

Dmytro Shuklin ist in der Ukraine geboren, wohnt seit neun Jahren in Deutschland, hat hier eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Er lebt mit seiner Ehefrau, der deutschen Staatsbürgerin Maria Langlitz und den gemeinsamen Kindern Eva (10) und Sophie (8) in Wittlich. Er hat hier seine Arbeitsstelle, seine Freunde und ist aktives und engagiertes Mitglied des TuS Platten. Dort, beim Kreisliga-Verein, kickt Shuklin seit Jahren in der ersten Mannschaft. Am 20. Februar begab sich Dima, wie sie ihn hier nennen, mit seiner Familie per Flugzeug nach Kiew, um in der Ukraine Eltern und Familie zu besuchen und dort seinen Geburtstag zu verbringen. Vier Tage später, am 24. Februar, genau an seinem Geburtstag, begann der Angriff russischer Truppen auf die Ukraine.
Mit dem Auto seines Bruders schaffte es Shuklin mit seiner Familie an die polnisch-ukrainische Grenze. In einer nahezu endlosen Flucht erreichten sie am Abend des 28. Februar die Grenze zu Polen. In der Zwischenzeit erließ die Ukraine das Gesetz, nachdem männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht mehr verlassen dürfen. Shuklin wurde gezwungen zu bleiben und zu seiner Familie im Inland zurückgeschickt. Nur seine Frau und seine Kinder durften die Grenze passieren und sind inzwischen (traumatisiert) wieder in der Region angekommen. "Dima gehört nicht in diesen Krieg. Er hat hier alles, was es für ein gutes Leben braucht. Er ist guter Freund und Fußballkamerad," sagt Ingo Herres, ehemaliger Funktionär beim TuS Platten und Initiator einer Aktion, die Dima wieder in seine wahre Heimat Deutschland zurückholen soll. Dimas deutsche Freunde, Fußballer und BürgerInnen haben einen offenen Brief an die Politik auf den Weg gebracht, den wir nachfolgend veröffentlichen.
Die Unterzeichner sind Ingo Herges (Initiator), Maria Langlitz (Ehefrau), Michaele Schneider (für den Verein "Perspektiven") und Werner Koller (Vorsitzender des Tus Platten).
Offener Brief:
Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete
Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete
Sehr geehrter Herr Landrat
Sehr geehrte Herren Bürgermeister,
"eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft läuft gerade durch Europa, das Land und den Landkreis. Und genau um diese schnelle und unbürokratische Solidarität möchten wir Sie heute für eine Wittlicher Familie von Herzen bitten. Wenn bei uns die Glocken der Kirchen für die Ukraine läuten, erinnert jeder Glockenschlag die junge deutsch-ukrainische Familie an unvorstellbare Stunden. Schwer traumatisiert sind gerade Maria Langlitz und ihre beiden kleinen Kinder wieder in ihrer Wohnung in Wittlich angekommen. Ein Freund hatte sie nach langer, angsterfüllter Flucht an der Grenze abgeholt. Was sie wirklich hinter sich haben können wir uns kaum vorstellen. Am schlimmsten wiegt sicher, dass sie vom Ehemann und Vater an der Grenze im Kriegsgebiet gewaltsam getrennt wurden. Während die drei deutschen Staatsbürger passieren durften, musste Dmytro Shuklin in der Ukraine bleiben. Obwohl er im Besitz einer deutschen Niederlassungserlaubnis ist, seit 9 Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Wittlich hat, wurde er gezwungen in der Ukraine zu bleiben um Kriegsdienst zu leisten. Unvorstellbar für uns alle. Aber was muss die Familie leiden. Jeder neue Glockenschlag um die Mittagszeit bedeutet für die Familie hier, dass Vater und Großeltern einen neuen Tag in Lebensgefahr sind.
Während die Kinder dank der Unterstützung der russischsprachigen Gemeinschaft hier vor Ort bereits therapeutische Hilfe bekommen, benötigen wir, eine große Gruppe von Familie, Freunden, Fußballern und Mitbürgern, Sie um Dmytro zurück zu holen. Uns ist bewusst, dass es schwierig wird, aber wir wollen nichts unversucht lassen, um den Kindern nicht vielleicht in wenigen Stunden vom Tod ihres Vaters erzählen zu müssen. Wir versuchen es durch Öffentlichkeit, offizielle und amtliche Begleitschreiben für einen weiteren Versuch zu Grenzübertritt, Evakuierung evtl. durch Hilfsorganisationen vor Ort, durch was auch immer möglich ist.
Hier chronologisch der Sachverhalt, der aufgrund seiner Tragik und seines Schicksals auch einem Drehbuch für einen Film entstammen könnte, aber leider bittere Realität ist.
Es geht um den Ukrainischen Staatsbürger Dmytro Shuklin (geboren am 24.02.1987), der seit ca. 9 Jahren seinen ständigen Aufenthalt und seinen Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland sowie eine unbefristete Niederlassungserlaubnis hat. Herr Shuklin wohnt mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern in Wittlich. Er befindet sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und ist aktives und engagiertes Mitglied im Sportverein TuS 1919 Platten e.V, guter Freund und Fußballkamerad.
Am Sonntag den 20. Februar 2022 begab sich Herr Shuklin mit seiner Familie per Flugzeug nach Kiew um in der Ukraine seine Eltern und Familie zu besuchen und dort seinen Geburtstag mit dieser zu verbringen. Aufgrund der sich zuspitzenden Lage sah er hierin vielleicht die letzte Möglichkeit seine Familie ein letztes Mal oder möglicherweise für einen längeren Zeitraum nicht mehr zu sehen. Mit Kriegshandlungen hat niemand gerechnet.
Unter nochmaligem Verweis auf die oben angedeutete Tragik begann genau an seinem Geburtstag, dem 24.02.2022 der Angriff russischer Truppen auf die Ukraine. Herr Shuklin begab sich umgehend mit seiner Familie mit dem Auto seines Bruders in Richtung polnisch-ukrainische Grenze. In einer nahezu endlosen Flucht (ca. 2 Kilometer Entfernung in einem Zeitraum von 24 Stunden) erreichte die Familie am Abend des Montag, 28.02.2022 die Grenze zu Polen. In der Zwischenzeit wurde durch die Ukraine das Gesetz erlassen, dass alle männlichen Staatsbürger der Ukraine im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht mehr verlassen dürfen. Infolge dessen ließen die Grenzposten lediglich Frau und Kinder des Herrn Shuklin passieren. Herr Shuklin wurde unter Verweis auf o.a. Grundlage zu seiner Familie im Inland zurück geschickt. Der Vorlage des deutschen Aufenthalttitels wurde keine Beachtung geschenkt. Inzwischen ist Herr Shuklin unter schwierigen Umständen bei seiner Familie im Inland angekommen.
Die Kriegshandlungen in der Ukraine sind ein unglaubliches Verbrechen an der den Ukrainern, an der Menschheit und machen uns alle wort- und fassungslos. Dieser Krieg ist ein Konflikt, wie wir ihn auf europäischem Boden lange nicht mehr kennen. Und wie schnell kann er uns als europäische Gemeinschaft erreichen.
Lassen Sie mich, stellvertretend für alle Unterzeichnenden, im Kontext der Betroffenheit zusammenfassen: Die Situation unseres Freundes Dmytro Shuklin zeigt wie unversehens man als deutsche Staatsbürgerin oder als deutscher Staatsbürger schon jetzt betroffen sein kann. Vor zwei Wochen wäre es für mich persönlich undenkbar gewesen, dass ich persönlich einen Menschen kenne, der gezwungen ist sich einer kriegerischen Auseinandersetzung zu stellen.
Dmytro gehört nicht in diesen Konflikt. Auch wenn sein Nationalpass ihn noch zum Ukrainer macht, seine Heimat ist hier in Deutschland. Hier ist seine Frau, hier gehen seine Kinder zur Schule. Hier ist seine geregelte Arbeit, hier sind seine Freunde und seine Hobbies. Er selbst hat mir gesagt „ich habe doch nur noch diesen ukrainischen Pass, ansonsten fühle ich mich als Deutscher“. Frau und Kinder brauchen ihn hier. Es ist stand heute nicht abzusehen inwieweit die Erlebnisse der Flucht sich auch psychisch auf die Kinder ausgewirkt haben.
Wenn ich oder seine Fußballfreunde mit Dmytro sporadisch in Kontakt stehen, schreibt er von seiner Dankbarkeit und seinem Respekt für alle in Deutschland die sich für ihn einsetzen. Diesen Dank möchte ich Ihnen schon jetzt in seinem Namen weitergeben. Verbunden, und das beziehe ich nur auf mich und auf meinen kleinen Teil an Hilfe, mit der Meinung, dass der wahre Respekt den Menschen in der Ukraine gebührt. Sie verteidigen nicht nur ihr Land, sondern auch die Werte der Freiheit und der Demokratie.
Wir bitten Sie im Namen aller: Helfen Sie uns Dmytro in seine wahre Heimat Deutschland zurück zu holen. Ich möchte nochmals die Parallele zum Drehbuch aus der Einleitung des Sachverhaltes aufgreifen: Nicht jeder Film hat ein glückliches Ende. Vielleicht ist es Ihre Hilfe in der Geschichte der Familie Shuklin, die zu genau diesem guten Ende führt."