsgewalt verfügt.

"…die Löffel spitzen…"    
Wenn ein Hase Gefahr wittert, richtet er die Löffel (Ohren) auf, und dreht sie in alle Richtungen, um mögliche Gefahren besser wahrzunehmen. Jäger nennen diesen Vorgang "die Löffel spitzen". Daraus abgeleitet hat sich die Redewendung, die häufig gebraucht wird, wenn besondere Konzentration und Aufmerksamkeit gefordert ist.

"…zur Strecke bringen …"   
 
Ist das Wild nach einer Treibjagd erlegt, ist es zur Strecke gebracht worden. Der Ausdruck nimmt darauf Bezug, dass das erlegte Wild von den Jägern zusammengetragen und am Sammelpunkt nach einer bestimmen Ordnung aufgereiht wird. Dieser Vorgang wird auch "Strecke legen" genannt. Heute benutzt man die Redewendung, wenn beispielsweise ein Straftäter überwältigt und festgenommen wurde.

"…in die Binsen gehen…"    
Bei der Jagd auf Enten kann es passieren, dass sich das Tier in die Binsen flüchtet - Gräser, die im und am Wasser wachsen und nur schwer zugänglich sind. Die Chance, das Tier in diesem dichten Gewächs zu finden, ist zumindest ohne ausgebildeten Hund gering. Aus diesem Grund steht die Phrase heutzutage für einen herben Verlust oder eine misslungene Aktion in einer durchaus aussichtsreichen Situation.
 
"…auf den Leim gehen…"
Bevor der Jäger mit Flinte, Büchse und Co. auf Jagd ging, musste er sich anderer Hilfsmittel bedienen: Bei der Jagd auf Vögel wurden die bevorzugten Rastplätze mit Leim beschmiert. Einmal dort hineingesetzt, kam das Federvieh nicht mehr weg und konnte vom Jäger eingesammelt werden. Mit fortschreitender technischer Entwicklung wurde diese spezielle Jagdpraktik jedoch nicht mehr angewendet. Auch heute steht der Satz dafür, dass eine Person auf eine Täuschung reingefallen ist. RED


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