Michael Nielen

Alte Gerichtssäule wird neu gemeißelt

Kommern. Mit Hämmern, Meißeln und Sandsteinblöcken beginnt im LVR-Freilichtmuseum Kommern ein außergewöhnliches Projekt: Die historische Gerichtssäule von Kommern wird in Handarbeit rekonstruiert.

Das Original, das seit Jahrzehnten in der Baugruppe Eifel steht, bleibt Eigentum des Museums – doch eine originalgetreue Kopie soll künftig wieder im Ortskern von Kommern aufgestellt werden.

Museumsdirektor Dr. Carsten Vorwig erklärte bei der Vorstellung: »Die Gerichtssäule war einst ein sichtbares Hoheitszeichen. Sie zeigte den Menschen, dass Kommern eine eigene Gerichtsbarkeit hatte – und damit einen besonderen Status im gesellschaftlichen Gefüge. Solche Säulen waren Symbole der Macht, ähnlich wie Rathäuser oder Kirchen.«

Das Originalstück stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert und stand über Jahrhunderte im alten Amt Kommern. Vorwig: »Als das Original aus dem Ort weichen musste, fand es hier im Freilichtmuseum seinen neuen Platz – restauriert und eingebettet zwischen Kapelle und Schuldheißenhaus, also dort, wo weltliche und kirchliche Macht im dörflichen Leben zusammenkamen.«

Wie die Säule überhaupt ins Museum gelangte, erzählte Rolf Jaeck, Ortsbürgermeister von Kommern, mit einem Schmunzeln: »In den 60er Jahren tagte der Gemeinderat im alten Amtshaus. Nach einer feuchtfröhlichen Sitzung wollte man wissen, wer der beste Schütze ist – und schoss kurzerhand aus dem Fenster auf die Gerichtssäule! Am nächsten Morgen entdeckte der Amtsdirektor das Malheur und verständigte das Museum. So wurde die Säule zum Museumsinventar.«

Da man in Kommern die Säule gern wieder im Ort haben wollte, wurde ein Kompromiss gefunden: Das Original bleibt als Museumsobjekt Eigentum des LVR, eine originalgetreue Kopie aber wird künftig wieder in Kommern aufgestellt.

Verantwortlich für die Umsetzung ist Ulrike Glaubitz, Steinmetzmeisterin und Vorführhandwerkerin des Freilichtmuseums. Mit sichtbarer Begeisterung erklärte sie ihr Vorgehen: »Ich freue mich sehr, Teil dieses Projektes zu sein. Es ist für mich eine Ehre, Geschichte nicht nur zu bewahren, sondern auch wieder sichtbar zu machen. Wir schenken Kommern ein Stück seiner Vergangenheit zurück.«

Glaubitz fertigt die Kopie aus regionalem Eifeler Sandstein aus Bitburg – einem lebhaft gebänderten Naturstein. Die neue Säule wird etwa 2,30 Meter hoch sein und aus drei Elementen bestehen: einem Sockel von 60 Zentimetern Höhe, einer 1,45 Meter hohen Säule und einer abschließenden Kugel mit 25 Zentimetern Durchmesser. Rund 250 Arbeitsstunden wird Glaubitz in das Werk investieren – größtenteils während ihrer öffentlichen Handwerksvorführungen.

»Ich arbeite mit traditionellen Werkzeugen – Eisen, Schlageisen, Spitzeisen, Fäustel. Die Technik hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert«, erläutert die Steinmetzin. Das Projekt sei auch ein Beispiel für gelebte Teamarbeit: »Die Schreinerei des Museums hat die Schablonen angefertigt, mit deren Hilfe die Profile exakt nachgebildet werden können.«

Auch die Stadt Mechernich beteiligt sich. Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick verriet, dass die Stadt die Materialkosten übernimmt: »Wir wissen, was wir an unserem Stadtteil Kommern haben. Ich freue mich, dass das Wahrzeichen bald wieder an seinem alten Platz stehen wird – und hoffe, dass im Rathaus künftig keine Gewehre mehr deponiert werden«, scherzte er. Wenn alles glatt läuft, soll die Gerichtssäule im Mai 2026 fertig- und in Kommern aufgestellt werden.


Meistgelesen