100. Wendelinusfeier
Lieg. Die Sonne brach mit Macht durch die anfänglichen dunkleren Regenwolken und gab den Blick frei auf die festlich geschmückte Wendelinuskapelle, die bereits seit 100 Jahren von frommen Pilgern aus dem gesamten Hunsrück aufgesucht wird. Pastor Hermann-Josef Floeck erinnerte an die Entstehungsgeschichte des kleinen Gotteshauses auf einer Anhöhe zwischen den beiden Hunsrückdörfern Lahr und Lieg, als im Jahre 1924 in St. Wendel die Gebeine des heiligen Wendelinus zur öffentlichen Verehrung ausgestellt worden waren und der damalige Lieger Pastor Schuh den Pfarrer Heibges in der saarländischen Stadt um Überlassung einer Reliquie bat. Bereits am 12. Oktober, also tatsächlich vor rund 100 Jahren, kam schließlich eine mit dem Siegel des Trierer Bischofs verschlossene Kapsel mit einer darin befindlichen Reliquie des heiligen Wendelinus in Lieg an. Pastor Anton Schuh, der von 1923 bis 1931 als Geistlicher in dem Hunsrückort wirkte, ließ dannauch ein Reliquiar in Koblenz bei der Firma Josef Müller anfertigen. Mit einer Genehmigung aus Trier veranstaltete er schließlich eine feierliche Wendelinusfeier.
Zu diesem einmaligen Ereignis für den gesamten Vorderhunsrück wurden alle Nachbarpfarreien eingeladen. Es kamen dann auch viele Gläubige aus Beltheim, Sabershausen, Petershausen und auch Mörsdorf, die in großen Prozessionen mit ihren Seelsorgern zur Wendelinuskapelle pilgerten, wobei die Reliquie zur öffentlichen Verehrung im Innern der Kapelle ausgestellt wurde. Nach dieser positive Resonanz der nachbarlichen Pfarreien ließ sich Pastor Schuh von Trier die Genehmigung erteilen, auch zukünftig solche Wallfahrten abhalten zu können, die bis auf den heutigen Tage immer noch durchgeführt werden.
Der Kreis der wallfahrenden Pfarreien vergrößerte sich in den folgenden Jahrzehnten immer mehr. Doch die Schar der Gläubigen ist leider etwas kleiner geworden, trotzdem wird dieser wunderschöne Brauch noch immer engagiert ausgeübt. Natürlich musste das kleine Gotteshaus immer wieder renoviert und ausgebessert werden, bis es das heutige schmucke Aussehen bekam.
Pastor Hermann-Joesf Floeck, der selbst als junger Kaplan in St. Wendel tätig war, brachte ein herrliches Lied von dort mit, das von der Schönheit und der Vielfalt von Gottes Schöpfung spricht, für die auch der Hirtensohn Wendelinus als Schutzpatron von grünen Wiesen, Wald und Wind steht. Auch sollen alle anders und behutsamer mit der Schöpfung, mit den Tieren und allen Wesen, mit dem Wasser als kostbarem Gut, mit der Luft und mit dem Leben sorgsamer und sensibler umgehen. Gleichzeitig kam das versöhnliche Angebot, melodisch verpackt, dass die Menschen miteinander und in der Gemeinschaft besser leben und Rücksicht nehmen sollen, dabei möge ihnen Sankt Wendelin als guter Hirte helfen und neue Wege im täglichen Miteinander zeigen, unterstrich der Geistliche in seinen Ausführungen.
Nach seinem großen Erntesegen und mit den besten Wünschen an alle Gläubigen dankte er auch dem Musikverein Lieg für sein alljährliches musikalisches Gotteslob, das jetzt auch schon seit 60 Jahren hier erschall. Der Pastor dankte auch den Lieger “Hunsrückmusikanten” für ihr Engagement, bevor sich die Menschen wieder auf den Heimweg machten.