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Neues Hochschullogo sorgt für Diskussionsstoff

„Nüchtern. ungeordnet. uninspiriert.“ So lautet das Urteil einiger Studenten zu dem neuen Erscheinungsbild ihrer Hochschule. Sie stimmen für die Rückkehr zum alten Logo.

Ende der letzten Woche präsentierte die Hochschule Trier ihr neues Erscheinungsbild. Ein Ton zwischen Mintgrün und Türkis sowie Weiß und Orange: Das sind die neuen Farben der Hochschule Trier, mit denen sie künftig ihren Außenauftritt gestalten wird. Der Slogan „grenzenlos. pulsierend. visionär.“ begleitet das neue Erscheinungsbild. Aber nicht nur das - auch eine neue Wortmarke ziert jetzt die Hochschule Trier, während die vorherige Bildmarke vollständig verschwunden ist.

Diese neue Wortmarke ist es, was für Diskussionsstoff sorgt. Unter der Veröffentlichung der Hochschule auf ihrer Facebook Seite prangen über 50 Kommentare, die die neue Erscheinung bewerten. Zwischen „mutig und modern“ und „eine Beleidigung“ liegen die Empfindungen der Studenten, die sich zum neuen Logo äußern. Für eine Hochschule, die einen starken Fachbereich Gestaltung habe, sei dies ein Armutszeugnis – sie wollen wohl die Anzahl der Bewerbungen verringern? Das würde ihnen gelingen – so lautet eins der Urteile. Ein anderer schreibt: „Der Slogan ist gut, die Farben mag ich auch. Sind etwas moderner als vorher. Aber dieses abgrundtief hässliche und unverständliche Logo…“ und schreibt damit wohl das nieder, was scheinbar viele seiner Kommilitonen denken.

Externe Gestaltung trotz Design-Studiengängen?

Für viele ist es besonders der Fakt, dass einer der sieben Fachbereiche die Gestaltung repräsentiert und sich zwei der sechs Studiengänge unmittelbar mit dem Design von Kommunikations- und Intermedialen Elementen beschäftigen und somit prädestiniert für die Ausarbeitung von Entwürfen wäre. Was dabei übersehen wird, ist die Hochschulpolitische Lage, die dieses Vorgehen leider nicht möglich macht – oder zumindest schwierig. Denn intern vergebene Aufträge sorgen oftmals noch für noch mehr Probleme und Kränkungen, die kein Institut heraufbeschwören möchte.

Dass es jedoch funktionieren kann wenn die Studenten sich um das Logo ihrer Hochschule kümmern, zeit die FH Aachen. Das mehrfach preisgekrönte Design wurde in einem Seminar des Sommersemesters 2009 entwickelt, in dem fünf studentische Teams die Gelegenheit hatten, Konzepte zu entwerfen. Eine Jury aus Vertretern des Hochschulrats, Rektorats, Senats, AStAs und des Fachbereichs Gestaltung stimmte dann einstimmig für den verwendeten Entwurf, der schließlich als Corporate Identity der FH Aachen umgesetzt wurde. Über das Konzept schreibt die Fachhochschule selbst: „Es ist elegant, klar und schnörkellos – und vor allem ist es Mint. Damit ist das Pfefferminzgrün gemeint, das mit Schwarz und Weiß den Farbdreiklang im neuen Logo bildet. Mint bezeichnet im Angelsächsischen etwas Erstklassiges, und an diesem Maßstab möchte sich unsere Hochschule auch messen lassen. Mint steht aber auch für das Themengebiet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, in dem die FH Aachen besondere Stärken hat und in dem sie sich auch in der Zukunft positionieren will.“

Auch die Hochschule Trier erläutert ihr neues Logo. „Der auffällige Textsatz basiert in seiner Grundidee auf der Visualisierung des drei Campus Modells der Hochschule. Das neue Logo steht für Aktivität, Vielfalt und Individualität. Es visualisiert den Freiraum für Entwicklung, Handeln und Denken. Die Hochschule Trier setzt mit ihrem neuen Design einen zeitgemäßen, innovativen Akzent in der Bildungslandschaft und möchte so selbstbewusst ihre anerkannte Position als starke Marke bekräftigen.“ Der Freiraum und die Entfaltungsmöglichkeiten, die die Fächervielfalt an drei Campussen  - Hauptcampus Schneidershof, Designcampus Paulusplatz, Umweltcampus Birkenfeld - bietet, würden somit in einer einprägsamen, bewegten Darstellung individuell und selbstbewusst visualisiert.

 

In verschiedenen Gremien in denen das Logo und die Corporate Identity über drei Jahre hinweg besprochen wurden, gab es laut einem der Kommentatoren keinerlei Entscheidungsbefugnis der einzelnen Fachbereiche, oder zumindest eine, die es dem Einzelnen sehr schwer machte, seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Dass die Bildmarke, die bisher ausdrucksstark das drei Campus-Modell verdeutlichte, wegfällt, scheint ebenfalls schwer zu glauben: „Firmen wie Bitburger, BMW, Mercedes, McDonalds, ja sogar Apple und Microsoft haben JAHRZEHNTE dafür gebraucht, dass Ihre Logos auch ohne Schritt sofort erkannt werden. Das sind unbezahlbare, etablierte Logos für Marken. Nie im Leben würden die Ihre Logos tauschen. Unser altes Hochschullogo war in der Region auch so ein Logo mit Wiedererkennungswert auch ohne Text. Und dieses Logo wird nun durch "etwas" ersetzt, das nur noch aus Text besteht und gar kein Logo mehr hat, das einen solchen Status erreichen könnte. Und den Text muss man auch noch 30 Sekunden lang angucken, bis man versteht, was da überhaupt steht!“ Auch zu letzterem gibt es eine kreative Äußerung aus dem Zeitalter des Internets.

Design als aufstrebendes Fachgebiet

Die Kreativität spricht für sich und zeigt: Die Studenten zeigen Einsatz. Die Hochschule ist ihnen nicht egal, genauso wie ihnen der Fachbereich Gestaltung am Herzen liegt. Das zeigt einen allgemeinen Trend, der mehr und mehr zu den kreativen Studiengängen hingeht. Ob Kommunikationsdesign, Intermediales Design, Architektur oder einen Einstieg in die Modewelt – Modedesign – diese Studiengänge werden immer beliebter. Während früher eher die klassischen Berufe ergriffen wurden und Studienrichtungen in Wirtschaft, Pädagogik oder Ingenieurswissenschaften gingen, entscheiden sich heute immer mehr junge Menschen für ein Fach, das ihre kreative Ader fördert und ihnen erlaubt, später einen gestalterischen Beruf auszuüben. Auch wenn die Jobaussichten nicht so gut sein mögen, wie für Medizin- oder Juraabsolventen, ist es doch so, dass viele Unternehmen sich der Bedeutung von gutem Design bewusst sind.

Das ist nicht nur für die klassischen Richtungen wie Möbeldesign so, in der es schon immer sogenannte „Designklassiker“ gibt, die jeder gerne im Wohnzimmer haben möchte. Durch den Claim des Bauhaus-Stils – Alles ist Design – wird die Gestaltung auf eine neue Ebene gehoben. Design ist nicht nur Aussehen, es ist auch Funktionalität. Design ist nicht nur Schein, es bringt auch eine Message mit sich. Design ist nicht mehr unwichtig, es kann ein Produkt auf- oder abwerten. Innovative Verpackungsideen gehören genauso dazu wie faltbare Möbel oder die Entwicklung von umweltfreundlichen Materialien, die den Planeten nicht weiter belasten. Green Washing gehört nicht dazu – es ist vielmehr der Ansatz, dass die Dinge echt sein müssen. Produkt und Design müssen authentisch sein und ein logisches Ganzes ergeben, um vor dem Interessenten bestehen zu können. Erst dann hat der Designer seinen Job gut gemacht.

Mehr Sein als Schein – das Mehr am Design

Design ist also mehr als Gestaltung. Daran erinnern auch die Hochschulen immer wieder, die ihre Studenten in diesem Fachbereich ausbilden. Es geht auch darum, innovativ zu denken, wie die Köln Internation School of Design zeigt. In ihrer Ausstellung, dem KISDparcours 2016, besinnt sie sich vor allem auf Freiheiten. Nicht jedes Projekt müsse schön und realisierbar sein. Vielmehr geht es um den Grundansatz, der so oft als „Think outside the Box“ zusammengefasst wird. Die Studenten haben dabei in ihrem Studiengang die Möglichkeit, projektbezogen zu arbeiten, was für Design-Studiengänge eine neue Herangehensweise ist. Es geht nicht mehr nur darum, die Grundregeln zu erlernen und möglichst kreativ zu arbeiten. Es geht auch darum, verschiedene Richtungen miteinander zu verbinden und breit zu fächern und somit den eigenen Studiengang zusammen zu basteln: Verschiedenste Module aus Dienstleistungsdesign, Produktionstechnologie, Interface Design oder Ökologie und Design kommen so zu einer ganz individuellen Idee der Ausbildung zusammen.

Dass ein solch Fächerübergreifendes System Sinn macht und dem Zeitgeist entspricht, zeigt auch ein kleiner Blog aus Trier. „Wissen Schafft Design“ lautet der Slogan und zeitgleich der Titel der Seite, die von drei Autoren aus Kommunikationsdesign und Unternehmensberatung mit starkem Interesse an der Naturforschung betrieben wird. Die behandelten Themen kümmern sich um eine wichtige Schnittstelle – die von Naturforschung und Design. Materialforschung und umweltpolitische Themen gehören genauso dazu wie Design, das zu einem verbesserten Nutzerverhalten beiträgt und somit nach dem Grundsatz handelt: „Pollution is nothing but resources we  are not harvesting.“ Richard Buckminster Fuller  - Urheber dieses Ausspruchs - war Designer und Visionär und begriff bereits 1971, was möglicherweise in Form von Plastik und Müll auf die Welt zukommen mag. Den Gedanken, den Müll des Menschen als neue Ressource zu sehen, greifen heute große Firmen auf, wie der Recycling Schuh von adidas und Parley zeigt. Aber nicht nur die großen Firmen und Kunden müssen mit diesem Anspruch, die Welt ein Stück weit vom Müll zu befreien, zu den Designern kommen. Design müsse nachhaltig werden und von sich aus umweltfreundlich agieren – schließlich sei jede Verpackung und jedes Produkt mal durch die Hand eines Designers gegangen, der dann wohl die umweltfreundliche oder auch schädliche Entscheidung getroffen habe, so die Autoren.
 

Querdenker aus Trierer Schmiede

Dass diese Querdenker, die sich für Materialforschung und Müllvermeidung sowie eine Neuordnung des Designgedanken aussprechen, ausgerechnet von der Hochschule Trier ausgebildet wurden und dort ihren Master in Kommunikationsdesign abschlossen, zeigt: Die Hochschule hat zu Recht einen guten Ruf, was ihre Design Studiengänge betrifft und rühmt sich nicht umsonst mit dem neuen Slogan: grenzenlos. pulsierend. visionär.

Ist es dieser gute Ruf, um den die Studenten nun mit dem neuen Logo fürchten? Dass der neue äußere Auftritt nicht dem Inhalt entspräche? Die Denkanstöße, Freiräume und Innovationen, die im Logo angesprochen werden, sind schließlich da, wie all diese Auswüchse der Kreativität und die innovativen Ideen der Absolventen zeigen. Allerdings solle Design auch einfach sein, frei von Erklärungen und ohne diese begreifbar. Das wiederum sehen die Studenten nicht in der neuen Wortmarke ihrer Hochschule.

Unterschriftensammlungen sowie Petitionen gegen das neue Logo sollen bereits in Arbeit sein und unter anderem in den Fachschaften Informatik, Maschinenbau und Modedesign ausliegen. Ob das Ergebnis so gravierend ausfallen wird, dass die Hochschule Trier ihr neues Erscheinungsbild noch einmal überdenkt, bleibt abzuwarten. Die Reaktionen der Studenten jedoch zeigen ein deutliches Maß an Kreativität, die auch ohne erneute Änderung der Wortmarke beachtlich ist und Anerkennung verdient.  
 

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