Magdalena Bomba

Gewürgt, dann Kehle durchgeschnitten

Was genau passierte an dem Tag im Juni 2012, an dem die 56-jährige Großmutter in Niederwörresbach ihrer kleinen Enkelin Anna die Kehle durchgeschnitten haben soll? Im Laufe des dritten und vierten Verhandlungstages offenbarten sich noch mehr grausame Details. Vor allem die Videoaufzeichnung der Vernehmung der Schwester von Anna sorgte für Schaudern.

Die Angeklagte wirkt sichtlich ausgezehrt, als sie von zwei Justizmitarbeitern in den Gerichtssaal geführt wird. Sie nimmt Platz zwischen ihrem Verteidiger und der Dolmetscherin. In der hellen Hose und dem beigefarbenen Jackett wirkt sie blass. Sie scheint kraftlos, schlägt zwischendurch die Hände vors Gesicht und wischt sich immer wieder die Tränen mit einem zerknitterten Taschentuch weg.Vier Nachbarn des aus Russland stammenden Ehepaares zeichneten am vergangenen Mittwoch ein Bild vom Nachmittag des 23. Juni, als die Zweijährige kurzzeitig aus der Obhut der Oma ausgebüxt war. So schilderten die Anwohner einhellig, das Mädchen gegen 15.45 Uhr - nur mit einem rosa T-Shirt bekleidet - auf der Straße entdeckt zu haben. Eine Nachbarin nahm das Kind auf den Arm und machte sich auf die Suche nach den Eltern. »Keiner kannte das Kind oder wusste, wo die Eltern wohnen«, so die Zeugin. Das Mädchen sei nicht ängstlich gewesen, berichtet sie, habe einige Male »Mama« gesagt, sonst aber auch nichts. Nach rund 20 Minuten sei schließlich der Großvater der Kleinen aufgetaucht und habe in gebrochenem Deutsch erzählt, das sei seine Enkelin. »Ich hatte anfangs Zweifel, weil ich den Mann noch  nie bei uns im Ort gesehen habe«, erinnert sich die Frau an ihre Bedenken, »Als das Mädchen aber die Ärmchen nach ihm ausstreckte, ließ ich das Kind mit ihm gehen.« Wie der Tag jedoch weiterging und schließlich am Abend in der Tragödie endete, ist indes nicht völlig geklärt. Bereits am Montag zuvor wurde hierzu die Befragung der einzigen Zeugin des grausigen Verbrechens im Gerichtssaal auf Video gezeigt: Der »großen« Schwester der getöteten Anna. Sie sah die Tat mit an.  Die Fünfjährige wirkte intelligent, beantwortete die einfühlsamen Fragen zügig, ohne sich zwischendurch mit dem vielen Spielzeug, das die Beamten für sie bereitgelegt hatten, zu beschäftigen. So erzählte das Mädchen, dass sie und ihre kleine Schwester gemeinsam mit der Großmutter im Bett lagen. Während diese schlafen wollte, habe Anna jedoch geschrieen und gezappelt. Dann habe Oma sie in die Küche geschickt, ein Messer holen, erzählte sie weiter. Als sie damit wieder ins Schlafzimmer gekommen sei, wurde sie nochmal zurückgeschickt, ein weiteres Messer holen. Damit habe die Oma Anna geschnitten, sagte die kleine Zeugin aus. In der Vernehmung erzählte sie auch, die Großmutter habe Anna anschließend auf die Terrasse geworfen. Hier hat später der Ehemann der Angeklagten seine tote Enkelin gefunden, während seine Frau zusammengekauert in dem blutdurchtränkten Bett lag. Von der Tat selber habe er nichts mitbekommen, da er im Wohnzimmer auf der Couch geschlafen habe, gab er bei seiner Vernehmung an.Der stellvertretende Leiter der Mainzer Rechtsmedizin, Professor Thomas Riepert, berichtete, dass als Todesursache bei Anna neben dem enormen Blutverlust auch Ersticken und Würgen in Frage kommen. Der Schnitt durchtrennte die Luftröhre, wodurch Blut in die Lunge gelangte. Fest steht, dass Anna große Würgemale am Hals aufwies. Womöglich sei sie zum Zeitpunkt, als ihr die Kehle durchgeschnitten wurde, schon bewusstlos gewesen, so Riepert. Wie genau sich die Tat abspielte, konnte der Mediziner jedoch nicht hundertprozentig nachvollziehen.Die Kriminaltechnikerin berichtete zum Abschluss des vierten Verhandlungstages noch vom Tatabend. Gegen 1.30 Uhr sei sie aus Trier im Haus in Niederwörresbach eingetroffen, wo bereits zwei Kollegen der Polizeiinspektion Idar-Oberstein anwesend waren. Die Großmutter, die zunächst ins Krankenhaus nach Alzey gebracht worden war, habe einen verwirrten Eindruck gemacht. »Sie schimpfte die ganze Zeit etwas daher auf russisch, es fielen einzelne deutsche Worte, ich konnte nichts verstehen«, so die Beamtin. Die Frau habe auch einen aggressiven  und aufgeregten Eindruck gemacht. Bei der Blutalkoholuntersuchung wurde zum Tatzeitpunkt, der zwischen 21 und 22 Uhr liegt, ein Promillewert von 3,79 errechnet. Der Prozess wird am 22. Januar um 9 Uhr fortgesetzt. Ein weitere Verhandlung ist für 25. Januar um 9 Uhr angesetzt. Dann soll auch das Urteil fallen.


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