

»In meinem neuen Buch geht es um einen Mann, den Influencer extrem stören – und davon gibt es ja tatsächlich einige«, erzählt Martina Straten. „Aber dieser Mann hat einen ganz bestimmten Grund, warum er sie so blöd findet.« Der Täter entführt seine Opfer und bringt sie in ein unheimliches, altmodisch eingerichtetes Fernsehstudio, das er sich selbst gebaut hat. Dort zwingt er sie, eine perfide Show zu spielen – zunächst nur für ihn, später für ein Millionenpublikum. »Warum er das tut, hat natürlich mit seiner eigenen Geschichte zu tun«, sagt Straten.
Was wie eine bizarre Idee wirkt, entwickelt sich in ihrem Thriller zu einer psychologisch dichten Geschichte über Macht, Kontrolle und die dunklen Seiten medialer Selbstinszenierung.
»Ich sehe das Thema Influencer sehr zwiegespalten«, sagt sie. »Einerseits weiß ich, wie hart dieser Job ist: ständig sichtbar sein, permanent posten, immer aktuell bleiben – das ist Arbeit. Andererseits frage ich mich oft: Braucht die Welt das wirklich?«
Für Straten ist klar: Die Frage nach Sichtbarkeit, Selbstdarstellung und öffentlichem Leben ist eine der zentralen Fragen unserer Zeit. »In den 50er-Jahren haben sich viele gefragt: Brauchen wir überhaupt Fernsehen? Heute ist es Social Media. Und unsere Kinder wachsen genau damit auf.«
Doch wie viel Offenheit ist zu viel? Wie angreifbar macht man sich, wenn man sein Leben in die Öffentlichkeit trägt?
In ihrem Thriller hat diese Offenheit für manche der Figuren fatale Konsequenzen.
Wie nah Realität und Fiktion manchmal beieinanderliegen, weiß Martina Straten aus eigener Erfahrung. »Als meine Mutter vor vier Jahren gestorben ist, habe ich das auf Facebook geteilt. Sie hatte Demenz – ein Thema, das auch im neuen Buch eine Rolle spielt.« Die Reaktionen auf ihren Post waren überwältigend: »Ich habe so viel Trost bekommen. Menschen haben mir geschrieben, wie sehr sie ihre Eltern vermissen oder mit ähnlichen Schicksalen kämpfen.« Für Straten war das ein Schlüsselmoment: »Man lernt voneinander. Und man traut sich, Dinge auszusprechen, die man im realen Leben vielleicht nie sagen würde.« Gerade deshalb glaubt sie an die Kraft von Literatur – auch in düsterer Form: »Alles, was ich in meinen Thrillern erfinde, gibt es irgendwo auf dieser Welt tatsächlich. Und genau das finde ich so erschreckend – aber auch wichtig.«
Stratens Werke sind keine reinen Spannungsgeschichten. Es geht um mehr als Nervenkitzel. Immer schwingen gesellschaftlich relevante Themen mit. »In meinem aktuellen Buch ist es Demenz, im vorherigen Thriller "Wolfsmädchen" war es die Frage: Was passiert, wenn ein Kind plötzlich auf sich allein gestellt ist?«
Für sie ist klar: »Menschen, die andere verletzen oder töten, handeln nicht grundlos. Wer solche Taten verhindern will, muss verstehen, warum sie geschehen. Und genau das versuche ich zu zeigen – auch wenn es erfunden ist.«
Obwohl sie inzwischen viele Thriller veröffentlicht hat, war Das Studio für Martina Straten eine kleine Premiere: »Zum ersten Mal habe ich ein Exposé geschrieben – etwas, das ich sonst nie mache. Es war aufwendig, aber hilfreich für die Struktur.«
Normalerweise schreibt sie intuitiv: „Als würde ich einen Film sehen und dir davon erzählen.“ Das funktioniert – manchmal aber auch nicht. „Dann fliegen halt mal fünfzig Seiten raus. Das gehört dazu.“
Wenn sie nicht schreibt, ist Martina Straten draußen – mit ihren Hunden im Wald. „Ich öffne einfach die Tür und bin in einer Landschaft, in der andere Urlaub machen. Ich kann stundenlang laufen.“ Musik hört sie dabei keine. „Ich genieße es, den Vögeln und dem Wind zuzuhören. Das ist für mich das Schönste.“
Neben dem Schreiben liebt sie das Sprechen. „Ich komme vom Radio, Audio ist mein Ding. Deshalb spreche ich auch alle meine Hörbücher selbst ein. Ich habe schließlich eine ausgebildete Sprecherziehung – warum sollte ich das jemand anderem überlassen?“
Martina Straten ist eine Frau mit klarer Stimme – ob geschrieben oder gesprochen. Ihre Thriller sind spannend, aktuell, vielschichtig. Und sie stellen unbequeme Fragen – dort, wo wir oft lieber wegschauen.
»Das Studio« gibt es überall im Buchhandel bestellbar unter der ISBN 9783982225067. Preis: 18 Euro.
Teilnahmebedingungen unter www.wochenspiegellive.de/service/gewinnspiele
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