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Medizinisches Kaudawelsch, das auch die Oma versteht

Diese Situation kennt jeder: Man kommt nach dem Arztbesuch nach Hause, hält den Befund in der Hand und...versteht kein Wort. Ohne Medizinstudium ist der vorliegende Text kaum zu entziffern. Wer dennoch wissen möchte, welche Krankheit der Arzt genau entdeckt hat und welche Behandlung empfohlen wird, für den bietet das Internetportal »washabich.de« Hilfe.

Mitbegründer und Geschäftsführer des Dresdener Unternehmens "Was hab' ich?" ist Ansgar Jonietz aus Metterich (Eifelkreis Bitburg-Prüm). Mit Hilfe ehrenamtlicher Medizinstudenten und Ärzte übersetzt das Start-up "Was hab' ich?" Befunde in eine für Laien verständliche Sprache. Der Service ist für den Einsender komplett kostenlos. Mit dieser Idee scheint das Unternehmen den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Die Nachfrage ist riesengroß. Mehr als 30.000 Befunde hat "Was hab' ich?" seit seiner Gründung 2011 übersetzt. "Wir können uns vor Anfragen aus ganz Deutschland kaum retten", berichtet Ansgar Jonietz. "Mit dem Bearbeiten der jährlich etwa 5000 Befunde kommen wir kaum hinterher." Angefangen hat das Projekt mit einer ganz spontanen Idee. "Meine Freunde Anja und Johannes Bittner, beide damals Medizinstudenten, wurden immer wieder von Familienmitgliedern und Bekannten gebeten zu erklären, was der Arzt ihnen aufgeschrieben hatte. Also stellten wir uns die Frage, was macht ein Patient, der seinen Befund nicht versteht", so Jonietz. "Natürlich kann man heutzutage im Internet nach den medizinischen Begriffen suchen, aber diese dann auch richtig einzuordnen ist für Laien kaum möglich. Daher dachten wir, wir probieren das mit `Was hab' ich?´ mal aus. Unser Ziel war, einen Befund so zu übersetzen, damit es auch meine Oma verstehen kann. Nach vier Tagen war unsere Seite schon online." Ein Service für alle Patienten Seitdem hat sich die Projekt-idee sehr erfolgreich weiterentwickelt. Neben Geschäftsführer Ansgar Jonietz gehören zurzeit eine Kommunikationswissenschaftlerin, drei Ärzte in Vollzeit und zwei Softwareentwickler zum Team. Zudem arbeiten über 100 Medizinstudenten und Ärzte ehrenamtlich für "Was hab' ich?" und übersetzen die eingereichten Befunde. Johannes Bittner, der ebenfalls aus dem Eifelkreis stammt, und seine Frau Anja widmen sich inzwischen anderen Projekten und sind nicht mehr im Unternehmen tätig. Das Dresdener Start-up ist eine gemeinnützige GmbH und daher zurzeit vor allem auf Spenden und Fördermittel angewiesen. "Wir sind nicht gewinnorientiert, sondern wirkungsorientiert", erklärt Jonietz das Firmenkonzept. Die Finanzierung des Unternehmens ist somit zu Jahresbeginn immer etwas unsicher. Von den Patienten Geld für die Befundübersetzung zu verlangen kam für die Unternehmensgründer nicht in Frage. "Unseren Service soll jeder nutzen können. Auch Patienten mit geringen finanziellen Möglichkeiten. Dafür erhalten wir jedoch von vielen Patienten Spenden", so der Geschäftsführer. Einige Einkunftsquellen neben Patientenspenden gibt es allerdings: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung schießt jährlich 50.000 Euro zum Firmenbudget zu. Auch von der Bertelsmann-Stiftung gab es Geld für einen Befunddolmetscher. Unterstützung erhält "Was hab' ich?" reichlich. So beschloss der Deutsche Ärztetag 2015 einstimmig eine ideelle Unterstützung. Zudem existiert auch eine Zusammenarbeit mit dem Marburger Bund und dem Hartmannbund. Zu den prominenten Botschaftern der Dresdener zählen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sowie der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen. Neues Projekt: Patientenbrief Eine zusätzliche Einnahmequelle für die Zukunft erhofft sich Ansgar Jonietz vom Projekt "Patientenbrief", das ebenfalls vom Ministerium gefördert wird. Der Patientenbrief ist ein Entlassbrief für Krankenhauspatienten, in dem die betroffenen Personen auf wenigen Seiten verständlich über ihre Krankheit, Diagnostik und Behandlung aufgeklärt werden. "Das Projekt haben wir mit der Klinikkette Paracelsus entwickelt", so der 32-Jährige. "Zurzeit wird der Patientenbrief in der Paracelsus-Klinik Bad Ems seit eineinhalb Jahren in einem Pilotprojekt getestet. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr gut. Der Patientenbrief ist für uns eine Möglichkeit, mit der Befundübersetzung langfristig Geld zu verdienen, da die Kliniken uns in diesem Fall die Leistung bezahlen." Die Idee von "Was hab' ich?" kommt an. Von Patienten gibt es eine hohe durch die Bank positive Rückmeldequote. "Wir konnten durch unsere Arbeit die Arzt-Patientenkommunikation schon deutlich verbessern und damit auch die Gesundheit des Patienten fördern", freut sich Ansgar Jonietz. "Wir erhalten zahlreiche Rückmeldung, in denen uns die Patienten schildern, dass sie nun ihre Krankheit und ihre Behandlung besser verstehen und daher dem Rat des Arztes auch eher folgen. Die Bereitschaft ein Medikament zu schlucken oder eine Behandlung durchführen zu lassen wird allein durch eine verbesserte Kommunikation gesteigert." Aus diesem persönlichen Nutzen ergibt sich auch ein volkswirtschaftlicher Mehrwert. "Statistiken zufolge gehen den Krankenkassen jährlich schätzungsweise rund zehn Milliarden Euro durch mangelhafte Arzt-Patienten-Kommunikation verloren", so Jonietz. sch Alle Infos rund um "Was hab' ich?" und die Übersetzung von Befunden gibt es unter: www.washabich.de Zur Person: Ansgar Jonietz, Jahrgang 1984, aus Metterich, meldete bereits mit 15 Jahren in Bitburg sein erstes Gewerbe an. In Schulen betreute er pädagogische Rechnernetze. Nach dem Abitur am St. Willibrord-Gymnasium in Bitburg studierte Jonietz an der Universität Trier Informatik. Sein erstes größeres Unternehmen, die Software-Firma "Netzmanufaktur", gründete er 2010. Zur Zeit absolviert der 32-jährige Geschäftsführer von "Was hab' ich?" seinen Master in Gesundheitswissenschaften. 2016 wurde Jonietz vom Gesundheitswirtschaftsmagazin "kma" als Manager des Jahres ausgezeichnet.


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