

Schäfer zu sein, ist einer der ältesten Berufe der Welt. Vor etwa 10.000 Jahren ist er in Asien entstanden, als die Menschen angefangen haben, Schafe als Nutztiere zu halten. Heute sind Schäfer und ihre Herden auch wichtige Naturschützer, doch ihre Existenz ist leider bedroht, wie Schäfer Martin Bous aus Ehrang uns im Interview berichtet. Schafe kennt und liebt er seit seiner Kindheit. Schon sein Großvater und sein Vater haben sich professionell der Schafszucht gewidmet. In dritter Generation kümmert sich der 73-Jährige nun also schon um seine Herde von 200 Schafen inkl. vier Böcken. Und das täglich von 7 Uhr morgens bis 20 Uhr abends! An 365 Tagen im Jahr zieht er mit seiner Herde aus Merino- und Schwarzkopfschafen mit seinem Hütehund "Hexe" über die Wiesen und Weiden im Raum Reinsfeld, Hermeskeil, Gusenburg und Grimburg. Schäfer wie Martin kennen ihre Schafe ganz genau.
Sie können die Tiere am äußeren Erscheinungsbild voneinander unterscheiden. Nur in der "Lammzeit", also wenn im Frühjahr die kleinen Lämmchen geboren werden, sind einige Schafherden im Stall untergebracht. Das ist für den Schäfer dann etwas einfacher. Namen gibt Schäfer Martin ihnen allerdings nicht - sie heißen alle "Schaf", berichtet er mit einem Schmunzeln. Auch schlachten tut er nicht. Er verkauft seine Tiere auf Anfrage nur lebend. Normalerweise fressen seine Tiere das Gras von den Wiesen. Da kann es schon mal vorkommen, dass an einem Tag ein kleines Fußballfeld Wiese abgefressen wird. Dann müssen Schäfer und Herde am nächsten Tag weiterziehen. In trockenen Sommern wie diesem ist das Futter allerdings sehr knapp und Martin muss Gerste teuer zukaufen, die er im Laufe eines Morgens täglich zufüttert, damit es seinen Tieren gut geht. Auch genügend Wasser muss er herbeischaffen, damit die Tiere nicht verdursten.
Im Winter, wenn der Boden zugefroren ist, bekommen Schafe Heu und Zuckerrübenschnitzel. Am Ende des Winters - Ende März, circa 14 Tage bevor es aus dem Stall wieder nach draußen geht, werden seine Schafe geschoren, damit sie - je nach Wetterlage- Mitte bis Ende April wieder auf die Weiden können. Eine Schur seiner Herde kostet Schäfer Martin durchschnittlich 1.100 Euro - die Schurwolle ist heutzutage leider eher zum "Abfallprodukt" geworden und bringt nur noch circa 25 Cent pro Kilo. Aus der Wolle können Kissen, Decken oder Kleidungsstücke hergestellt werden. Heute schert man die Schafe mit einer Art Rasierapparat, früher haben die Schäfer das mit einer speziellen Schere noch selbst gemacht. Dann muss die Wolle gewaschen und getrocknet werden. Anschließend wird sie mit speziellen Kämmen so lange gebürstet, bis sie glatt ist. Früher hat man das mit der getrockneten Blüte einer Distel gemacht. Mittlerweile gibt es auch Maschinen, durch die man die Schafswolle drehen kann, damit sie glatt wird. 3.50 Euro erhält der passionierte Schäfer derzeit pro Kilo für ein lebendes Schaf aus seiner Herde. Durchschnittlich bringt ein Schaf beim Verkauf circa 50 bis 55 Kilo auf die Waage. Seine Kundschaft sind meistens muslimische Händler. Durchschnittlich isst man derzeit in Gesamtdeutschland noch kein Kilo Lammfleisch pro Jahr. 145 Tage sind Schafe übrigens tragend bis ein neues Lämmchen das Licht der Welt erblickt. Bis zum Verkauf bleiben sie dann bei ihrer Mutter. Muttertiere werden allgemein fünf bis sechs Jahre alt - manchmal auch zehn Jahre, berichtet Schäfer Martin. "Die Zeit, die man täglich mit den Tieren verbringt, darf man nicht rechnen. Bei Schafen darf man nicht auf die Stunde gucken. Aber auch so rechnet sich die Schafszucht nicht mehr - die Futtermittel sind kaum noch zu bezahlen, und in vier Tagen ist der Tank schon wieder leer. Von den Tierarztkosten ganz zu schweigen. Gott sei Dank haben wir derzeit keine Seuchen in Rheinland-Pfalz."
Was er davon hält, dass manche Gruppierungen den Wolf wieder in Deutschland ansiedeln wollen? "Davon halte ich gar nichts. Wolfsrudel reißen manchmal im Blutrausch bis zu 20 Tiere in einer Nacht. Es gibt bereits größere Probleme im Osten Deutschlands", weiß Schäfer Martin zu berichten. Um sich effektiv vor Wölfen zu schützen, brauche man zusätzliche Herdenschutzhunde. Dabei rechne man einen Hund auf 100 Schafe. Zudem benötigt jeder dieser Hunde, da sie auch über Nacht bei der Herde bleiben, eine separate Hundehütte. Das schreibe der Tierschutz vor. Und dazu noch teure Zäune. "Man kann hier die Sicherheitsvorkehrungen nicht so treffen, dass eine Herde 100 Prozent gegen einen Wolfsangriff geschützt ist. Auch finanziell ist das einfach nicht machbar. Wenn der Wolf kommt, dann ist das das Ende der Wanderschäferei im größeren Stil in Deutschland", stellt Martin Bous traurig fest. "Es ist mir unbegreiflich, wie man Steuergelder für den Wolfsschutz verbraten kann. Ein Wolf reißt einem Schaf den Pans auf und die Gedärme raus, da lebt das arme Tier noch und verendet qualvoll, wenn der Schäfer es nachts nicht rechtzeitig findet. Wo bleibt denn da der Tierschutz? Wo sind die Veterinäre bei einem Wolfsriss?
Der Wolf ist nicht umsonst vernichtet worden, weil er so viele Nutztiere gerissen hat. Was nutzt einem die finanzielle Entschädigung, wenn einem der Wolf den Bestand kaputt macht?" kritisiert Schäfer Martin. "Der Wolf gehört genauso ins Jagdrecht aufgenommen wie das andere Wild auch. Auch er ist zu bejagen, sonst breitet er sich ungehindert immer weiter aus." Gegen das rheinland-pfälzische Ansiedlungsprojekt von Luchsen hat der passionierte Schäfer nichts einzuwenden; denn: "Der Luchs ist nicht wie der Wolf! Der holt nur ein Tier gegen seinen Hunger." Martin Bous findet es deshalb auch nicht in Ordnung, dass "die breite Masse den Wolf als ‚harmloses Tier' verkauft bekommt, das scheu sei und den Menschen meide." Und ergänzend betont er: "Erst, wenn wirklich ein Mensch zu Schaden kommt - man könnte zynisch sagen, am besten aus dem Kreis der Befürworter - dann findet ein Umdenken statt. Wenn ich selbst kein Nutztier draußen hätte, wäre mir der Wolf auch egal." Und noch eines regt den Schafsfreund auf: "Auch die Sommerzeit ist der letzte Mist; denn meine Tiere stellen sich nicht um und futtern eine Stunde später. Immer, wenn der Mensch in die Natur eingreift, gibt's in der Natur Chaos." Und ein Fazit hat er auch noch: "Ich würde heute nie einem jungen Menschen empfehlen, die Schafszucht hauptberuflich zu betreiben." Wer's dennoch wagen möchte, kann eine Ausbildung zum Tierwirt - Fachrichtung Schäferei, kurz Schäfer machen. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Man lernt dabei unter anderem, wie man Schafe hält, hütet und schert. So romantisch wie auf vielen Bildern ist der Beruf leider wirklich nicht: Ein Schäfer hat viel Verantwortung für seine Herde und muss hart arbeiten - bei Wind und Wetter - Tag für Tag…
Text/Fotos: Sabine Krösser


