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Cannabis in Deutschland – wird die Droge bald legal?

Nach wie vor ist das Rauschmittel Haschisch in Deutschland verboten. In den letzten Jahren sprechen sich immer mehr Bürger und Politiker für eine Legalisierung aus. Nicht erst seit dem YouTube-Video von Grünen-Politiker Cem Özdemir rückt die Debatte über eine generelle Cannabis-Legalisierung in den Fokus der Deutschen. Nun wagt Bremen einen Vorstoß – und könnte so ein Vorreiter für das ganze Land werden.

Der Status quo in Deutschland

Deutschland gehört nicht gerade zu den Vorreitern der Cannabis-Politik. Laut Paragraph 1 Betäubungsmittelgesetz (BMG) ist Folgendes strafbar: Besitz, Kauf, Verkauf, Anbau, Einfuhr, Ausfuhr, Weitergabe, Inverkehrbringen. Lediglich der eigentliche Konsum von Haschisch ist in Deutschland nicht explizit verboten. Allerdings geht der Konsum stets einher mit einem, zumindest kurzzeitigen, Besitz von Cannabis, sodass auch hier das BMG greift. Lediglich bei Kleinstmengen stellt die Staatsanwaltschaft etwaige Ermittlungen wegen Geringfügigkeit in der Regel ein. Trotz des generellen Verbots werden in Deutschland immer wieder Cannabis-Plantagen entdeckt.

Eine Ausnahme beim Cannabis-Verbot besteht dennoch: Ärzten ist es erlaubt, Marihuana zu medizinischen Zwecken zu verschreiben. Allerdings müssen hier strenge Auflagen erfüllt sein, damit ein Patient medizinisches Marihuana erhält. Vor allem muss der Arzt nachweisen, dass der Patient eine Erkrankung hat, die den Konsum erfordert. Dazu gehören beispielsweise chronische Schmerzen oder Krebs im Endstadium. Nur dann ist der medizinische Konsum gestattet. 

Obwohl der Erwerb von Cannabis selbst in Deutschland verboten ist, ist es übrigens durchaus erlaubt, passendes Zubehör und Equipment zu erwerben. In sogenannten Headshops können volljährige Personen online wie offline allerlei praktisches Zubehör käuflich erwerben.

Was sagt die Politik?

Im deutschen Bundestag gibt es immer wieder Debatten darüber, ob Cannabis in Deutschland, ähnlich wie in Uruguay oder Kalifornien, legalisiert werden soll. Laut einer aktuellen Studie des deutschen Hanfverbandes haben die Parteien, die für eine Legalisierung sind, den Rückhalt von rund 46 Prozent der deutschen Bevölkerung. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass noch immer mehr als die Hälfte der Deutschen für das Cannabisverbot ist. Lediglich beim Besitz von Kleinstmengen sind mehr als 50 Prozent dafür, diese Fälle nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen.

Drei Parteien des deutschen Bundestages sind grundsätzlich für eine Legalisierung von Haschisch. Die FDP, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke sprechen sich in Debatten immer wieder für die Legalisierung aus. Bereits 2018 brachten alle drei Parteien verschiedene Entwürfe im Bundestag ein, um der Legalisierung näher zu kommen. Die Grünen gehen dabei am radikalsten vor: Sie hatten einen vollständigen Gesetzesentwurf für eine Legalisierung vorgelegt.

Nicht alle Parteien sehen die Legalisierung so positiv wie die Grünen. Die CDU will nach wie vor am Verbot von Marihuana festhalten. Auch die AfD ist grundsätzlich gegen eine Lockerung der Gesetze. Die SPD ist hier gespalten. Einige Flügel der Partei befürworten die Legalisierung, andere Mitglieder sehen die Pläne der Grünen kritisch. Schon deshalb gibt es nach wie vor keine einheitliche Linie in der Bundespolitik, wie mit dem Problem des illegalen Konsums umgegangen werden soll.

Bremen als Vorreiter

Der kleine Stadtstaat Bremen hat seit einigen Monaten eine neue Regierung. Die rot-rot-grüne Landesregierung möchte in absehbarer Zeit ein Modell auf den Weg bringen, um die legale Abgabe von Cannabis zu testen. Geplant ist, Cannabis an eine begrenzte Personenzahl legal abzugeben, damit diese die Droge legal konsumieren können. Bremen möchte mit diesem Modellversuch erforschen, wie der Schwarzmarkt einzudämmen ist, wie sich die Jugend vor der Droge schützen lässt und wie Süchtigen geholfen werden kann. Auch die Drogenprävention steht im Mittelpunkt der Studie. Bevor der Versuch starten kann, möchte das Land Bremen einen Antrag im Bundesrat stellen, um gesetzlich auf der sicheren Seite zu stehen. Auch der Apothekenverband Bremen soll in die Planung des Modells einbezogen werden.

Der Bremer Bürgermeister, Andreas Bovenschulte, setzt sich zudem dafür ein, dass andere Länder und Kommunen ähnliche Modellversuche starten. Er erhofft sich eine größere Datenmenge und somit weitere Erkenntnisse über eine mögliche Legalisierung von Cannabis. Zuletzt hat der Stadtstaat Berlin Interesse bekundet, ebenfalls den Modellversuch starten zu wollen.

Vorbild Niederlande

Das große innereuropäische Vorbild für die deutsche Cannabis-Politik waren und sind die Niederlande. Die deutschen Parteien gewinnen immer wieder neue Erkenntnisse, die sie für ihre eigenen Pläne und Parteiprogramme übernehmen wollen. Grundsätzlich sieht die Situation in den Niederlanden wie folgt aus: In sogenannten Coffeeshops, die es in vielen Städten gibt, können volljährige Personen legal Haschisch kaufen und konsumieren. Allerdings ist dies seit einigen Jahren nur noch Niederländern gestattet. Die Coffeeshop-Betreiber sind dazu angehalten, dies streng zu kontrollieren. Auch die Ausfuhr von Cannabis, beispielsweise nach Deutschland, ist illegal. Die Bundespolizei führt immer wieder Grenzkontrollen durch, bei denen sie Verdächtige intensiv kontrollieren.

Nun starten die Niederlande ab 2021 einen Modellversuch, der dem Bremer Plan nicht unähnlich ist: Sie wollen in zehn verschiedenen Städten vier Jahre lang legales Marihuana aus staatlichem Anbau verkaufen lassen. Insgesamt 79 Coffeeshops nehmen an diesem Versuch teil. So möchte die niederländische Regierung testen, ob sich legal und kontrolliert angebautes Marihuana ebenso gut verkauft und der illegale Verkauf durch diese Maßnahme einzudämmen ist. Folgende Städte nehmen am Versuch teil:

  • Arnhem
  • Almere
  • Groningen
  • Breda
  • Maastricht
  • Hellevoetsluis
  • Heerlen
  • Tilburg
  • Nijmegen
  • Zaanstad

Die touristischsten niederländischen Städte Amsterdam (Hauptstadt), Rotterdam (Hafenstadt) und Den Haag (Regierungssitz) nehmen am Experiment nicht teil. Das liegt vor allem daran, dass sie eine Auflage nicht erfüllen konnten: Alle Coffeeshops einer Stadt müssen zwingend teilnehmen. Weigert sich auch nur ein einzelner Coffeeshop, darf die Stadt nicht mehr am Modellversuch teilnehmen. In vier Jahren wird sich klären, ob es möglich ist, mit sogenanntem Staats-Cannabis den illegalen Verkauf von verunreinigtem Stoff einzudämmen und somit die Gefahren für Konsumenten zu minimieren. Vielleicht werden auch diese Erkenntnisse wieder auf Deutschland übertragbar sein.

Bilder:

Abb. 1: Pixabay.com © Wild0ne (Pixabay License)

Abb. 2: Pixabay.com © Kamyq (Pixabay License)

Abb. 3: Pixabay.com © 0805edwin (Pixabay License)

 

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