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Diana Dadzite: An sportlichem Ehrgeiz kaum zu überbieten

Rollstuhlbasketball in der Ersten Bundesliga und paralympischer Weltrekord im Speerwurf – der lettischen Sportskanone Diana Dadzite macht so schnell keiner etwas vor.

Nachdem sie in Riga den Rollstuhlsport für sich entdeckt hat und für Santo Stefano (Italien) ihre Heimat verließ, begann Diana Dadzites Karriere in der Ersten Bundesliga in Deutschland bei den RSC-Rollis Zwickau. Danach verpflichtete sie sich dem Oettinger Team Thüringen, das sie 2011 für die Doneck Dolphins Trier verließ. Hier ist sie seitdem eine wichtige Leistungsträgerin. Neben dem Basketball betreibt die sympathische Lettin auch Leichtathletik – und das sogar mehr als erfolgreich. Bei der Leichtathletik-EM der Behindertensportler gab es für das blonde Powerpaket einen ganzen Medaillensatz.  Und auch bei den Paralympischen Spielen 2016 in Rio war sie nicht zu bremsen: "Ich bin mit dem Ziel nach Rio gereist, den Weltrekord im Speerwurf zu werfen und damit die langjährige Titelverteidigerin Martina Willing abzulösen", erzählt Dadzite. Das gelang ihr. Auch die Bronzemedaille im Diskuswurf ließ sie sich nicht nehmen und repräsentierte damit ihr Heimatland Lettland in Bestform.

Gegen Männer behaupten

Als eine der besten Frauen in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga weiß die 31-Jährige, dass es nicht immer leicht ist, sich im Zusammenspiel mit Männern zu behaupten: "Körperliche Fitness ist sehr wichtig, um beim aggressiven Spiel mit den Männern mithalten zu können", sagt sie. Und auch gute Wurfqualitäten, über die die Lettin durchaus verfügt, sind von Vorteil, um sich mit Männern dieser Liga zu messen. Die Einsatzzeiten bestimmt bei den Dolphins die Trainingsform: "Hat man eine gute Trainingswoche abgeliefert, spielt man auch, unabhängig vom Geschlecht", sagt Dadzite. Trotz ihrer sportlichen Erfolge bleibt die Wahl-Konzerin auf dem Boden und betont immer wieder, wie sehr ihr der familiäre Rückhalt und die Zuversicht ihrer Trainer, sei es auf dem Basketballfeld oder in der Leichtathletik, Kraft geben und wie viel sie ihnen zu verdanken hat.

Dem Sport verschrieben

Diana Dadzite hat sich komplett dem Sport verschrieben: "In der Woche habe ich bis zu 13 Trainingseinheiten, dazwischen Arzt- und Physiotermine und am Wochenende noch ein Spiel für die Dolphins." Dazu kommt noch, dass sie ihr Geld in der Geschäftsstelle der Doneck Dolphins verdient und dort alle Aufgaben erledigt, die gerade anstehen – mitunter auch die Zuständigkeit als Übungsleiterin für das zweite Team. Wenn man die 31-Jährige auf dem Feld sieht, könnte man meinen, sie kenne ein Leben ohne den Rollstuhl nicht. Doch das täuscht: "Früher habe ich in meiner Freizeit Basketball und Fußball gespielt. Ich weiß, wie es sich anfühlt, richtig zu laufen und den Ball am Fuß zu spüren." Diana erfuhr erst mit 16 Jahren, als sie plötzlich nur noch an Krücken gehen konnte, von ihrer angeborenen Spina Bifida, einer Fehlbildung der Wirbelsäule. Seit einem Autounfall 2012 ist sie komplett auf den Rollstuhl angewiesen. Doch das ist kein Grund für sie, aufzugeben: "Es gab auch Zeiten, in denen ich nicht akzeptieren konnte, für immer im Rollstuhl zu sitzen. Aber ich habe gelernt, dass man das nehmen muss, was das Leben einem gibt, und es genießen." Mit ihrer Familie und Lebenspartner Dirk Passiwan im Rücken, macht sie das Beste aus ihrer Situation und hat mit ihrer Einstellung Erfolg.

Priorität auf Leichtathletik

Kraft schöpft die lebensfrohe Lettin aus Büchern, und auch Reisen füllen ihre Energietanks wieder auf. Strahlend erzählt sie, dass sie sich vor Kurzem den Traum von einer Amerikareise erfüllt hat und bald zum Erholungsurlaub auf die Malediven aufbrechen wird. Erholung braucht sie vor allem von ihrem Kampf um eine gerechte Klassifizierung ihrer Behinderung im Basketball. Dadzite wurde mit 3,0 klassifiziert. Frauen erhalten grundsätzlich einen Bonus von 1,5, wonach sie mit einer 4,5 die Klassifizierung einer Nicht-Behinderten hat. Für eine Frau, die in ihrem Alltag auf den Rollstuhl angewiesen ist, eine nicht hinnehmbare Wertung. Für Diana Dadzite verdirbt das nach dreijährigem Kampf langsam die Lust am Rollstuhlbasketball. Ihre Priorität legt sie mittlerweile auf die Leichtathletik: "Ich will mich persönlich immer weiterentwickeln und auf keinen Fall auf meinen Medaillen ausruhen."

"Ich will mich selber herausfordern"

Auch in ihrem privaten Umfeld bleibt sie ehrgeizig. So ist ihre Wohnung bewusst nicht behindertengerecht eingerichtet: "Ich will mich selbst herausfordern, damit ich nicht irgendwann faul werde", sagt die humorvolle Lettin lachend. Einen weiteren Schritt in die Unabhängigkeit erfüllte sie sich Anfang des Jahres mit dem Kauf eines Autos, in dem alles per Hand gesteuert werden kann. Ganz stolz ist Dadzite über ihre neu erlernte Fähigkeit, Treppen herunterzufahren: "Ein ausgelöster Alarm bei den Paralympics zwang mich dazu, mich am Geländer festzuhalten und rückwärts die Treppe herunterzufahren. Mein einziges Problem ist nur noch das Hinaufkommen."

Positive Lebenseinstellung

Die Nummer 10 der Doneck Dolphins möchte ihre positive Lebenseinstellung auch anderen vermitteln. Das ist ihr eine Herzensangelegenheit: "Ich will den paralympischen Sport popularisieren. Die Leute sollen wissen, dass man auch mit Einschränkungen etwas erreichen kann."

Auszeichnung

Diana Dadzites sportlicher Ehrgeiz bleibt nicht unbezahlt – 2016 wurde sie Sportlerin des Jahres in Lettland. Ihr Heimatland  ist so begeistert von der erfolgreichen Kämpfernatur, dass man sogar Briefmarken mit ihr bedrucken ließ. HS


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