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Praxisschließung sorgt die Patienten

Etliche Menschen fürchten nach der angekündigten Schließung der Gerolsteiner Praxis von Dr. Norbert Brochhausen keinen neuen Hausarzt zu finden.
Was passiert nun mit den Patienten der Hausarztpraxis von Dr. Brochhausen? Einige fürchten um ihre medizinische Versorgung.

Was passiert nun mit den Patienten der Hausarztpraxis von Dr. Brochhausen? Einige fürchten um ihre medizinische Versorgung.

Bild: Darko Stojanovic/pixabay.de

Gerolstein (mjo). Die Ankündigung des Allgemeinmediziners Dr. Norbert Brochhausen, seine Gerolsteiner Praxis zum 31. März zu schließen, hat bei etlichen Patienten und Menschen der Region Besorgnis und in der Politik für Betriebsamkeit ausgelöst. Mehrere Patienten haben sich in offenen Briefen an Bürgermeister, Landrätin, Landespolitiker und Gesundheitsminister Clemens Hoch gewandt. Die zunehmend schwindende medizinische Versorgung der Region – unter anderem wurden die Geburtshilfestation in Daun und die Chirurgie in Gerolstein geschlossen – wird durch die Praxisschließung um eine Sorge reicher. Denn kaum ein Hausarzt nimmt noch neue Patienten auf, da die Praxen an der Belastungsgrenze arbeiten.
Im Gespräch mit dem WochenSpiegel nennt Brochhausen persönliche Gründe für die Schließung der Praxis. In den kommenden eineinhalb Jahren wird er sich die Qualifikation erarbeiten, um am Dauner Krankenhaus in der zentralen Notaufnahme tätig zu werden. Seit er die Schließung der Praxis publik gemacht hat, führte er zahlreiche Gespräche mit seinen Patienten. »Die Gespräche waren teilweise sehr emotional – auf beiden Seiten«, erzählt der Arzt: »Nach mehr als 22 Jahren als Hausarzt bauen sich mehr als nur Geschäftsbeziehungen auf.« Die meisten Patienten könnten seine Entscheidung nachvollziehen und wüssten, dass er Gründe für den Wechsel habe. »Es gab keine Vorwürfe, dass ich die Menschen im Stich lasse«, betont Brochhausen.
Wo es gehe, bemühe er sich, Patienten in anderen Praxen unterzubekommen. »Das kann ich leider nicht für alle Patienten machen. Deshalb orientiere ich mich da streng an Sachfragen«, betont der Arzt. Wichtig sei, wer am dringendsten eine medizinische Versorgung benötige. Er habe bereits mit vielen Kollegen gesprochen und Lösungen gefunden. Doch arbeite er bis zum 31. März noch voll als Hausarzt, daher liefen diese Gespräche alle noch zusätzlich. Für seine Nachfolge habe er gezielt nach Kandidaten gesucht, die seinen Vorstellungen entsprechend zur Praxis passen. Dazu habe er einige Gespräche mit potenziellen Nachfolgern geführt und ihnen auch offen erklärt, was die Übernahme der Praxis bedeute. »Hausarzt in einer Eifelgemeinde zu sein geht weit über eine Selbstständigkeit hinaus«, weiß Brochhausen aus Erfahrung. Das könne bis hin zu familiären Folgen haben. Keiner seiner Gesprächspartner habe Interesse gezeigt, die Praxis zu übernehmen.

Verbesserungen nur im Schulterschluss

»Die Nachfolger in Hausarztpraxen in der Gegend haben fast alle eine familiäre Bindung in die Region«, erklärt er. Die junge Ärztegeneration habe andere Vorstellungen und Prioritäten im Beruf als seine Generation, sagt Brochhausen. Die medizinsche Versorgung in der Region zu erhalten oder gar zu verbessern, funktioniere nur im Schulterschluss zwischen der Ärzteschaft, der Politik auf allen Ebenen, der Entscheidungsträger, der Kassenärztlichen Vereinigung – aber auch der Patienten. Auch letztere müssten sich umstellen. »Viele der liebgewonnenen Dinge wird es in Zukunft nicht mehr geben«, sagt der Mediziner. Als Beispiel nennt er, dass Hausbesuch künftig nicht immer vom Arzt wahrgenommen werden. »Aber auch eine gut ausgebildete Arzthelferin kann viele der Aufgaben genauso gut erfüllen«, weiß Brochhausen. Einzeldetails müssen man individuell angesichts der Gegebenheiten vor Ort regeln. Die Basis dazu müsse von der Politik geschaffen werden. »Jetzt ist die Zeit, Lösungen zu finden.«
Nach Bekanntwerden der Schließung haben CDU und SPD der Stadt Gerolstein haben offene Briefe verfasst, die Grünen der Verbandsgemeinde Gerolstein hat einen Brief an VG-Bürgermeister Hans Peter Böffgen versendet. »Inzwischen ist es für die Gerolsteiner Bürger nahezu unmöglich geworden, ortsnah einen Hausarzt zu finden, der sie als Patient oder als Patientin aufnimmt«, warnt die CDU: »Besonders immobile, ältere, pflegebedürftige und beeinträchtige Menschen sind nicht in der Lage, auf Arztpraxen in anderen Orten auszuweichen.« Alle drei Parteien weisen darauf hin, dass aufgrund des Alters einiger Hausärzte in den nächsten Jahren mit weiteren Praxisschließungen zu rechnen sei. So fordert die CDU unter anderem, einen Headhunter zu beauftragen, der einen Nachfolger sucht, und alle drei Parteien wünschen den Aufbau eines hausärztlichen Versorgungszentrums (HVZ) in Gerolstein zu prüfen.
Evi Linnerth, Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, weiß zu berichten, dass sich die Landtagsabgeordnete Astrid Schmitt bereits an die kassenärztliche Vereinigung (KV), die für die vertragsärztliche Versorgung zuständig ist, sowie an das Gesundheitsministerium gewandt hat. Die Kreisverwaltung erklärte, dass auch sie Gespräche mit der KV in die Wege geleitet hat, um herauszufinden, ob hier von kommunaler Seite unterstützt werden könne, um diese kurzfristig entstandene Versorgungslücke zu schließen. Auch die STadt und die VG Gerolstein sind in die Gespräche involviert, um die Situation aufzufangen. Die Schließung der Arztpraxis sei für alle kommunal Verantwortlichen mehr als überraschend gekommen, so die Kreisverwaltung. Eine vorzeitige Information zur Schließung sei nicht erfolgt.
 


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