Sybille Schönhofen (bil)

Bedrohte Lebensqualität oder Fortschritt für Hetzerath?

Die Erweiterung des IRT Föhren um 40 Hektar und bis 500 Meter an die Ortsgrenze von Hetzerath war Grund für eine Bürgerversammlung am Mittwoch im Bürgerhaus. Die emotionale Diskussion unter den 350 Anwesenden zeigte, wie sehr das Thema die Anwohner bewegt.

Zur zweiten Bürgerversammlung wegen der geplanten Erweiterung des IRT Föhren Richtung Hetzerath kamen dreimal so viele Dorfbewohner wie zur ersten. Dafür sorgte auch eine Facebookgruppe, die im Netz gegen das Vorhaben mobilmacht. In der Bürgerhalle war die Anspannung deutlich zu spüren. Ortsbürgermeister Werner Monzel sprach von einer Spaltung innerhalb des Dorfes, von „Diffamierung“ und „unsachlicher Diskussion“. Es sei nicht wahr, dass die Erweiterung bereits beschlossene Sache sei. Wann der Gemeinderat entscheidet, ließ er offen. Allerdings steht am Dienstag, 29. Oktober, eine Sitzung des Verbandsausschusses des IRT an. Dort werde darüber beraten, ob die Bedingungen, die die Gemeinde für eine Erweiterung aufgestellt hat, akzeptiert würden. „Werden unsere Forderungen in Bezug auf das Mitspracherecht abgelehnt, wird der Gemeinderat die Erweiterung ablehnen. Dann ist das Thema ganz schnell vom Tisch“, versicherte der Ortsbürgermeister.

Der Gemeinderat knüpft Bedingungen an Zustimmung

Monzel zählte die Bedingungen auf, die durch einen Eintrag ins Grundbuch auch in Zukunft für alle Unternehmen bindend sein würden: „Wir wollen das alleinige Sagen, welche Betriebe sich ansiedeln dürfen“. Störintensive Betriebe wie eine Bitumenmischanlage seien ein „No Go“. Zweitens müsse die Brechanlage der Firma Lehnen zur Lärmminderung umgebaut werden. Drittens müsse jeder Betrieb mittels neuester technischer Innovationen für eine höchstmögliche Begrenzung von Lärm, Staub und Geruch sorgen. Und viertens dürfe der LKW-Verkehr im Dorf nicht zunehmen.

Bürger sind skeptisch

Viele Bürger äußerten dazu unverhohlen ihre Skepsis. Gemeinderatsmitglied Norbert Kraff fragte zweifelnd nach, ob sich auch die Subunternehmen an das Durchfahrtverbot für LKW halten würden. IRT-Zweckverbandsvorsitzender Reinhard Müller gab zu: „Das ist nicht zu garantieren. Da müssen wir viel auch der Freiwilligkeit überlassen.“ Und Monzel lenkte selber ein: „Wir haben unzweifelhaft ein Verkehrsproblem im Dorf und der Verkehr wird zunehmen.“ Nur eine Maut für Landesstraßen könne den LKW-Verkehr reduzieren. Markus Lorenz, der in der Vergangenheit eine Bürgerinitiative gegen den Verkehrslärm initiiert hatte, war an dem Abend nicht der Einzige, der den Gedanken äußerte, wegen zunehmender Emissionen sein Haus in Hetzerath zu verkaufen.

Nachteile versus Vorteile

Auf die Nachfrage eines Bürgers, was denn neben den Nachteilen die Vorteile für das Dorf wären, führte Monzel die Steuereinnahmen ins Feld. In diesem Jahr seien es ohne die Erweiterung 375.000 Euro gewesen. Zudem biete das IRT jetzt schon 150 Hetzerathern einen Arbeitsplatz. Mit der Erweiterung würden weitere 400 neue Arbeitsplätze entstehen. Zudem gebe es bislang keine Probleme, bis auf Beschwerden wegen der Lärmbelästigung durch die Brechanlage der Firma Lehnen. Ein Bürger bestätigt das und formuliert seine Bedenken: Er fühle sich von der Brechanlage gestört, die jetzt 45 Dezibel laut sei. „Welche rechtlichen Möglichkeiten haben wir, dagegen vorzugehen, wenn es zum Beispiel 57 werden? Das läge ja immer noch unter dem Höchstwert.“ Wie Kurt Müller von der Boxleitner Beratende Ingenieure GmbH darlegte, würde die Emission im Zuge der IRT-Erweiterung reduziert, weil ein 6,50 Meter hoher Wall entlang der L141 errichtet und die Anlage um 2,50 Meter abgesenkt würde.

Verlegung der Landesstraße

Apropos L141: Käme es zur Erweiterung, fordert der Landesbetrieb Mobilität, die Landesstraße südlich zu verlegen, wo sie auf die Föhrener Straße münden würde. Das sei nötig, um einen flüssigen Verkehrsfluss zu gewährleisten. Zu der Maßgabe äußerte die Architektin Gisela Hoffmann-Becker ihr Unverständnis und Monzel gab ihr Recht: „Es ist tatsächlich schwer nachvollziehbar“. Aber auch darin erkennt er einen nutzbaren Vorteil: Es entstünde eine neue Ortseinfahrt, die verkehrsberuhigt gestaltet werden könnte.

Bürgervotum abgelehnt

Nach drei Stunden appellierte Monzel, abzuwägen: „Was ist uns wichtiger? Ich sehe die Erweiterung als Chance, unseren Ort weiterzuentwickeln.“ Und auch anwesende Firmenvertreter, die auf Grundstücke im IRT hoffen, versuchten auf eine positive Entscheidung hinzuwirken: „Wenn es hier keine Entwicklungsmöglichkeiten gibt, werden wir uns überlegen, das Unternehmen dorthin zu verlegen, wo es größerer Flächen gibt“, sagte Thomas Simon vom IT-Haus. So würden auch andere Unternehmen sich aus der Region zurückziehen. Hetzerather Kritiker sehen dagegen ihre eigene Lebensqualität bedroht. An dem Abend forderten sie ein Bürgervotum. Das lehnte Werner Monzel ab.


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