

Es muss nicht unbedingt ein prominenter Weinkenner sein, dem das Publikum beim Testen genussvoll über die Schulter schauen darf. Und so avancierte 1987 ein doch eher unbekanntes und auch unbedarftes Gesicht zum heimlichen Weinjournalisten-Star: der gebürtige Mayener Wolfgang Junglas, der sich beim lokalen SWR-Sender in ein Abenteuer stürzte, von dem er - wie er selbst sagt - keine Ahnung hatte. Heute gehört er mit zu den erfolgreichsten Produzenten zahlreicher Wein-, Food- und Kochsendungen, ist Vorsitzender des Verbandes der deutschsprachigen Weinjournalisten, Präsident des internationalen Weinjournalistenverbandes und Lehrbeauftragter für Neue Medien an der Hochschule Geisenheim im Projekt "Story Telling in Social Media". Mit dem ungeliebten Thema Wein wollte sich nach 1987 kein Redakteur beschäftigen, waren doch die Glykol-Skandale noch zu präsent. Doch für Wolfgang Junglas sollte es die Chance werden, sich bei Genussthemen zu etablieren. Und er hat die Chance genutzt, "wenn auch nach einem Start mit Fehlern", schmunzelt er. Doch Anfang der 90-er nehmen Themen wie Wein und Kochen Fahrt auf - und Junglas ist mitten drin. Die TV-Marke Johann Lafer hebt er aus der Taufe, reist mit ihm um die Welt und erhält schließlich den Auftrag, für den Gault Millau Restaurants zu testen. "Das habe ich durch meinen intensiven Kontakt zu Lafer gelernt", sagt er. Aber die Geschmacksbildung, die habe er in seiner Kindheit in der Eifel ausgebildet. Nüsse und Brombeeren habe seine Familie selbst gesammelt, und wie frische Kartoffeln vom Feld schmecken, weiß er aus seiner Arbeit in der Landwirtschaft. "Das ist meine Basis, daran messe ich auch heute noch alle Speisen", betont er. Verleger, Schriftsteller, Zeitungsreporter - das alles stand auf Wolfgangs Wunschliste, als er 1971 die Mendiger Realschule verließ. Das Zeug fürs Gymnasium hätte er zwar gehabt, aber der Vater war dagegen. Weitere Fürsprecher hatte er nicht. Die Mutter war gestorben, als er 11 Jahre alt war, die älteste Schwester war mit 12 bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. Und so platzten mit einem Male all seine Träume. Doch Aufgeben war keine Option. Weil mit der Mittleren Reife ein Zeitungsvolontariat nicht möglich war, absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Verlagskaufmann und erhielt dort erste Einblicke in die Redaktion. 1977 holte er im Hessenkolleg in Wiesbaden das Abitur nach, studierte anschließend an der Frankfurter Universität Soziologie mit dem Schwerpunkt Statistik, Sozialpsychologie und Wirtschaft. Währenddessen hospitierte er bei der ZDF-Redaktion "tele-illustrierte" und arbeitete parallel zum Studium als freier Mitarbeiter, später beim SWR in Mainz. Zuständig ist er dort für das Thema Genuss - und es soll sein Steckenpferd werden. Mit Unterhaltungssendungen wie "Johann Lafer kocht", "Glaskasten" und "Fröhlicher Weinberg" ist er nahezu konkurrenzlos, die Übertragung der Wahl der Deutschen Weinkönigin verantwortet er seit 1998. 2004 gründet er seine eigene Produktionsfirma "Konzept TV", schreibt mehr als ein Dutzend Bücher über Wein, Reisen und Gastronomie, wird Restauranttester für den Gault Millau und 2011 Intendant des Unterhaltungsformats der "Rheingauer Weinbühne" in der Brentanoscheune in seinem Heimatort Oestrich-Winkel. Sein Wissen gibt er an die Studenten der Geisenheimer Hochschule und der Dualen Schule in Heilbronn weiter. "Story Telling in Social Media" heißt das Projekt, mit dem er seit 2019 begeistert. "Wie erzähle ich eine gute Geschichte?", fragt er seine Studenten und nimmt sie mit auf seine Reise in die digitale Welt, die für ihn mehr Chancen als Risiken beheimatet. Diese Einstellung verdankt er vor allem seiner Ehefrau Tracey, einer gebürtigen Engländerin. "Außerhalb Deutschlands ist die Bereitschaft für digitale Kommunikation höher", so seine Erfahrung. Dass man auch mit einfachen Video-Geschichten maximale Aufmerksamkeit erhalten kann, zeigt Abby, seine Hündin. Sie hat eine eigene Facebook-Seite und jede Menge Follower. Nun hat der bekennende Rheingauer und heimatverbundene Eifler eine ganz neue Sparte in Angriff genommen. Wolfgang Junglas wird einen Roman mit autobiografischem Charakter schreiben. "Jetzt, da ich Rentner bin, habe ich mehr Zeit", sagt der immer noch vielbeschäftigte TV-Produzent und Autor. Viel will er nicht verraten, aber es soll auch ein Seelenwerk werden. Denn die Aufarbeitung des Todes seiner Mutter und seiner Schwester hat ihn viele Jahre beschäftigt. "Die Rolle, die man im Leben spielt, wird schon in der frühen Kindheit festgelegt", sagt er nachdenklich. "Deshalb sollten wir uns intensiv damit auseinandersetzen."