Seitenlogo
Julia Borsch

Die Glocke im Eifeler Volksglauben

Region. Der WochenSpiegel präsentiert Beiträge des Eifelautors Joachim Schröder in der Reihe "Eefeler Verzellcher".

Eine Glockenweihe um 1963

Eine Glockenweihe um 1963

Bild: Archiv, Joachim Schröder

Glocken: Sie sind seit jeher in der Volkskultur der Menschen wertvolle Weggefährten und Begleiter durch alle Höhen und Tiefen des Lebens. Sie rufen zum Gottesdienst, mahnen zum Frieden, spenden Trost und Freude. Glocken drücken die Gefühle der Menschen aus, verbinden miteinander, laden ein, begrüßen. Welch einen Stellenwert besaßen sie! Auch heute noch? Hin und wieder hat man das Gefühl, sie seien bei einigen (betont: bei einigen!) nicht mehr so beliebt. Da gibt es sogar Zeitgenossen, die sprechen im Zusammenhang mit dem morgendlichen "Gebimmel" von "Glockenterror". Diese Ansicht zeugt von wenig Gespür für die Sensibilität der Menschen, denen die Glocken auch heute noch etwas bedeuten. Unter "Terror" verstehen diese Menschen etwas anderes: eher jene Zeit, in der die ehrwürdigen Zeugen von den Kirchtürmen gestürzt wurden, um als todbringendes Kanonenfeuer missbraucht zu werden. So ändern sich die Zeiten und mit ihnen die Menschen und die Meinungen!

Die Wertschätzung der Glocken war in früheren Zeiten immer sehr groß. Dies trifft insbesondere für die Westeifel, jenem zähen Reliktgebiet des Trierer Volkstums, und für die ostbelgischen Gebiete zu. Diese Volksmeinung hängt eng zusammen mit dem Wetterglauben und Wetterbrauch der ländlich und religiös geprägten Ansicht der Menschen in dieser Grenzregion. Unter den Naturerscheinungen sind die Frühjahrsfröste und die Gewitter mit Donner, Blitz und Hagelschlag die nachhaltigsten; zugleich galt und gilt diesen Wetterphänomenen die ganze Sorge, das Nachdenken und das Beten. Um den Schrecken zu mildern und Schaden abzuwehren, um ein christlich-symbolisches "Bollwerk" dagegenzuhalten, ist die (Wetter-) Glocke zum Inbegriff dieser Denkart geworden.

 

Glocken in der Antike und im Mittelalter

Seit alters her lebendig war der Volksglaube an die Wetterzauberei. Nicht zuletzt ist hierin der Grund zu erblicken, dass die Verfolgung der Hexen in den Augen vieler Menschen als gerechtfertigt erschien. Nach der allgemeinen Anschauung des Mittelalters waren die Hexen mittels eines Pakts mit dem Teufel fähig, Gewitter, Hagel und Fröste herbeizuzaubern und so der Bevölkerung Schaden zuzufügen. Die Bulle Innozenz VIII. von 1484 bezeugt, dass die Ideen der Wetterzaubereien auch in der Kirche bekannt waren. Eine Schrift des Trierer Weihbischofs Binsfeld (+ 1598) lehrt, die Zauberer könnten durch die Verbindung mit den bösen Geistern Krankheiten verursachen und Unwetter hervorbringen.

Trotz der "cautio criminalis" des großen Jesuiten Friedrich von Spee blieb dieser Glaube an wettermachende Hexen noch lange in der Eifeler Bevölkerung lebendig. Zahlreiche Volkssagen belegen diese Meinung. Der Name "Dimmerhex" gilt bis heute als Bezeichnung für eine streitsüchtige Frau und entstammt dieser Denkart. Der Prümer Mönch Caesarius erzählt, dass der Blitz einen sündhaften Priester des Bistums erschlagen hat, als dieser bei einem Gewitter die Glocken läutete. Weitere Beispiele ähnlicher Art gibt es aus der Mosel- und Eifelregion. Schon in der Antike herrschte die Meinung vor, dass Gewitter das Werk von Dämonen seien, dem man vor allem mit Schlagen, und Schreien, Schellen und Klappern beikommen könne. Viele dieser Bräuche gelangten auf literarischem Wege in das mittelalterliche Schrifttum und dann in das volksläufiges Denken und Handeln unseres Landes.

Text: Joachim Schröder


Meistgelesen