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"Das ist wieder ein Einstieg"

Die Kunden nehmen das Angebot wahr, aber es ist noch nicht bekannt genug, wie der Einzelhandel berichtet. Vor allem kommen die Menschen, um Kleidung anzuprobieren. Aber nicht alle Branchen profitieren.
Hereinspaziert! Helga Witter öffnet im »Jeanscenter Daun« die Türen für Kunden, die einen Termin vereinbart haben – die FFP2-Maske griffbereit am Arm. Foto: Mager

Hereinspaziert! Helga Witter öffnet im »Jeanscenter Daun« die Türen für Kunden, die einen Termin vereinbart haben – die FFP2-Maske griffbereit am Arm. Foto: Mager

»Ihr habt aber nicht auf, oder?«, fragt die Dame Helga Witter vor der Tür deren »Jeans­center Daun«. Dabei sieht es bei vielen Geschäften in Daun genau danach aus. Sie haben Ständer mit Waren – vor allem Bekleidung – auf die Straßen geschoben und viele Türen sind geöffnet. Eintreten dürfen Kunden aber nicht ohne Weiteres. Denn in Rheinland-Pfalz dürfen alle Einzelhändler zwar wieder Kunden in ihre Geschäfte lassen, aber noch nicht »so richtig« wie vor dem Lockdown. Als erstes Bundesland hat Rheinland-Pfalz dem Einzelhandel erlaubt, seit Montag Kunden in den Geschäften zu empfangen, wenn sie sich vorher angemeldet haben. Dabei gilt die Regel, dass sich nur Personen eines Hausstandes im Geschäft aufhalten dürfen und danach 15 Minuten gelüftet werden muss. Für Buchhandlungen, Blumenläden und Gartenmärkte fällt diese Regel ab kommendem Montag, 8. März, weg. Sie können dann wieder ohne Anmeldung besucht werden, allerdings mit begrenzter Kundenzahl. Das »Shoppen mit Termin« hat sich in der Bevölkerung allerdings noch nicht genug herumgesprochen. Das ist die einhellige Meinung der Einzelhändler, die der Wochenspiegel befragt hat. Angenommen wird das Angebot bei einem Großteil der Geschäfte trotzdem gut. Vor allem die Textilbranche scheint zu profitieren. Seit Beginn der Woche hat Helga Witter in ihrem »Dauner Jeanscenter« einiges zu tun. Die Leute seien glücklich über das »Termin-Shoppen« und nehmen es gut an. »Dazu lockt außerdem die Sonne«, sagt sie. Verunsichert seien ältere Menschen. »Ein älterer Herr hatte einen Pulli im Schaufenster gesehen und gefragt, ob er ihn anprobieren kann«, berichtet Helga Witter. Warum er zuerst einen Termin vereinbaren musste, habe er nicht ganz verstehen können. Glücklicherweise konnte Helga Witter ihn aber schon kurz darauf ins Geschäft lassen. Vor allem seien es allerdings Frauen, die den Laden besuchen. Auch im Gerolsteiner Wäschefachgeschäft von Monika Heinzen lassen sich vor allem Damen die Termine geben. »Es wird gut angenommen«, sagt Monika Heinzen, sagt sie: »Diejenigen, die sich melden, freuen sich sehr, dass sie wieder kommen können.« In erster Linie suchten die Damen nach BHs. Da sei eine Anprobe schließlich wichtig. Das gilt auch für Sport- und Wanderschuhe. Diese anzuprobieren ist momentan bei Intersport Blaumeiser in Gerolstein sehr gefragt, wie Ines Weber verrät. Aber auch das Interesse an Jeans und Jacken ist in den übrigen Blaumeiser-Bekleidungsgeschäften bei den Vor-Ort-Terminen gegeben. Die Möglichkeit des »Termin-Shoppens« werde gut angenommen und die Stimmung in der Stadt sei positiv, so Iris Weber: »Aber die Menschen lechzen danach, wieder in die Geschäfte zu kommen, wann und wie sie es wollen.« Außerdem könne das Geschäft so nicht wirtschaftlich arbeiten. »Wo wir sonst Personen aus drei oder vier Haushalten im Laden haben, sind es jetzt nur Personen aus einem Haushalt«, sagt Iris Weber. Nicht alle Geschäfte profitieren von der neuen Einkaufsregelung. Das Spiel- und Schreibwarengeschäft Kloep in Hillesheim hat zwar versucht, Termine anzubieten, doch angenommen wird es von den Kunden nicht. Es lohne daher nicht, Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu holen, die das Telefon betreuen und das Geschäft aufschließen, heißt es dort. Der Aufwand sei höher, als wenn das Geschäft geschlossen bleibe. Zwar stünden jeden Tag Leute vor der Tür, doch dass man zuerst einen Termin machen müsse, könne niemand nachvollziehen. Wenn man die Kunden aber dennoch einlasse und dann »erwischt« werde, koste es Strafe – Geld, das der Laden momentan einfach nicht abwirft. Denn der anhaltende Lockdown geht dem Geschäft richtig an die Substanz. Das Überbrückungsgeld sei noch nicht geflossen, sagt man bei Kloep. Vor Mai sei damit laut Steuerberater wohl auch nicht zu rechnen. Doch so lange könne eben nicht mehr jeder warten.
Wenig Resonanz auf das »Shoppen mit Termin« erlebt auch das Elektrofachgeschäft EP Sünnen in Gerolstein. In der ersten Wochenhälfte zeigte kaum eine Handvoll Kunden Interesse daran. Diejenigen, die kamen, interessierten sich vor allem für Fernseher. Elektrokleingeräte sind der Hauptgrund, warum die Leute das Kaufhaus der J. Minninger KG in Daun aufsuchen. »Wer eine Kaffee- oder Küchenmaschine sucht, guckt sie sich gerne vorher an«, sagt Stefan Minninger. Andere Waren sei auch schon vorher bestellt und abgeholt worden. Rege genutzt werde die neue Variante des Shoppens seit Montag bei Minninger aber. »Was uns fehlt, sind die Kunden, die einfach mal gucken kommen«, sagt Minninger: »Aber ich finde gut, dass es jetzt so gemacht wird. Das ist wieder ein Einstieg in die ganze Geschichte.«


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