Angemessen oder maßlos?
Cochem. Der Landkreis Cochem-Zell ist hoch verschuldet. Das Millionen-Defizit wird nach Berechnungen der Kreisverwaltung sogar noch größer ausfallen als zu Jahresbeginn angenommen. Trotzdem soll das Gehalt von Landrätin Anke Beilstein erhöht werden – von Besoldungsstufe B4 auf B5. Ist das angesichts der finanziellen Situation vertretbar? Kritik kommt vom Bund der Steuerzahler.
Von Mario Zender
Der Landkreis Cochem-Zell steckt tief in den roten Zahlen – und das tiefer denn je. Wie aus einem aktuellen Haushaltsbericht der Kreisverwaltung Cochem-Zell (liegt dem WochenSpiegel vor) hervorgeht, hat sich das ohnehin dramatische Haushaltsdefizit noch einmal verschärft. Statt des bislang geplanten Fehlbetrags von 29,02 Millionen Euro rechnet die Kreisverwaltung nun sogar mit einem Minus von 30,707 Millionen Euro. Damit steigt das Defizit um weitere 1,687 Millionen Euro.
Die ADD genehmigte den Haushalt des Kreises Cochem-Zell vor einigen Wochen nur unter strengen Auflagen und mit dem klaren Hinweis, dass die Verwaltung konsequent sparen müsse. Bereits seit dem 1. Januar dieses Jahres müssen die Ortsgemeinden im Kreis höhere Umlagen an den Landkreis abführen – eine finanzielle Belastung, die die ohnehin gebeutelten Ortsgemeinden in ihrem Gestaltungsspielraum weiter einschränkt.
Am kommenden Montag, 25. August, wird sich der Kreisausschuss mit dem Zahlenwerk befassen. Unter Tagesordnungspunkt 10 steht eine Information über den Millionenfehlbetrag auf der Agenda. Dabei dürfte es nicht nur um Sparmaßnahmen gehen, sondern auch um die Frage, wie der Kreis künftig überhaupt noch handlungsfähig bleibt.
Für politische Brisanz könnte allerdings ein weiterer Punkt der Sitzung sorgen: Unter Tagesordnungspunkt 7 geht es um eine höhere Besoldung für Landrätin Anke Beilstein. Nach zwei Jahren Amtszeit steht ihr diese rechtlich zu – die Eingruppierung würde von B4 auf B5 steigen. Konkret hieße das: Eine monatliche Gehaltserhöhung von 10.041 Euro auf 10.663,37 Euro.
Dass der Landrätin ihr Gehalt angehoben werden soll, während der Kreis mit nie dagewesenen Finanzproblemen kämpft, sorgt im Vorfeld für Diskussionen. Kritiker werfen bereits jetzt die Frage auf, ob es in dieser Situation das richtige Signal sei, persönliche Bezüge auszuweiten, während gleichzeitig Gemeinden und Bürger zusätzliche Lasten schultern müssen.
Die deutlichste Kritik an den Plänen kommt vom Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz. Klare Worte richtet dessen Geschäftsführer René Quante an die Verantwortlichen in Cochem-Zell: »Der Landkreis Cochem-Zell haushaltet hoch defizitär und ist so stark verschuldet,, dass in diesem Jahr wohl ein negatives Eigenkapital ausgewiesen wird. In der Privatwirtschaft wäre Cochem-Zell damit wohl ein Fall für den Insolvenzverwalter.« Quante fragt, wie es sein kann, dass die Landrätin in so einer prekären Situation ihre Besoldung von B4 auf B5 erhöhen lassen will.
»Das wären pro Monat über 600 Euro mehr – auf dann 10.663 Euro. Bezogen auf das ganze Jahr fast 7.500 Euro zusätzlich. Das wäre zwar rechtlich möglich, aber in dieser Situation absolut unangemessen«, so Quante. Der Verzicht, so der Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbundes, löse zwar nicht das Haushaltsproblem, wäre jedoch ein Zeichen dafür, dass Cochem-Zell überall dort spart, wo es möglich ist. »Doch was stattdessen geplant ist, wäre in der Privatwirtschaft so, als würde ein Pleiteunternehmen seiner Geschäftsführerin noch eine Gehaltserhöhung gönnen – die dann andere bezahlen sollen«, kritisiert Quante die Planungen.
Was sagt die Landrätin dazu? Über ihren Sprecher lässt sie ausrichten: »Da die Landrätin im vorliegenden Fall persönlich als Bedienstete des Landkreises betroffen ist, enthält sie sich einer eigenen Bewertung oder Stellungnahme«.
Siehe auch: www.wochenspiegel live.de