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Klaus Desinger

"Das Schönste ist die Dankbarkeit"

„Guten Tag! Sind Sie aus Idar-Oberstein?“ begrüßt mich ein hoch gewachsener, junger Afghane freundlich. Milad hilft in der Kleiderkammer der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in der ehemaligen Birkenfelder Kaserne aus. Haufenweise Kisten mit Hemden, Hosen und Schuhen sortiert der Flüchtling gemeinsam mit Leidensgenossen und Ehrenamtlichen.

Seit einem Monat lebt er in der Afa. „Sie sprechen gut Deutsch“, sage ich und er schmunzelt: „Immer schön lernen“. In drei Wochen hat er in den Deutsch-Sprachkursen schon sehr viel gelernt. Die werden von Katharina Thomé koordiniert. Die junge Frau freut sich über eine Festanstellung, erstellt Unterrichtspläne und ihr steht ein irakischer Dolmetscher zur Seite, der für die „Schüler“ von Arabisch auf Englisch übersetzt. 20 ehrenamtliche Lehrer unterrichten in der Afa. „Und bald bieten wir auch Yoga-Kurse für Frauen und Männer an“, freut sich Thomé. Sie ist vom ersten Tag an in der Einrichtung, hat Kleider sortiert und mit angepackt. Durch 18,9 Tonnen Kleidung mussten sich die Helfer wuseln. Gesucht werden noch immer kleine Größen, S und M. Infrastruktur wird geschaffen
Es geht aufwärts in der großzügigen Anlage mitten im Wald. Die Infrastruktur wird geschaffen. Vieles ist schon fertig, die Straßenbeleuchtung in der Kaserne und die Zufahrtsstraße Richtung Schmißberg (B 41) werden als nächstes in Schuss gebracht. Vor der Polizeistation auf dem Gelände stehen die Männer Schlange. Heute gibt es Taschengeld. 33 Euro pro Woche. „Davon gehen sie einkaufen, ins Städtchen“, weiß Bruno Zimmer. Der ehemalige Idar-Obersteiner Oberbürgermeister hat in der Einrichtung als Leiter Soziale Betreuung angeheuert. Er übernahm die Koordination, erstellt Excel-Tabellen, in welcher Stube sich welcher Flüchtling aufhält, aus welchen Ländern sie kommen. Angestellt beim DRK. „Eine spannende Aufgabe. Wir haben hier menschenwürdige Bedingungen, viel Platz, ein großes Gelände, die Räume sind beheizt und es gibt Platz für den Winter“, freut sich Zimmer. 1 135 Asylsuchende in Birkenfeld 1 135 Asylsuchende beherbergt die ehemalige militärische Anlage derzeit. Vier bis acht Personen pro Stube. Abgeschottet, mitten im Wald. Und doch fußläufig zum Kreisstädtchen Birkenfeld. Das wichtigste sind die Registrierungen, die im großen Umfang durchgeführt werden. Syrer, Iraker und Afghanen leben hier. Für letztere ist zum Beispiel das Bundesland Hessen zuständig, zeitnah werden sie ins Nachbarland verbracht. Registriert werden alle in Hermeskeil, wo sie per Bus hingefahren werden. „Die Zeiträume werden kürzer“, bestätigt der Ex-OB, wohlwissend, dass jederzeit neue Busse mit neuen Flüchtlingen vor der Tür stehen können. Acht Gebäude stehen ihnen zur Verfügung, drei weitere für die Verwaltung. 20 bis 25 ehrenamtliche Helfer vom DRK unterstützen Zimmer. Sozialarbeiter zum Beispiel. Ärzte und Sanitäter sind vor Ort. Psychologen (noch) nicht. „Es kommt vor, dass sich jemand vom Ehemann trennen will“, sagt Zimmer, da brauche man Ansprechpartner. Dennoch: „Wir sind nicht überpersonalisiert“. Einige Asylbegehrende arbeiten mit als Ein-Euro-Jobber, helfen in der Kleiderkammer (22), bei der Müllentsorgung oder beim Bettenaufbau. Unterm Strich gut gerüstet
Einmal wollte ein Bewohner in die Kleiderkammer einbrechen und war nicht mehr zu beruhigen. Er wurde vorübergehend nach Kusel gebracht, kommt aber wieder. Einige wenige Vorfälle der Sachbeschädigung wurden registriert. „Das sind aber Ausnahmen“, erklärt Jörn Patzak, der die Außenstelle Birkenfeld leitet. Gleichzeitig ist der renommierte Jurist Chef der Justizvollzugsanstalt Wittlich. „Das Schönste ist die Dankbarkeit, die uns die meisten Menschen entgegenbringen“, sagt der stattliche Mann, ein Ex-Basketball-Bundesligaspieler, sichtlich bewegt. Es ärgern ihn aber „maßlos“ auch „unberechtigte Forderungen“, zum Beispiel nach kostenlosem WLAN. „Das kommt ja, aber wir können nicht alles auf einmal bewerkstelligen“, meint Patzak.
Gerüchte aus sozialen Netzwerken, nachdem die Feuerwehr 50 Einsätze gefahren habe, seien schlichtweg falsch. „Als Einsatz gilt auch ein Wäschetransport durch uns“, erklärt ein Feuerwehrkamerad. Und da gebe es täglich viele „Einsätze“. Unterm Strich ist die Afa in der Kreisstadt gut gerüstet und vorbereitet auf die nächsten Busse, die kommen werden. Fotos: Klaus Desinger


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