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Barney hielt Michelle in Afrika

Michelle Schreibers Leidenschaft sind die Affen in Südafrika. Um ihnen zu helfen, gründet sie eine Organisation.

Michelle Schreiber stand bereits am Check-In-Schalter am Flughafen im südafrikanischen Johannesburg, Da drehte sie um, schrieb ihrer Mutter eine Nachricht, dass sie am nächsten Tag niemand in Deutschland am Flughafen abholen müsse und macht sich auf den Weg zurück zu Barney. 600 Kilometer durch Südafrika – mit Zug, Bus, Bekannten und als Tramperin mit Unbekannten. Das war 2015. Heute ist der Bärenpavian Barney viereinhalb Jahre alt. Damals weckte er die Leidenschaft der heute 23-jährigen Michelle Schreiber aus Darscheid für Affen. »Nach dem Abitur wollte ich erst einmal ausreißen«, erzählt sie. Vielen Schulkameraden ging es ähnlich. Michelle Schreiber zog es nach Afrika. Der Kontinent faszinierte sie schon immer. Sechs Wochen Aufenthalt standen auf dem Plan. »Am Ende war ich nicht mehr das verträumte Mädchen vom Land«, sagt sie rückblickend. Es war die erste Reise ihres Lebens, die sie allein bestritt. Bis dahin waren es eher Mallorca-Pauschalreisen mit ihren Eltern.
Über eine Agentur buchte sie mehrere Hilfsprojekte, wo sie mitarbeiten wollte. Die ersten Wochen waren allerdings ein Schock. Die vermeintliche Auffangstation für Großkatzen bereitete die Tiere weniger auf ein Leben in Freiheit, sondern verkaufte sie viel mehr für die Jagd. »Dabei wollte ich doch den Tieren eigentlich helfen«, sagt Michelle Schreiber. Sie meldete sich bei der Vermittlung, doch die konnte von Deutschland aus nicht schnell reagieren. »Ich habe viel geweint, wollte nach zwei Wochen wieder nach Hause«, erinnert sich Michelle Schreiber: »Glücklicherweise waren fast gleichzeitig zwei Helferinnen aus der Schweiz und Belgien angekommen. Denen ging es genauso.« So stärkten sich die Drei gegenseitig und begannen die Zustände zu dokumentieren. »Manchmal wurden uns der Strom und das Internet abgestellt und wir wurden plötzlich zu viel Hausarbeit eingeteilt und von den Tieren ferngehalten.« Dennoch gelang es den jungen Frauen durch ihre Fotos, dass an diese Station inzwischen keine Helfer mehr vermittelt werden. Bald ging es für Michelle Schreiber zur nächsten Station. »Ich dachte, ich komme vom Regen in die Traufe«, sagt sie: Lehmhütten, Duschen und Toiletten im Freien, Schlafen im Sieben-bis-zwölf-Personen-Raum, keine Privatsphäre. »Aber ich konnte mich schnell daran gewöhnen«, berichtet sie. Der Umgang mit den Tieren – diesmal waren es Affen – war in der Auffangstation ein ganz anderer.  Dort wurden hilflose Babyaffen in Jahre langer Arbeit auf ein Leben in Freiheit vorbereitet. Einer von ihnen war Barney. Ein völlig panisches, verängstigtes kleines Äffchen, das nur schrie – und sich auf Michelle Schreiber stürzte, als er ankam. Er hatte sofort Vertrauen in die junge Frau gefasst und ließ sie nicht mehr los. »Ich war erst kurz zuvor angekommen und heillos überfordert«, erzählt sie: »Aber jedes Tier hat eine starke Persönlichkeit.« Die beiden spielten sich schnell ein. Er trank nur mit ihr aus der Flasche und ließ sich nur von ihr baden. Bald aber waren die sechs Wochen von Michelle Schreiber vergangenen. Ihr Weg führte sie wieder zum Flughafen – und schnell zurück: »Ich hatte Zweifel, dass Barney es ohne mich schafft.« Inzwischen besucht sie regelmäßig verschiedene Hilfsprojekte für Affen in Afrika. Sogar die Hochzeitsreise mit ihrem Mann Marc ging zu den Affen. Anfang 2020 möchte Michelle Schreiber, die in Trier Lehramt studiert, eine Organisation zum Schutz und Erhalt von Primaten gründen. Mit ihr will sie andere Freiwillige an Hilfsprojekte vermitteln und die Helfer auf ihre Aufgaben vorbereiten. Mit einer Crowdfunding-Kampagne möchten sie Geld sammeln, um dieses Ziel zu verwirklichen. Zahlreiche Eindrücke gibt es auf der Internetseite von Michelle Schreiber.
www.affisadventures.de


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