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»Man muss den Job lieben, sonst wird das nix«

Nachts zu arbeiten bedeutet für viele Mitarbeiter im Hermeskeiler Krankenhaus tagsüber Zeit für die Familie zu haben. Es bedeutet aber auch, oftmals täglich an die eigenen Grenzen zu stoßen und dennoch immer liebevoll und freundlich zu den Patienten zu sein.

Freitagabend, 22 Uhr: Schwester Silvia Speicher ist seit gut einer Stunde im Dienst. Die meisten Patienten schlafen, nur in drei Zimmern brennt noch Licht. In den nächsten Stunden muss die Nachtschwester auf der Station 4 immer wieder nach dem Rechten sehen, ihre meist älteren Patienten »umlagern«, damit sie nicht wund werden, Fieber messen, Schmerzmittel oder ein Antibiotikum geben oder aber auch Windeln wechseln. Und immer nimmt sich die Schwester Zeit für ein paar aufmunternde Worte und die eine oder andere »Streicheleinheit« als »Medikation für die Seele am Krankenbett«, wie sie es formuliert. Unterstützt wird sie in dieser Nacht auch von "Springer-Nachtwache" Louba Palzkill, die den Job seit sieben Jahren macht. Louba Palzkill macht ihren Job gerne: "Wir sind hier eine große Familie", sagt sie. Besonders freut sich sich immer darüber, wie schnell die Patienten ihren Namen kennen und ihn sich merken, denn auf Deutsch bedeutet Louba Liebe - ein Wort, das vor allem bei der Arbeit in einem Krankenhaus von großer Bedeutung ist.
Hygiene ist das A und O
Station 4 verfügt über 16 Zimmer, davon sieben Isolierzimmer. Hierher kommen Patienten, die an einer ansteckenden Krankheit leiden. Angst, selbst einmal infiziert zu werden, hat Schwester Silvia nicht: » Hygiene ist das A und O, dann kann nichts passieren«, sagt die Krankenschwester, die seit mehr als 20 Jahren im Sankt- Josef-Krankenhaus Dienst macht. Es klingelt. Einer Patientin geht es nicht gut. Bevor es ins Zimmer geht, wirft Schwester Silvia einen Blick in die Krankenakte. Sie zieht Schutzkittel, Handschuhe, Haube und Mundschutz an – und rein geht es ins Zimmer. Die Patientin leidet an einem bösen Darminfekt. »Das bekommen wir aber wieder in den Griff«, da ist die Schwester sich sicher.  »Wir hatten auch schon schlimmere Fälle hier«. Alle Patienten haben das Krankenhaus als geheilt verlassen können. Schwester Silvia arbeitet im Drei-Schicht-Dienst. Immer mehr Bürokratie Sie liebt ihren Job, auch wenn es immer stressiger sei. »Die da oben haben gut reden«, sagt sie im Hinblick auf die immer umfangreichere Dokumentation der Krankheitsfälle. Denn wenn die nicht stimmt, gibt es Probleme bei der Abrechnung. 23 Uhr - Notaufnahme: Ein Verkehrsunfall am Stadtausgang Richtung Züsch. Ein Mann ist frontal in den Kleinwagen einer jungen Frau gekracht. In der Notaufnahme herrscht reges Treiben. Das Aufnahmezimmer platzt fast aus allen Nähten. Neben zwei Polizeibeamten ist auch das DRK-Rettungsteam  vor Ort. Sie haben die Verunfallten ins Krankenhaus gebracht. Im Aufnahmezimmer kümmert sich Schwester Barbara Müller zunächst um die Patienten. Sie alarmiert auch den diensthabenden Chirurgen Kai Schühle, der sofort zur Stelle ist. Er untersucht die junge, leicht unter Schock stehende Frau. Auch im Nachtdienst sind immer drei Ärzte (Chirurg, Internist, Anästhesist) im Haus. Ebenso wie Mitarbeiter der Röntgenabteilung und dem Labor.
»An manchen Tagen ist hier viel los«, erzählt Schwester Barbara, die in Hermeskeil seit über 20 Jahren nur Nachtdienst macht, weil das besser mit der Familie zu machen sei. Auch Assistenzarzt Kai Schühle, der seit morgens 7 Uhr im Dienst ist, hatte noch keine ruhige Minute.
Zum Schlafen in dem eigens für den Bereitschaftsdienst geschaffenen Zimmer sei er noch nicht gekommen.  Natürlich sei der 24-Stunden-Dienst sechs Mal im Monat »super anstrengend«.  Wenn er da mal vier Stunden Schlaf bekommt, sei er schon froh. 1 Uhr - Intensiv-Station: Seit 16 Jahren arbeitet Silke Dupont hier im Nachtdienst.  »Ich liebe den Nachtdienst und die Arbeit lässt sich auch besser mit der Familie vereinbaren«, sagt die Saarländerin. Jeden Patienten im Blick
Ihre Kollegin Edith Wammer hingegen arbeitet im Drei-Schicht-Dienst. Während es auf den anderen Stationen nur eine examinierte Nachtschwester gibt, die durch eine angelernte »Springerin« - wie in dieser Nacht Louba Palzkill - unterstützt wird, sind auf der Intensivstation immer zwei Fachkräfte anwesend. Die Türen zu den Patientenzimmern stehen offen. Von der Zentrale der Intensivstation haben die Nachtschwestern alles im Blick. Immer wieder piept der Computer, der  Blutdruck, Blutsättigung und -Sauerstoffgehalt, die Herzfrequenz und jede Reaktion der Patienten vermeldet. So können innerhalb Sekunden die notwendigen Maßnahmen getroffen werden.
2 Uhr - Station 3 (Chirurgie)
:    Krankenschwester Irina Klein, seit 20 Jahren auf der Station, und Azubi Tim Schaefer (3. Ausbildungsjahr) sind im Dienst.  Tim Schaefer findet seine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger  total interessant: „Das Wissen, das ich hier erhalten habe, ist fast zu vergleichen mit dem eines Arztes“, so Tim Schaefer, der auf seine Ausbildung aufbauend vielleicht auch einmal Arzt werden möchte. Während seiner Ausbildung durchlief er alle Krankenhaus-Abteilungen. Besonders interessant fand er die Intensiv-Station mit der vielen Technik.   »Wir haben hier bis zu 53 Patienten. Es müssen Drainagen und Katheter gelegt und die Leute müssen schnell mobilisiert werden«, so Schwester Irina. Das alles brauche sehr viel Zeit, für die ein Tag oftmals nicht ausreiche. „95 Prozent unserer Patienten können bei ihrer Entlassung schon wieder gehen“, sagt Schwester Irina.  Jeder Patient habe seine eigene Geschichte und müsse dementsprechend betreut werden, und wenn dann noch ein Notfall hinzukomme, sei das manchmal schwierig. Man kann nicht alles und jeden mit nach Hause nehmen 3 Uhr – Station 2 (Innere): Krankenschwester Daniela Wilhelm hat Dienst. 17 Patienten befinden sich derzeit auf ihrer Station. Es ist Vollmond. Einige Patienten schlafen schlecht. Das sogenannte „Kriseninterventionszimmer“ – das einzige im Krankenhaus Hermeskeil -  ist ebenfalls belegt. Dorthin kommen Menschen, denen es überhaupt nicht gut geht, die aufgrund ihrer Erkrankung möglicherweise nicht mehr lange leben werden, und die ihre Angehörigen um sich haben dürfen. Denn auch das sei wichtig. Eine belastende Situation – für die Angehörigen, aber auch für das Pflegepersonal. „Man muss lernen abzuschalten, man kann nicht alles und jeden mit nach Hause nehmen“, sagt Schwester Daniela, die seit sechs Jahren im Hermeskeiler Krankenhaus Dienst tut. Oft sei der Job belastend und auch anstrengend. „Entweder hasst man ihn oder man liebt ihn“, findet Schwester Daniela. „Die Patienten geben ja auch viel zurück“, so die Schwester mit der sozialen Ader, denn auch ohne die ginge es nicht.
Nachts schreibt es sich ruhiger Neben der Arbeit der Ärzte, Schwestern und Pfleger herrscht aber auch an einem anderen Ort im Krankenhaus noch geschäftiges Treiben. 3.20 Uhr - Foyer/Empfang: An der Pforte sitzt Monika Rausch. Sie hat die Stöpsel im Ohr und ist fleißig am Tippen. Seit sieben Jahren  ist sie im nächtlichen Schreibdienst. Es ist zwanzig nach drei. „Ich habe schon acht Akten weggetippt“, verrät die Frau aus Beuren und schaut kein bisschen müde aus. Es sei eine große Entlastung, nachts in Ruhe arbeiten zu können. Monika Rausch arbeitet an 15 bis 17 Nächten im Monat. An der Pforte sei es nachts meist ruhig. Doch natürlich kommen auch nachts Menschen mit Beschwerden. Es ist gleich halb vier. An der Pforte schellt es. Ein prüfender Blick und Monika Rausch öffnet die Tür. Es ist ein Mann, der gestützt von einer Frau ins Krankenhaus gebracht wird. Der Mann habe schreckliche Bauchschmerzen, berichtet die Frau. Monika Rausch sagt im Aufnahmezimmer bei Schwester Barbara Bescheid. Während der Mann ins Untersuchungszimmer gebracht wird, kümmert sich Monika Rausch wieder um ihre Akten. Nach der Schicht will sie erst einmal drei bis vier Stündchen schlafen und dann ein wenig mit dem Hund spazieren gehen, einkaufen, kochen, Familie eben... Am Abend vor ihrer Schicht wird sie sich noch einmal für drei, vier Stündchen hinlegen. „Mit Oropax in den Ohren geht das“, verrät sie schmunzelnd. Alltag in einem Krankenhaus… FIS


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