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Was heißt hier fremd? – Das Andere und sich selbst verstehen

Unter dem Motto "Was heißt hier fremd?" stand die Projektwoche der Geschwister-Scholl-Berufsschule in Saarburg. In den mehr als 30 Projekten mit den Titeln "Wie begegnen wir Vorurteilen?", "Mein Alltag – Dein Alltag – Unser Alltag" oder "Treffpunkt der Kulturen" setzten sich die Schüler in integrativen Gruppen mit dem Thema Menschenfeindlichkeit und Intoleranz auseinander. Passend zu dem Thema hatte die Schule die junge Autorin und Bloggerin Rasha Khayat eingeladen. Sie las aus ihrem Erstlingswerk "Weil wir längst woanders sind" vor.

Rasha Khayat, die im Ruhrgebiet geborene und in Saudi-Arabien aufgewachsene Tochter einer Deutschen und eines Arabers fühlt sich in beiden Kulturen wohl. Seit zehn Jahren lebt sie in Hamburg. Sie ist freiberufliche Übersetzerin aus dem Englischen und dem Arabischen und pflegt einen eigenen Blog "West-Östliche Diva – Das Deutsche Fenster zu Arabistan". Nach vielen Lesungen in Deutschland liest sie nun zum ersten Mal für Schüler.
Weder Fisch noch Fleisch "Fremdheitserfahrungen machen wir alle einmal. Und in unserer Zeit nimmt dies zu. Vor allem das Aufeinandertreffen mit Flüchtlingen schafft erst einmal ein Gefühl von Anderssein. Und was passiert, wenn man sich keiner Kultur zugehörig fühlt?" Eindrucksvoll schildert Rasha Khayat dies in ihrem Erstlingswerk "Weil wir längst woanders sind!" Die Welt Saudi-Arabiens erscheint dem Leser und Zuhörer in schillernden, lauten und duftenden Farben. Basil, der Protagonist, ist auf der Reise zur Hochzeit seiner Schwester Layla in Saudi-Arabien. Die beiden sind in Deutschland bei ihrer deutschen Mutter aufgewachsen. Der Vater, ein Arzt, starb kurz nach dem Umzug mit den Kleinkindern nach Deutschland. Doch obwohl Basil in Arabien geboren ist, arabisch aussieht und immer noch ein wenig Arabisch beherrscht, ist ihm die ganze Situation seiner Schwester unangenehm. An die deutsche Kultur gewöhnt, sagt ihm nun das mittlerweile Fremde und Andere gar nicht mehr zu. Die Autorin erklärt das Verhalten Basils folgendermaßen: "Es ist die ‚deutsche Position‘ aus der ich ja auch komme". Der junge Mann nimmt die Welt so wahr, wie es auch die Autorin tun würde. So stellt sie sich die gleiche Frage, wie Basil dies in dem Buch tut: "Weshalb heiratet man in ein Land, in dem man vermeintlich weniger Rechte hat?" Liebe und Wärme Layla selbst sagt, sie wurde in eine Religion geboren, mit der sie nichts zu tun hat. Khayat bezeichnet die fluchtartige Reise und endgültige Auswanderung Laylas – die 20 Jahre ihres Lebens in Deutschland verbracht hatte – als ein "Weggehen und zufälliges Ankommen" in Arabien. Hier bei der väterlichen Verwandtschaft bekommt sie Liebe und Wärme, die ihr in Deutschland fehlten. Und sie wird angenommen, ohne sich bemühen zu müssen. Für den Westen war sie immer die Andere. Es gab keine Zugehörigkeit und keine Heimat, die sie nun gefunden hat. Doch mit Layla hat Rasha nicht viel gemein. "Ich identifiziere mich mit keinem von beiden richtig", sagt sie. Für die Autorin ist Hamburg Heimat, auch wenn sie immer gerne auch in Dschidda ist. Weil die Geschwister längst woanders sind Der Clash zwischen den Kulturen kulminiert, als Basil gezwungen wird, sich beim Junggesellenabschied seines zukünftigen Schwagers der Kultur zu ergeben. Sein Innerstes wehrt sich und es kommt zu einem Faustschlag. So wie Layla in der Kultur aufgeht, so geht Basil in ihr unter. Da merkt der Leser, dass die Geschwister längst woanders sind. Jeder lebt in einer anderen Welt. Layla hat Zufriedenheit in Arabien gefunden. Basil findet hier jedoch keine. »Weil wir längst woanders sind" spricht von der Sehnsucht nach Zugehörigkeit. Dem Dasein als bikulturell geprägter Mensch und der Schwierigkeit der Integration. Ein hochaktuelles Thema, das alle anspricht. Davon zeugt nicht nur die bereits zweite Auflage des Buches.  Die Lesung stieß auf deutliches Interesse bei den Schülern, die in der Diskussionsrunde Fragen stellten und darüber hinaus auch danach Rasha Khayat in kleiner Runde Begeisterung entgegenbrachten.

Online-Blog

Ihr Blog "West-Östliche Diva – Das deutsche Fenster zu Arabistan", den Rasha Khayat seit 2010 pflegt, dient ihr als Plattform bikulturelle Erfahrungen und Empfindungen zu teilen. Dabei geht sie auch auf aktuelle Debatten ein und regt in unkompliziert klarer Sprache zu sozialkritischem Denken an. SF


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