Corona-Krise: die wichtigsten rechtlichen Fragen
Bekomme ich mein Geld zurück, wenn meine gebuchte Reise nicht stattfindet? Ja, bei Pauschalreisen dürfte dies am unproblematischsten ablaufen. Wenn der Veranstalter die Reise nicht mehr durchführt und damit die vereinbarte Leistung nicht erbringen kann, hat der Kunde einen Anspruch auf Rückerstattung. Besonders zu erwähnen: Auch die italienischen und österreichischen Hotelverbände haben bereits erklärt, dass Reisende geleistete Anzahlungen zurückbekommen und keine Stornogebühren zu tragen haben. Was ist, wenn ich einen Flug gebucht habe, den ich nunmehr wegen eines Einreiseverbotes nicht mehr wahrnehmen kann? Auch hier liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rückerstattung vor. Bekomme ich auch als Individualreisender Geld zurück? Möchte der Reisende lediglich aufgrund einer "Reisewarnung" die Reise oder den Flug nicht mehr antreten, so reicht dies für einen Rückerstattungsanspruch grundsätzlich nicht aus. Der Vertragspartner ist weiterhin bereit, die vereinbarte Leistung zu erbringen, sodass er auch Anspruch auf das vereinbarte Entgelt hat. Erst wenn ein Einreiseverbot besteht oder der Flug gestrichen oder das Hotel geschlossen wird, besteht ein Anspruch auf Rückerstattung. Daneben können gegebenenfalls auch Ansprüche auf Entschädigungszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung bestehen. Kann der Besucher einer Veranstaltung das Geld für ein bereits bezahltes Ticket zurückverlangen? Hier gilt zunächst der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind. Führt der Veranstalter die gebuchte Vorstellung durch, so hat er auch Anspruch darauf, den vereinbarten Ticket-Preis zu vereinnahmen, auch wenn der Besucher der Veranstaltung fernbleibt. Dies gilt auch dann, wenn der Besucher Angst hat, sich auf der Veranstaltung oder dem Weg nach dorthin anzustecken oder aber er sogar unter Quarantäne steht. Was ist, wenn die Veranstaltung von offizieller Seite abgesagt wird? In einem solche Fall sind die vereinbarten Entgelte und Ticket-Preise zu erstatten. Hier liegt durch die Absage regelmäßig ein Fall der Unmöglichkeit vor, sodass auch der Besucher von seiner Pflicht zur Zahlung befreit wird. Weitergehende Ansprüche des Besuchers zum Beispiel auf Schadenersatz dürften hingegen regelmäßig nicht bestehen, da den Veranstalter wohl kein Verschulden an der Absage trifft. Ein solches Verschulden fehlt regelmäßig bei Vorliegen "höherer Gewalt". Was unter "höherer Gewalt" zu verstehen ist, ist nicht gesetzlich festgelegt. Nach der Rechtsprechung liegt dieser Fall vor, bei betriebsfremden, von außen herbeigeführten Ereignissen, die unvorhersehbar und ungewöhnlich sind, und die mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartenden Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden können. Im Hinblick auf die durch das Coronavirus ausgelöste Krisensituation dürfte ein solcher Fall von "höherer Gewalt" gegeben sein. Welche Rechte bestehen, wenn eine Messe abgesagt wird? Unter den vorstehend genannten Voraussetzungen haben Besucher einer Messeveranstaltung, so wie auch Inhaber von Tickets für Fußballspiele, Konzerte oder andere Events, ein Recht auf Erstattung des Ticketpreises, wenn die Veranstaltung abgesagt wird. Umstritten ist, ob ein solcher Anspruch auch dann besteht, wenn der Veranstalter in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Rückerstattung für den Fall des Vorliegens von "höherer Gewalt" ausgeschlossen hat. Im Hinblick auf die verbraucherschützenden Vorschriften dürfte eine solche Regelung hingegen wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sein. Anders hingegen stellt sich die Rechtslage für einen Aussteller, der juristisch als Unternehmer gilt, dar. Wenn hier nach den zugrundeliegenden Vertragsbedingungen Ansprüche beim Vorliegen "höherer Gewalt" ausgeschlossen sind, läuft der Aussteller Gefahr, sowohl bei der Rückerstattung der im Voraus entrichteten Standmiete wie auch bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vollständig in die Röhre zu schauen. Können Betriebe auf die vorübergehende ganz oder teilweise Stilllegung des Betriebsablaufes mit Kurzarbeit reagieren? Ja, die aktuelle Krisensituation macht zahlreichen Branchen in Deutschland schwer zu schaffen. Einige Betriebe mussten bereits vorübergehend schließen, andere machen sich auf einen teilweisen oder kompletten Stillstand gefasst. Da die Betriebsschließung oder -einschränkung zum sogenannten Betriebsrisiko zählt, behält ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entgeltzahlung auch dann, wenn er keine Beschäftigung erhält. Dies hat zur Folge, dass wegen des damit verbundenen Einnahmenverlustes auch die Lohnzahlungen für die Mitarbeiter gefährdet sind und gegebenenfalls Kündigungen ausgesprochen werden müssten. Auf Kündigungen sollte verzichtet werden, da andernfalls bei einer Rückkehr zu normalen Verhältnissen, die Arbeitnehmer nicht mehr zur Verfügung stehen. Zudem wären Kündigungsfristen zu beachten, die je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit mehrere Monate bestehen können. Bei einer solchen Konstellation stellt die Kurzarbeit im Arbeitsverhältnis ein probates Mittel dar, um die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Betrieb aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalles wenigstens zeitweise zu kompensieren. Die Einführung von Kurzarbeit setzt voraus, dass sie zwischen Arbeitsgeber und Arbeitnehmer vereinbart wird. Dies kann durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder entsprechende Klauseln in den Arbeitsverträgen im Voraus erfolgen. Sonst bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung. Weitere Voraussetzungen sind der Abbau von Resturlaub und eventuellen Zeitguthaben. Im Hinblick auf die sich aktuell überschlagenden Ereignisse hat das Bundeskabinett im Eilverfahren am 16. März 2020 das "Arbeit-von-Morgen"-Gesetz beschlossen, wodurch die Beantragung von Kurzarbeit rückwirkend zum 1. März 2020 für die Arbeitgeber deutlich vereinfacht wird. Wesentlich ist die Herabsetzung der Schwelle, ab der Kurzarbeit gefördert wird. Zudem übernimmt die Bundesagentur für Arbeit die Sozialversicherungsbeiträge, welche nach bisheriger Rechtslage vom Arbeitgeber zu tragen wären. Kann wegen des Coronavirus die Miete gemindert werden? Ein Anspruch auf Minderung des Mietzinses für eine Wohnung dürfte gänzlich ausscheiden. Hier ist kein rechtlicher Ansatz erkennbar. Etwas problematischer ist die Situation in der Gewerberaummiete. Da viele Ladenlokale geschlossen sind, brechen auch vollständig die Einnahmen, wodurch die monatlichen Mietzahlungen erwirtschaftet werden sollen, weg. Egal aber, ob nun der Gewerbetreibende selbst unter staatlich angeordneter Quarantäne steht und deshalb seinen Laden schließen muss, oder aber ob er von den allgemeinen Schutzmaßnahmen betroffen ist, welche die übergehende Schließung von Ladenlokalen angeordnet haben, besteht ein solcher Minderungsanspruch nicht. Dies ist damit zu begründen, dass ein Mangel der Mietsache, welcher Voraussetzung für einen Minderungsanspruch wäre, schlichtweg nicht vorliegt. Gibt es auch Auswirkungen der coronabedingten Bewegungseinschränkungen auf dem Gebiet des Familienrechts? Bewegungseinschränkungen wirken sich im Bereich des Familienrechts vor allem in den oftmals sehr umstrittenen Fragen der Ausübung des Umgangsrechtes durch den nichtbetreuenden Elternteil mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern aus. Die Wahrnehmung des Umgangsrechtes setzt eben voraus, dass die Kinder von einem zum anderen Elternteil wechseln. In Zeiten der Corona-Pandemie dürfte dies mit nicht vertretbaren Risiken sowohl für die Kinder wie auch für die beteiligten Elternteile und deren Angehörige verbunden sein. Fragen des Aufenthaltes von Kindern und des Umgangs mit den Elternteilen sind in erster Linie an dem Kriterium des Kindeswohles zu entscheiden und haben sich danach zu richten, was den wohlverstandenen Interessen der Kinder am ehesten entspricht. Das dürfte bei der jetzigen Situation dazu führen, dass Umgangsregelungen bis zur Beseitigung der derzeitigen Infektionsgefahr auszusetzen sind. Wer "sein Umgangsrecht" unter Berufung auf einen entsprechenden Beschluss unter allen Umständen durchsetzen will, wird sich für den Fall einer gerichtlichen Entscheidung auf eine Niederlage und eine Belehrung dahingehend einstellen müssen, dass es bei diesen Fragen nicht um die Durchsetzung von Rechtspositionen gehen kann, sondern allein um das Wohl der Kinder. Die Fragen stellte Mario Zender.