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Advent hinter Gittern: Aktion des Pastoralen Raums Wittlich bringt Hoffnungsschimmer ins Gefängnis 

Wittlich. Plätzchen backen, Weihnachtsmärkte besuchen, Kerzen auf dem Adventskranz entzünden: Für viele Menschen ist die Adventszeit eine gute Gelegenheit, es sich mit Freunden und Familie gemütlich zu machen. Für Inhaftierte gilt das jedoch nicht: Einsamkeit und Isolation sind bis zu einem gewissen Grad Teil ihrer Strafe für begangene Verbrechen.

Wo ein Tag dem anderen gleicht und der Alltag von Einschluss und begrenztem Freigang bestimmt ist, scheint vorweihnachtliche Stimmung weit entfernt. Genau hier hat eine vorweihnachtliche Aktion des Pastoralen Raums Wittlich angesetzt. Mit einer Adventsstunde haben sie den Gefangenen der Justizvollzugsanstalt (JVA) und der Jugendstrafanstalt (JSA) Wittlich ein wenig Besinnlichkeit in den Gefängnisalltag gebracht. Und Impulse für die weitere Haftzeit und das Leben danach. "Die Motivation dafür ist einfach und zugleich zutiefst christlich begründet: der Glaube an einen barmherzigen Gott, der sich besonders jenen zuwendet, die am Rand der Gesellschaft stehen", so die Initiatoren.

Für Diakon Thomas Reichert und Gemeindereferentin Stefanie Peters ist die Gefängnisseelsorge Teil ihres beruflichen Alltags. Anders für Pastoralreferentin Gabriele Centurioni, Pastoralreferent Ralf-Dieter Dörrenbächer und Verwaltungskraft Monika Hochscheid, die erstmals eine Veranstaltung dieser Art hinter Gefängnismauern begleiteten.

Adventsstunde steht unter dem Leitgedanken „Hoffnung“

Am 4. Dezember beginnt der Abend an der Pforte der JVA: Ausweise abgeben, Besucherausweise anheften. Reichert empfängt das Team und führt durch die gleichförmigen weißen Gänge, vorbei an schweren Türen, in den Mehrzwecksaal, der auch für geistliche Zwecke genutzt werden kann. Der Raum ist hell erleuchtet – gedämpftes Licht wäre im Vollzug fehl am Platz. Vier rote Kerzen brennen auf dem Altar, daneben der Adventskranz. Kantor Christian Scheiwen nimmt an der kleinen Orgel Platz.

Gemeinsam mit einem evangelischen Kollegen leitet er hier regelmäßig den Inhaftiertenchor, der die musikalische Gestaltung der gut besuchten Sonntagsgottesdienste übernimmt. Justizvollzugsbeamte führen die beiden Küster in die Kapelle – ebenfalls Inhaftierte, die mit einem gewissen Stolz und auch ein wenig Aufregung bei den Vorbereitungen helfen. In einem Nebenraum bereiten Centurioni und Hochscheid kleine Aufmerksamkeiten für die Teilnehmenden vor. Pünktlich kurz vor 18 Uhr werden rund 70 Männer hereingeführt. Der Chor nimmt vorne Platz, Jugendliche aus der JSA auf der Empore, während die Beamten aufmerksam ihre Posten einnehmen. Auch Hans-Joachim Weiler, stellvertretender Leiter der JVA, ist anwesend.

Die Adventsstunde steht unter dem Leitgedanken „Hoffnung“. Nach einem Instrumentalstück eröffnet Dörrenbächer mit einer kurzen Ansprache: „Wir sind heute nicht mit erhobenem Zeigefinger oder als Moralapostel zu Ihnen gekommen, sondern möchten Sie einladen, sich gemeinsam ein wenig Zeit zu nehmen und Gedanken zum Thema Hoffnung zu teilen.“ Advent, so betont er, sei die Zeit der kleinen Lichter. Oft reiche schon ein kleiner Funke, um selbst tiefe Dunkelheit zu verändern. Eine biblische Textstelle spricht davon, dass ein Licht jenen scheint, die im Schatten sitzen.

Viele suchen nach Orientierung im Leben

Die Reaktionen sind vielfältig. Manche der Inhaftierten hören sichtlich berührt zu, andere bleiben still, in sich gekehrt. Als der Chor schließlich ein Lied des Popsängers Andreas Bourani anstimmt – „Hey, sei nicht so hart zu dir selbst … auch wenn alles zerbricht, geht es weiter für dich“ – setzt zunächst zögerlicher, dann zunehmend kräftiger Applaus ein. Jetzt folgt nach jedem weiteren Redebeitrag Beifall, der wie Dank dafür klingt, dass sie gesehen werden, dass jemand zu den „schweren Jungs“ gekommen ist, um Hoffnung zu teilen.  

Ob solche Momente nachwirken? Stefanie Peters ist überzeugt davon. „Wenn man in manche Gesichter schaut, sieht man deutlich, wie die Worte wirken, dass einige sehr nachdenklich werden.“ Ihre Erfahrung ist, dass viele Inhaftierte Fragen nach dem Glauben stellen und etwas suchen, das ihrem Leben Halt geben kann. An Weihnachten, so berichtet ein Vollzugsbeamter, gebe es immer ein besonderes Essen für die Inhaftierten, auch würden manche Auflagen etwas gelockert. Doch auch an Heiligabend gelte: um 15 Uhr Einschluss – danach sind die Inhaftierten allein mit sich und ihren Gedanken.  

Als am Ende ein gemeinsamer Schlusssegen gesprochen wird und angekündigt wird, dass der Nikolaus zwar verhindert sei, aber Weihnachtspostkarten und Schokolade dagelassen habe, brandet der lauteste Applaus des Abends auf – ein kurzer, aber spürbarer Hoffnungsschimmer hinter Gittern.

 

 

 

 


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