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Abschied von den Kleinen

Richtlinien aus dem Bildungsministerium geben vor, welche Grundschulen noch eine Existenzberechtigung haben. Für einige Schulen in der Region sieht es düster aus.
Wohin geht die Fahrt? Grundschulkinder von 14 Schulen im ehemaligen Regierungsbezirk Trier werden sich  darauf vorbereiten müssen, womöglich künftig eine andere Grundschule zu besuchen.  Foto: rebel/ pixelio

Wohin geht die Fahrt? Grundschulkinder von 14 Schulen im ehemaligen Regierungsbezirk Trier werden sich darauf vorbereiten müssen, womöglich künftig eine andere Grundschule zu besuchen. Foto: rebel/ pixelio

Seit Februar liegt ein Leitlinienpapier des Bildungsministeriums vor,  das entscheidend für die Zukunft kleiner Dorfschulen ist. Hintergrund ist, dass laut Schulgesetz nur Grundschulen eine Existenzberechtigung haben, wenn sie mindestens eine Klasse je Klassenstufe umfassen. Das ist bei 49 Schulen in Rheinland-Pfalz nicht der Fall. Ausnahmen von der Mindestgröße sind zulässig, wenn die Schulen darlegen können, dass in den kommenden Jahren mit einem Anstieg der Schülerzahl zu rechnen ist, beispielsweise durch die Ausweisung neuer Baugebiete. Das trifft für acht Schulen im Land zu, in der Region sind es Reil und Veldenz (Kreis Bernkastel-Wittlich), die nun aufatmen können. Es bleiben also noch 41 Grundschulen, deren Schließung droht. Betroffen sind vier Schulen im Eifelkreis Bitburg-Prüm,  zwei im Vulkaneifelkreis,  fünf im Kreis Bernkastel-Wittlich und drei im Kreis Trier-Saarburg (siehe Extra).

Kaum eine Chance

Der Landesrechnungshof hatte die Landesregierung aufgefordert, ein Konzept für die Prüfung zu entwickeln. Das Bildungsministerium hat nun gemeinsam mit der Schulaufsicht »Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot« erarbeitet, um das Verfahren und die Kriterien verlässlich zu bestimmen. Kommunale Spitzenverbände, Interessenvertretungen der Lehrkräfte und Schulleitungen sowie die Eltern- und Schülervertretungen haben die Möglichkeit bis Ende Februar Stellung zu beziehen. Im Frühjahr starten die Prüfungen. Aus dem Ministerium heißt es, dass bei jeder Prüfung darauf geachtet werde, dass die Schüler kurze Schulwege haben, die nächste Grundschule gut zu erreichen und die Schülerbeförderung gesichert ist.  Ferner werde die Aufnahmekapazität benachbarter Grundschulen berücksichtigt. Die zu prüfenden Schulen haben nach Einschätzung von Bruno Reicherts, Mitglied des Landeselternbeirats und Elternsprecher an der Grundschule Bitburg-Nord »kaum eine Chance auf Bestand«. Schulausschuss und Elternbeiräte müssen zwar noch gehört werden, aber deren Beschlüsse sind für das Land nicht bindend. Allerdings kann die Landesregierung nicht ohne die Zustimmung des Bezirkspersonalrates für die öffentlichen Lehrkräfte an Grundschulen entscheiden (Paragraph 80 Abs.2 Nr.12 LPersVG).  Reicherts gibt zu Bedenken, dass Eltern schon jetzt ihre Kinder wegen der Ungewissheit nicht mehr an den betroffenen Schulen anmelden werden und diese ausbluten. Melanie Wery-Sims, Vorstandsmitglied der Linken im Kreis  Bernkastel-Wittlich  und Schulelternsprecherin der Grundschule Heidenburg erkennt diese Entwicklung bereits an der Heidenburger Grundschule.  Darüber hinaus fürchtet Reicherts, die anvisierten Schulschließungen seien erst der Anfang.  »Weitere Versuche von Schulschließungen werden in den kommenden Jahren folgen.« Er gibt weiter zu bedenken, dass als Folge der Umverteilung der Schüler auf andere Schulen  deren Grenzen hinsichtlich Raum und Personal bald an ihre Grenzen stießen.  »Das könnte zur Folge haben, das hier Kommunen sich über Schulerweiterungen oder gar Schulneubauten Gedanken machen müssen, um in naher Zukunft den Schülerzahlen gerecht zu werden.«   Das Land hingegen hat angekündigt, in diesem Jahr 310 Lehrerstellen zu streichen. Reicherts dagegen fordert höhere Investitionen in die Bildung und weist kritisch darauf hin:     »Aus dem Landesetat für den Bildungsbereich fließen zwei Drittel allein in Pensionsrückstände der Beamten und Lehrer.«

Gewisse Spielräume?

Der Eifeler CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen bezeichnet die Grundschulpolitik von Ministerin Stefanie Hubig als »Bildungspolitik zum Abwinken«. Er kündigt an, für jede Grundschule in seinem Wahlkreis bei der Bildungsministerin nachzufragen, warum die Landesregierung diese Grundschulen infrage stelle. Die betroffenen Grundschulen fordert er auf,  ihrerseits die Argumente für den weiteren Bestand oder anderweitige organisatorische Veränderungen zu erarbeiten, »damit wir im ländlichen Raum unsere Maxime `Kurze Beine – kurze Wege´ zum Wohle des Kindes weiterhin umsetzen können«, so Billen. Marco Burbach, Kreisvorsitzender der Linken in Bitburg, übt ebenfalls Kritik: »Gerade kleine Schulen vor Ort leisten weitaus mehr im Bereich Inklusion als dies an großen Schulen möglich ist. Wer Grundschulen unter Finanzierungsvorbehalt stellt, der trägt zu einem weiteren Ausbluten ländlicher Regionen bei.«Edgar Haubrich, Ortsbürgermeister von Preist und im Hauptberuf Jurist,  ist der Ansicht, dass die Formulierungen der Richtlinien nicht eindeutig sind, sondern »gewisse Spielräume« lassen.   Haubrich will mit der VG als Schulträger, der Ortsgemeinde und Eltern Argumente für den Erhalt der Preister Schule erarbeiten. »Das nächste ist eine gemeinsame Resolution. Wir werden für den Erhalt kämpfen«, so Haubrich. VG-Bürgermeister Manfred Rodens hat sich bei der ADD bereits schriftlich gegen eine Schließung ausgesprochen.Auch Auws Ortsbürgermeister Peter Eichten hätte kein Verständnis für die Schließung der Grundschule. »Für eine Ortsgemeinde wie Auw ist es essentiell wichtig eine Kita und eine Grundschule zu haben. Der Schaden würde sicher den Nutzen überwiegen.«  Die Grundschule in Bleialf habe gar nicht die Kapazitäten, um 33 Kinder aus Auw zu übernehmen.  Petra-Claudia Hogh, Ortsbürgermeisterin in Malborn sagt, dass die betreuende Grundschule in Trägerschaft der Ortsgemeinde weder in diesem noch im nächsten Jahr geschlossen werde. Im Rahmen der Kommunalreform könne es ebenfalls noch zu Veränderungen kommen, die derzeit noch nicht abzusehen seien. »Wichtig ist in jedem Fall die Feststellung, dass hier nicht einfach Schließungen verfügt werden, sondern gewissenhafte Einzelfallprüfungen erfolgen werden«. Die Gemeinde werde weiterhin ein qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot bereit stellen, das sich auch vor Angeboten im Ganztagsschulbereich nicht verstecken müsse. So werden in Malborn zum Beispiel frisch gekochtes Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung und verschiedene AGs angeboten. »Diese Errungenschaften werden wir gerade vor dem Hintergrund der Steigerung unserer Schülerzahlen von 18 auf nun 28 nicht einfach dem Sparzwang des Landes opfern,« so die Bürgermeisterin. Vom Träger der Grundschule in Morbach gibt es dazu eine klare Aussage: "Der Schulstandort Haag bleibt bestehen", teilt Bürgermeister Andreas Hackethal mit.  (bil/ste)

Mitdiskutieren

Wer mit Elternvertretern schulpolitische Themen diskutieren möchte, hat die Gelegenheit:  Der Landeselterntag findet am Gymnasium Gerolstein am 20. Mai statt und der Regionalelterntag des Schulbezirkes Trier am 23. September am Gymnasium Hermeskeil. Fragen können auch direkt an Bruno Reicherts vom Bundeselternrat- und Landeselternbeirat RLP gerichtet werden: Tel. 0160-90548426.

Prüfschulen

An folgenden regionalen Grundschulen (436 Kinder) droht die Schließung: Eifelkreis Bitburg-Prüm:
Bleialf/Auw (33 Schüler), Oberkail (36 Schüler), Preist (37 Schüler), Karlshausen (39 Schüler)
Vulkaneifelkreis: Neroth (29), Wallenborn (36)
Kreis Bernkastel-Wittlich:
Malborn (28), Morbach (30), Wintrich (31), Heidenburg (31), Monzelfeld (43).  Reil (30) und  Veldenz (31) werden nun doch nicht überprüft, weil die Schulbehörde in den nächsten fünf Jahren erwartet, dass wieder drei Klassen gebildet werden können.
Kreis Trier-Saarburg:  Schöndorf (15), Trittenheim (29), Greimerath (29)


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