Mario Zender

»Jede Nebentätigkeit auf ehrlichen Prüfstand«

Cochem. Sonja Bräuer will Landrätin werden und verspricht mehr Service für die Bürger. Wir sprachen mit der gemeinsamen Kandidatin von SPD. FWG und Grüne.
Landratskandidatin Sonja Bräuer.

Landratskandidatin Sonja Bräuer.

Bild: Privat

WochenSpiegel: Sie kandidieren als Landrätin für den Landkreis Cochem-Zell. Hat unser Landkreis, aufgrund seiner (kleinen) Größe überhaupt noch eine Zukunftschance? Ihre Parteifreunde in Mainz hatten in der Vergangenheit ja bereits Überlegungen zu einer Kreisreform.

Sonja Bräuer: In Zeiten von Pandemie, Lieferkettenengpässen und einem Krieg in Europa bewähren sich genau die kleinen Strukturen. Davon bin ich überzeugt und so bin ich aus einem 200-Einwohner-Dorf kommend auch geprägt. Man kennt sich, hilft sich und kann den Überblick bewahren. Was sich Professoren in der Theorie und mit einem Gutachten zusammenreimen, muss nicht immer geeignet sein für die Lebenspraxis vor Ort. Auch in Mainz spielen solche Überlegungen derzeit keine Rolle. Kürzlich hat mich jemand als beste Überlebensgarantie für den Kreis bezeichnet, eben weil ich eine hartnäckige Kämpferin bin und einen sehr engen Draht zu denen habe, die genau solche Entscheidungen treffen. Das fand ich ein schönes Bild.

WochenSpiegel: Was motiviert Sie dazu, Landrätin zu werden und welche Ziele möchten Sie während Ihrer Amtszeit erreichen?

Sonja Bräuer: Der Gestaltungswille motiviert mich. Wer vom Dorf kommt, fackelt nicht lang und packt an. Das macht mich aus. Nicht zurückzublicken, sondern den Landkreis vorausschauend für die Zukunft aufzustellen und auch schwierige Fragen zu stellen, bevor sie überhaupt zum Problem werden. Mit neuen Ideen und der Vision, dass junge Familien genau wie Ältere darauf vertrauen können, dass sich die Landrätin zusammen mit der Verwaltung wirklich kümmert. Die ärztliche Versorgung braucht ein Umdenken und den Mut, auch mal andere als die klassischen Wege zu gehen, um sie zu sichern. Die Kreisverwaltung muss Ideenschmiede und Dienstleistungsbetrieb werden. Die Wasserversorgung muss langfristig gesichert werden, schon bevor der Mangel unumkehrbar wird. Mit Löschteichen in Waldgebieten, mit verstärkter Brauchwassernutzung und mit einer Sensibilisierung, dass Wasser ein kostbares Gut ist. Solche Diskussionen will ich führen. War schon immer so, wird schon gutgehen, damit gebe ich mich nicht zufrieden. Ich will die nächsten Schritte denken, solange wir es in der Hand haben.

WochenSpiegel: Welche spezifischen Fähigkeiten und Eigenschaften bringen Sie mit, die Sie zu einer erfolgreichen Landrätin machen würden?

Sonja Bräuer: Seit fast 15 Jahren bin ich kommunalpolitisch unterwegs, kenne aber auch das Leben abseits der Politik. Das ist ein Vorteil, um mit einem frischen Blick an die Dinge heranzugehen und Festgefahrenes mal aus anderen Perspektiven neu zu denken. Entscheidungen müssen besprochen, nachvollziehbar erklärt und verstanden werden können. Von Anfang an. Kommunikation ist meine Leidenschaft, sonst hätte ich nicht Publizistik studiert und journalistisch gearbeitet. Oder sportlich ausgedrückt: Als Außenangreiferin, Mannschaftsführerin und Schiedsrichterin war ich 14 Jahre lang im Volleyball genauso unterwegs wie ich es auch politisch pflege: Das Team über die Einzelinteressen stellen, ausgleichend die hitzigen Gemüter zusammenbringen und sportlich angreifen, um gemeinsam das Beste für diesen Kreis rauszuholen.

WochenSpiegel: Warum sind Sie die bessere Kandidatin gegenüber Ihrer Mitbewerberin Anke Beilstein (CDU).

Sonja Bräuer: Andere sagen, sie schätzen an mir, dass ich einen kühlen Kopf bewahre, auch wenn es turbulent zugeht. Ich bin es gewohnt in stressigen Momenten Entscheidungen zu treffen, Leistung zu bringen, auch mal um die Ecke zu denken und mich nicht beirren zu lassen. Das lernt man, wenn man Finanzbudgets von Mittelständlern wie Großkonzernen betreut hat und gleichzeitig Führungsverantwortung aus der öffentlichen Verwaltung mitbringt. Die bessere Kandidatin bn ich für die Wähler, die auf frischen Wind und Schwung für diesen Landkreis setzen.

WochenSpiegel: Wie planen Sie, die Transparenz und Bürgernähe in Ihrer Amtszeit zu fördern?

Sonja Bräuer: Gute Politik ist ehrliche Politik, auch und gerade bei ungemütlichen Themen. Geheimniskrämerei und ein öffentliches Amt mit Verantwortung für die Bürger beißen sich aufs Schärfste. Es braucht auch in digitalen Zeiten noch Menschen, die ansprechbar sind und miteinander reden. Das gilt für das Bürgerbüro wie für die Landrätin. Eine, die auf die Menschen zugeht, die eine nachvollziehbare und klare Haltung wirklich lebt und die vor allem auch zuhören kann. Persönliche Sprechstunden einer Landrätin sind ungewöhnlich, aber ich würde trotzdem welche machen und zwar da, wo sich das Leben abspielt.

WochenSpiegel: Stichwort Nebentätigkeiten: Der aktuelle Landrat hat zahlreiche Nebentätigkeiten und bekommt dafür auch noch jede Menge Geld nebenher. Ist das bei einer Landrätin Sonja Bräuer zukünftig auch so?

Sonja Bräuer: Eine Landrätin wird gewählt, um als Landrätin gute Arbeit abzuliefern. Punkt. Wenn man für 40 Nebentätigkeiten jeweils nur eine Stunde pro Woche aufbringen würde, wäre man nach Adam Riese bereits bei einer Vollzeitbeschäftigung neben dem eigentlichen Job. Das geht gar nicht. Jede Nebentätigkeit muss auf den ehrlichen Prüfstand und nicht jede, die dann noch übrig bleibt, muss die Landrätin persönlich wahrnehmen, nur um nebenher Kohle zu scheffeln. Die Kreisverwaltung hat auch viele gute Mitarbeiter.

WochenSpiegel: Warum fehlt auf Ihren Plakaten, die Sie im gesamten Kreis aufgehangen haben, das Logo »Ihrer« SPD?

Sonja Bräuer: Das meine ich mit ehrlich. Auf meinen Plakaten steht klar, was ich bin: Die gemeinsame Kandidatin von FWG, Grünen und SPD. Ich verstecke nichts, die drei Bündnispartner bekennen sich eindeutig zu mir und ich bin vor allem auch sehr stolz, dass mir die Mitglieder von gleich drei im Kreistag vertretenen Parteien ihr Vertrauen geschenkt haben und wir mit dem Bündnis überparteilich unterwegs sind. Entscheidungen in der Kommunalpolitik sollten immer die Sache fokussieren, nicht das einzelne Parteibuch.

WochenSpiegel: Die Landes FWG ist Ihnen vergangene Woche in die Parade gefahren und hat klargestellt das sie als FWG keine Wahlempfehlung für Sie abgegeben hat. Wie konnte es zu so einem Störfeuer kommen?

Snja Bräuer: Eine Landratswahl ist eine Kreiswahl und das bleibt sie auch dann, wenn bewusst von außen versucht wird, ein falsches Bild zu zeichnen. Die Mitglieder der drei Kreisverbände von FWG, Grünen und SPD haben mich nominiert und der Kreiswahlausschuss hat die Nominierung der FWG einstimmig angenommen. Ein eindeutigeres Zeichen gibt es nicht. Mit einem parteiübergreifenden Votum von 100 Prozent in geheimer Wahl könnte ich nicht deutlicher durch die Mitglieder getragen sein. Wir waren von Anfang an gemeinsam unterwegs und wir bleiben gemeinsam unterwegs.

Die Fragen stellte Mario Zender


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