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Chrestielier

Es ist noch nicht lange her, da gab es neben „Fleiß“, „Betragen“, „Mitarbeit“ und „Ordnung“, den „Kopfnoten“, gleich drei verschiedene Religionsnoten in Eifeler Volksschulen. Die „Chrestielier“ (Christenlehre) gliederte sich in „Biblische Geschichte“, „Katechismus“ und Religion.

In Ersterer ging es um die Geschichte des Volkes Israel seit Abraham, Isaak, Jakob, Josef und seinen zwölf Brüdern. Im Katechismus wurden die zwingenden Glaubensätze der katholischen Kirche behandelt. In Religion schließlich ging es im günstigsten Fall um die Quintessenz des Christseins, um Anstand, Sittenlehre, Spiritualität und praktische Anwendung ethischer Grundlagen im Alltag. Die Noten in religiösen Dingen waren in vielen Eltern- und vor allem Großelternhäuser wichtiger als Handschrift, Handarbeit, Fleiß und Betragen. Wehe bösen Knaben, die mit einem „ungenügend“ in „Christielier“ nach Hause kamen. Wie der kleine Schäng, der in der Karwoche dem Lehrer nicht zu sagen wusste, wie der Erlöser zu Tode kam. Schängchens Vater nahm die schlechte Benotung nicht einfach hin, sondern ging zum Elternsprechtag, um sich zu beschweren: „Leeven Herr Lehrer! Mir wonne do oven am Bösch, ke Radio, kenne Fernseher, kenn Zeidung. Unn doh wongdet Ihr Üch, datt menge Kleen net weeß, woran oßen Herrjott jestorve öss – mir wossten ja noch net ens, datt häer krank wor . . .“ Wer so weit draußen am Wald lebt und keine Medien abonniert hat, der bekommt einfach nichts mit. Die Angst vor einer Fünf in „Reli“ war so groß, dass das kleine Lüdchen (Ludwig), der in seiner Volksschulklasse als generalverdächtig für alle Schandtaten galt, anfing zu „bautzen“ (weinen), als der Lehrer streng in die Runde fragte: „Und wer hat denn unseren Herrn Jesus Christus gegeißelt und mit Dornen gekrönt?“ Worauf Lüdchen losheulte: „Soll ich datt och att wedde jedohn hann?“


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