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Zu Besuch im Schlaflabor: Volkskrankheit Schlafstörungen

Erholsamer, guter Schlaf ist für die Gesundheit essentiell. Schlafstörungen können gravierende Folgen für Körper und Geist haben. Zum „Tag des Schlafes“ am 21. Juni besuchten wir das Schlaflabor am Krankenhaus Marienwörth und sprachen mit Dr. med. Carsten Schäfer über Schlafstörungen, ihre Ursachen und was helfen kann.

„Schlafstörungen sind ein Phänomen der Wohlstandsgesellschaft“, weiß HNO-Arzt (Hals-Nasen-Ohren) Dr. med. Carsten Schäfer. „Sie sind heute eine regelrechte Volkskrankheit. Männer sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass fünf bis zehn Prozent der Männer bis 60 Jahre und ab dem 60. Lebensjahr 20 bis 30 Prozent an Schlafstörungen leiden, die Dunkelziffer liegt aber etwa doppelt so hoch“, so der Experte. Verschiedene Formen von Schlafstörungen
Die moderne Schlafmedizin unterscheidet verschiedene Formen von Ein- und Durchschlafstörungen. „Sie können akut auftreten, zum Beispiel vor einer Prüfung, nach einem Unfall oder in Trauersituationen“, erläutert der Arzt, „Oder sie können chronisch werden. Beispielsweise, wenn jemand jahrelang seine Eltern gepflegt hat und deswegen nachts oft aufstehen musste. Wenn die Eltern eines Tages nicht mehr da sind, ist der Körper aber weiter auf die nächtliche Aufsteherei sozusagen geeicht. Das Phänomen kennen wir auch von Menschen, die im Schichtdienst gearbeitet haben. Nach Jahren ist das so ‚erlernt‘, das bekommt man ganz schlecht in den Griff.“ Schuld sind meist verengte Atemwege
Hinter etwa 90 Prozent aller Schlafstörungen steckten jedoch Atem- und Bewegungsstörungen, weiß Dr. Schäfer. Auf diese hat sich auch das Schlaflabor am Krankenhaus Sankt Marienwörth spezialisiert. Die restlichen zehn Prozent der Störungen, beispielsweise Schlafwandeln oder Alpträume, hätten psychische Gründe und würden entsprechend von Psychiatern oder Psychologen behandelt.
Ins Schlaflabor fänden Patienten aller Altersklassen ihren Weg, wobei ältere Männer die größte Gruppe darstellten. „Bevor man sich jedoch ins Schlaflabor begibt, führt der Weg zunächst zum Hausarzt“, erklärt Dr. med. Carsten Schäfer, „Dann kommen die Patientinnen und Patienten zu uns ins die Sprechstunde und bekommen zunächst das so genannte ‚kleine Schlaflabor‘, ein Aufzeichnungsgerät, mit nach Hause.“ Anhand dieser Daten könne man schon sehr gut erkennen, was da nachts los sei, sagt Schäfer.
Rund 20 bis 30 Prozent dieser Patienten benötigten eine tiefergehende Untersuchung, für die sie zwei Nächte im Schlaflabor verbringen. In der ersten Nacht findet die Diagnostik statt. „Der Patient wird verkabelt, überwacht werden das aktuelle Schlafstadium, EKG, Herzfrequenz, Atmung und Muskulatur, Bauch- und Brustraum, Atemfluss und Sauerstoffsättigung. Der Schlafende wird mit Mikrofon und Infrarot-Kamera zusätzlich überwacht“, erklärt Schäfer. Sämtliche Daten laufen im Kontrollzentrum zusammen und werden ausgewertet. In der zweiten Nacht erfolgt bereits die Therapie, „die meist sofort anschlägt“, sagt Dr. Schäfer. Schlafapnoe weit verbreitet, gefährlich - und unbemerkt

Eine ganz typische Erkrankung sei die Schlafapnoe. Betroffene leiden an nächtlichen Atemaussetzern, im Extremfall treten diese bis zu 100 Mal pro Stunde auf. „Die Ursache sind verengte Atemwege, meist bedingt durch zu hohes Körpergewicht oder durch Veranlagung“, weiß Experte Dr. Schäfer. Bei den Atemaussetzern sinke die Sauerstoffsättigung des Blutes bedrohlich ab, bis der Körper plötzlich „Alarm schlage“, der Betroffene würde kurz wach und schnappe nach Luft. „Davon merken die meisten selbst nichts. Der Körper wird immer wieder aus dem Tiefschlaf gerissen - eine richtige Nachtruhe und Erholung ist nicht möglich“, erläutert der HNO-Arzt den negativen Effekt der Atemaussetzer während des Schlafes. Betroffene seien tagsüber ermattet und schliefen zum Teil mittags einfach am Esstisch ein. Ernsthafte Gesundheitsschäden drohen Oft ist es dann der Partner, der die nächtlichen Atemaussetzer bemerkt. »Wird eine Schlafapnoe nicht behandelt, drohen ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen«, warnt Dr. med. Carsten Schäfer, »Bluthochdruck, dadurch erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.«
Abhilfe schafft eine Therapie mittels einer Atemmaske. Diese wird vor dem Einschlafen aufgesetzt und komprimiert die Atemluft, sodass die Atemwege nicht mehr kollabieren können. »Es ist erstaunlich, wie schnell diese Therapie anschlägt, die Patineten fühlen sich schon nach einer Nacht ausgeruht wie lange nicht mehr und auch der Blutdruck stabilisiert sich sehr schnell.« Die Atemmaske ist eine Dauertherapie. Abhilfe schaffen könne in bestimmten Fällen auch eine Operation im Rachenraum, um mehr Platz zu schaffen. Beim Schnarchen in Rückenlage können einfache »Rückenlage-Verhinderungstools« helfen. »Ganz einfach kann man da auch selber etwas basteln: Einfach ein enges T-Shirt nehmen und innen am Rücken zwei Tennisbälle befestigen«, rät Schäfer. Gewicht reduzieren und auf schwere Mahlzeiten verzichten »Der erste und wichtigste Schritt ist aber eine Gewichtsreduktion«, betont er, »Denn nahezu alle Patienten mit nächtlichen Atemstörungen sind stark übergewichtig.« Ebenso wichtig: Am Abend keine schweren und fettigen Mahlzeiten essen und keinen Alkohol trinken, all das sorge für einen schlechten Schlaf. In Fällen von akut auftretenden Einschlaf- oder Durchschlafstörungen rät Dr. Schäfer, sich den Grund bewusst zu machen und die Probleme versuchen, bevor man ins Bett geht zu verarbeiten. Von einer Selbstmedikation mit Schlafmitteln rät der Experte dringend ab: »Das kann ganz schnell kontraproduktiv wirken, beispielsweise bei Schlafapnoe-Patienten die nicht wissen, dass sie daran leiden. Denn Schlafmittel entspannen die Muskeln noch mehr, das Leiden verstärkt sich.« Deshalb führe bei Problemen der Weg immer zunächst zum Hausarzt. Liebe Leser, haben Sie tolle Tipps parat, wie man besser oder erholsamer schlafen kann oder was bei Problemen hilft? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an red-badkreuznach@sw-verlag.de. Eine Auswahl der Ratschläge wird veröffentlicht.


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