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Nico Lautwein

Im kirchlichen Ehrenamt nicht mehr tragbar 

Trier. Trierer Generalvikar entlässt saarländischen AfD-Politiker aus Kirchengremium.

Symbolfoto

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Bild: Archiv

Der Trierer Generalvikar Dr. Ulrich von Plettenberg hat Christoph Schaufert, bislang Mitglied im Verwaltungsrat der Kirchengemeinde St. Marien Neunkirchen (Saarland), aus dem kirchlichen Gremium entlassen. Das hat von Plettenberg am 17. April in Trier mitgeteilt. Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat der Pfarrei und Kirchengemeinde hatten den Generalvikar darum gebeten und unter anderem als Grund angeführt, dass die Mitgliedschaft in einem kirchlichen Gremium nicht vereinbar sei mit einer die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) repräsentierenden Funktion. Schaufert ist Abgeordneter und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im saarländischen Landtag und bekleidet auch auf kommunaler Ebene politische Ämter für die Partei.

Generalvikar von Plettenberg erklärte, er habe den Antrag der Gremien der Pfarrei ausführlich geprüft, sowohl formal und juristisch wie auch inhaltlich. Sowohl innerhalb wie außerhalb der Diözese habe er sich mit Expertinnen und Experten beraten. Als rechtliche Grundlagen für die Entscheidung habe er das Kirchenvermögensverwaltungsgesetz (KVVG) für die Diözese Trier sowie die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" herangezogen. Inhaltlich sei vor allem die Erklärung der deutschen Bischöfe "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" vom Februar 2024 maßgeblich gewesen.

Entlassung nach KVVG "aus wichtigem Grund" möglich

Von Plettenberg erläuterte, nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 KVVG könne er "ein Mitglied aus wichtigem Grund […] entlassen und ihm zugleich die Wählbarkeit entziehen. Zuvor müssen das Mitglied, der Verwaltungsrat und der Pfarrgemeinderat […] direkt gehört werden". Der "wichtige Grund" werde im Antrag des Verwaltungsrates Neunkirchen so dargestellt, dass es sich bei Christoph Schaufert um einen hohen Funktions- und Mandatsträger der AfD handele und er sich von extremistischen AfD-Positionen nicht öffentlich distanziere und dadurch der Ruf der Gemeinde Schaden erleide. Es sei ein Vertrauensverlust eingetreten, der irreparabel erscheint.

Mit Blick auf die Erklärung der Bischöfe sagte der Generalvikar: "Parteien, die rechtsextrem sind oder am Rande dieser Ideologie wuchern, können für uns Christen kein Ort der politischen Betätigung sein. Sie sind für mich auch nicht wählbar." Es gelte daher: "Wer im kirchlichen Dienst beschäftigt ist oder ein Ehrenamt in der Kirche wahrnimmt, ist mitverantwortlich für die Glaubwürdigkeit der Kirche. Funktionen und Ämter in der Kirche setzen voraus, dass es zwischen den kirchlichen und den individuellen öffentlichen Positionierungen eine Mindestübereinstimmung gibt." Wer eine Partei vertritt, die Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Sprache, Religion oder Kultur diffamiere, beleidige, beschimpfe oder ihnen das Recht auf ein faires Asylverfahren verweigere und dadurch deren Menschenwürde angreife, sei im kirchlichen Dienst oder in einem Ehrenamt nicht mehr tragbar.

Keine Vertrauensbasis mehr für eine Mitarbeit in kirchlichem Gremium

Weil das persönliche Gespräch mit Christoph Schaufert gezeigt habe, dass dieser an seinen Ämtern und Funktionen innerhalb der AfD festhalte und sich somit von verschiedenen Positionen der Partei nicht distanzieren wolle, sehe er keine Vertrauensbasis mehr für eine weitere Zusammenarbeit, so von Plettenberg: "Deshalb habe ich die Entscheidung getroffen, dem Antrag der Kirchengemeinde stattzugeben. Christoph Schaufert wurde von mir mit sofortiger Wirkung aus dem Amt als Verwaltungsrat der Kirchengemeinde St. Marien in Neunkirchen entlassen und ist bis auf Weiteres nicht mehr für ein solches Amt wählbar."

Der Generalvikar sagte weiter: "Wir brauchen aus meiner Sicht eine gemeinsame Kraftanstrengung, um den Zusammenhalt in unserem Land zu wahren und es vor populistischen Spaltungen zu bewahren. Dazu zählt eine gute Politik für alle Menschen in unserem Land, dazu zählt die Verteidigung des Rechtsstaats, dazu zählt auch, dass wir als Kirche unseren Teil dazu beitragen und klar und deutlich unsere Haltung für Demokratie, Freiheit und Wahrung der Menschenwürde zum Ausdruck bringen. Dazu zählt auch, dass wir als Christen uns der Auseinandersetzung mit Mitmenschen stellen, die sich populistisch oder extremistisch egal welcher Couleur orientieren. Wir müssen uns ihnen im Gespräch stellen - am Arbeitsplatz, auf dem Sportplatz, im Supermarkt, nach dem Gottesdienst oder im Familienkreis." Gleichzeitig habe die katholische Kirche die Verantwortung, klar Stellung zu beziehen, wenn das gesellschaftliche Miteinander, die Freiheit und die christlichen Werte in der Gesellschaft gefährdet seien: "Wer die Gleichwertigkeit aller Menschen bestreitet, wer Hass gegen Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sexueller Identität sät, dem müssen wir uns als Christen entgegenstellen und Einhalt gebieten."

Möglichkeit der Beschwerde bei Bischof und in Rom

Der Pfarrer der Pfarrei St. Marien Neunkirchen, Bernd Seibel, dankte Generalvikar von Plettenberg für die Entscheidung, mit der nun Klarheit geschaffen sei. Seibel betonte: "Die Kirchengemeinde schließt hier nicht eine Tür, sondern diese Tür bleibt auch für Herrn Schaufert geöffnet. Die Kirchengemeinde setzt sich weiterhin mit Menschen auseinander, die extreme politische Ansichten haben, die unserem christlichen Glauben widersprechen." Die Kirchengemeinde bedauere, dass es in diesem Fall keine andere Lösung gebe. Auch innerhalb des Verwaltungsrates habe man das ein oder andere Mal mit Schaufert über seine politischen Ämter diskutiert und gerungen. Er hoffe, dass Schaufert und seine Familie der Pfarrei verbunden blieben: "Denn es geht uns nicht um die Personen an sich, sondern um Darstellung und das Wahrnehmen außerhalb der Kirchengemeinde, die eben mit Leitungsfunktionen innerhalb der Kirche nicht vereinbar sind. Darin besteht für uns eine gewisse Tragik und Betroffenheit."

Von Plettenberg erläuterte, dass Schaufert das Recht habe, gegen seine Entscheidung innerhalb von zehn Tagen Beschwerde beim Bischof von Trier als Ordinarius einzulegen und schließlich auch beim Dikasterium für den Klerus in Rom.

 


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