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Claudia Neumann

"Mandern hilft" mit Herz und Hand

Die Ortsgemeinde Mandern hat mit Unterstützung von Feuerwehr und Vereinen kurzfristig und unbürokratisch Häuser für ukrainische Flüchtlinge hergerichtet. Auch Privatpersonen stellten Wohnraum zur Verfügung. Wir haben zwei der Familien besucht, die jetzt hier Zuflucht gefunden haben.

Mandern (rh). In der Küche von Familie Grundhöfer wurden eben noch Pfannkuchen gebacken. Am großen Esstisch sitzen die Eltern mit ihren sechs Kindern und bilden mit ihren Händen einen großen Kreis. Ein Bild des Friedens und des Familienglücks. Doch dieses Bild täuscht in einem entscheidenden Punkt: es sind nicht die Grundhöfers, die friedlich am Tisch sitzen, sondern die Familie von Nataliya und Siarhei aus Lviv in der Ukraine. Der Krieg dort hat sie nach angstvollen Tagen der Flucht in den Hochwald verschlagen und die Menschen aus Mandern haben sie mit großer Hilfsbereitschaft empfangen.
 
»Mandern ist für seinen Zusammenhalt und sein Engagement bekannt«, erklärt Ortsbürgermeister Tim Kohley, der hauptberuflich Kriminalhauptkommissar ist. Er denkt dabei besonders an einen ganz bestimmten Tag: »Am 27. Februar kamen alle Mitglieder des Gemeinderates, die Vorsitzenden und Leiter der ortsansässigen Vereine, der Feuerwehr und der katholischen Frauengemeinschaft zu einer Beratung zusammen. Wir waren uns dann alle sehr schnell einig, dass wir den Flüchtlingen sofort und unbürokratisch helfen werden.« Mit Stolz fügt er hinzu: »Daran hatte ich nie Zweifel. Ich kenne meine Leute.«
 
Und er behielt Recht, denn innerhalb von nur einer Woche wurden vier leerstehende Häuser mit gemeinsamen Kräften bezugsfertig gemacht: Küchenzeilen wurden eingebaut, die Räume mit Möbeln ausgestattet und Kühlschränke mit Lebensmitteln gefüllt. Bereits am 6. März zogen die ersten Familien ein. Die vier Häuser sind Teil eines großen Senioren-Wohn-Projektes und erfuhren durch die aktuelle Situation eine unerwartete Umnutzung. Zwei weitere Häuser wurden von Privatpersonen zur Verfügung gestellt.
 
»Lasst uns gemeinsam anpacken!«
 
In der Gartenfeldstraße 10 tobt unterdes das pralle Familienleben: der dreijährige Alherd ist hingefallen und sucht Trost auf dem Schoß von Papa Siarhei, während sich dessen älterer Bruder Alaj genussvoll einen Pfannkuchen in den Mund stopft. Seine Mutter, die 41-jährige Nataliya Lahrinenka-Starodub, berichtet, mal lächelnd, mal ernst, was damals geschah: »Wir kommen ursprünglich aus Belarus. Wir hatten dort ein gutes Leben: ich als Psychologin mit eigener Praxis und mein Mann als IT-Fachmann. Doch aus politischen Gründen mussten wir 2020 in die Ukraine fliehen. In Lviv konnten wir schließlich unser sorgenfreies Leben wieder aufnehmen.«
 
Doch dieses Glück hielt nicht lange und am frühen Morgen des 24. Februar waren sie wieder auf der Flucht, die sie nach Mandern führte. Auf die Frage, wie sie all das verkraftet haben, hat sie eine Antwort, die angesichts ihrer Lage und der vieler Menschen in der Ukraine wie Balsam für die Seele wirkt: »Was uns alle aufrecht hält, ist Dankbarkeit. Jeden einzelnen Tag sitzen wir zusammen am Tisch, halten unsere Hände und danken all den Menschen, die uns ein Dach über dem Kopf, Kleidung und zu Essen gegeben haben. Und wir haben Hoffnung bald wieder in die Ukraine zurückzukehren und unser glückliches Leben wieder aufnehmen zu können.« Sie lächelt dabei so strahlend, als wäre dies schon Wirklichkeit.
 
Ganz ähnlich erging es der Familie von Tatiana Maksimchuk. Sie wohnt zusammen mit ihren drei Kindern und der Freundin Olena in einem der vier Häuser. Doch anders als bei Nataliya ist Tatianas Mann in Kiew geblieben: er verteidigt als Soldat sein Land. Er war es und ihre Kinder Mariaa, Kseniia und Mykolai, die sie zur Flucht gedrängt hatten. »Ich wollte nicht weg. Wir haben ein großes Haus und ich liebe meine Arbeit«, erinnert sich die 41-Jährige und bricht dabei in Tränen aus. Ob und wann die Familien wieder in ihre Heimat zurückkehren können, ist völlig unklar.
 
Doch solange werden die Menschen vom Projekt »Mandern hilft« ihnen weiter ihre Unterstützung anbieten, da ist sich Tim Kohley ganz sicher. Und er hat eine Botschaft für uns: »Wenn jeder etwas tut, können wir auch diese humanitäre Katastrophe bewältigen. Wir Deutschen haben das schon oft genug bewiesen. Also: lasst uns gemeinsam anpacken!«


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