"Wir sind keine Brunnenvergifter"
Vor der Tür steht eine ganze Reihe Traktoren. Sie tragen Schilder mit der Aufschrift "No Farmers. No Food. No Future" (keine Bauern, kein Essen, keine Zukunft) oder "Ist der Bauer ruiniert, wird dein Essen importiert". Wie ernst die Lage ist, zeigt sich auch an den vielen Besuchern, die ins Jakobushaus nach Fisch gekommen sind. Der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt, einige müssen stehen. Die Landwirte der Interessengemeinschaft Saargau haben zu einem Infoabend eingeladen. Mit dabei sind Kollegen aus der Eifel und dem Saarland. Klaus Schackmann von der DLR (Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum) Bitburg und Dr. Olaf Roller (ADD) informierten die Landwirte über notwendige Maßnahmen und Meldepflichten zur neuen Düngeverordnung. Diese ist den Landwirten ein Dorn im Auge und sie machen ihrem Ärger an diesem Abend Luft.
"Wir sind nicht der Sündenbock"
"Wir sind nicht der Sündenbock", sagt Matthias Kohl, Landwirt aus Palzem (VG Saarburg-Kell) und Sprecher der IG Saargau direkt zu Beginn. "Wir sind keine Brunnenvergifter. Wir leben auch vom Trinkwasser." Es geht um die sogenannten "Roten Gebiete", die laut dort installierter Messstationen eine zu hohe Nitratbelastung im Grundwasser aufweisen. Als Ursache für die Überschreitung der Grenzwerte wird Dünger aus der Landwirtschaft gesehen. Um weiteren Strafzahlungen der EU zu entgehen, soll im Frühjahr 2020 deshalb eine neue Düngeverordnung in Kraft treten, die unter anderem eine Reduktion der Düngung auf 80 Prozent des Bedarfs oder Verbot der Herbstdüngung auf Ackerland vorsieht.Bauern fürchten um Existenz
Bundesweit gingen Bauern dagegen auf die Straße. Auch in der Region fürchten viele um ihre Existenz und die Zukunft ihres Berufsstandes. Daher sucht man das Gespräch mit der Politik. Eine Abordnung reiste im Dezember nach Mainz, wo sich der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) zwei Stunden Zeit nahm, um sich die Sorgen und Probleme der Landwirte anzuhören. Laut Wissing waren die Länder nicht an der Düngeverordnung beteiligt. Die "Roten Gebiete" seien ohne Rücksprache nach Brüssel gemeldet worden. "Damit wurden Fakten geschaffen, die nicht mehr revidiert werden können", erzählt Markus Faber, der am Treffen mit Wissing teilnahm. "Der Bund diktiert die Düngevorgaben und die Länder haben sie umzusetzen, aber keine Möglichkeit zu reagieren", erzählt Faber. Besonders in der Kritik steht dabei die willkürliche Platzierung der Messstationen.Keine einheitliche Reglung für Messstellen
Klaus Peter Weinand ist aus Bitburg angereist. "Für alles gibt es in Deutschland eine Norm, aber die Messstellen wurden Pi mal Daumen installiert. 30 Prozent liegen im Waldgebiet, 9 Prozent sogar in Städten. Liegt ein Wert im roten Bereich, wird das ganze Umland zum 'Roten Gebiet' erklärt". Auch sei das Netz der Messstellen nicht so eng, wie in anderen kleineren Ländern. So gibt es in Deutschland statistisch nur 0,4 Messstellen pro 1000 Quadratkilometer, im wesentlich kleineren Belgien sind es 99. Eine einheitliche Regelung wo und wie viele Messstellen installiert werden, gibt es nicht. Hier soll laut Minister Wissing eine genaue Überprüfung stattfinden. Bei einem Treffen mit Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) erfuhr Weinand, dass die Landesregierung weg von großen Gebieten will und jede Gemarkung erfassen will. Für die Landwirte eine unbefriedigende Lösung. "Das hier ist ein Versäumnis der Politik und man will jetzt mit aller Gewalt eine Verordnung durchbringen, um den Forderungen gerecht zu werden", lautet sein Fazit. "Es kann nicht sein, dass die Landwirtschaft als einzige Branche dafür an den Pranger gestellt wird", sagt er.